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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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hatten sie die
Landmaschinen aus der Scheune geräumt und die Wände mit Tarnnetzen behängt. Sie
hatten Lichterketten und Diskokugeln installiert und dann eine provisorische
Theke gezimmert. Am Nachmittag hatte das alles Spaß gemacht, aber da war auch
noch nicht die schleichende Kälte gewesen, die sich wie ein ungebetener Gast zu
ihnen gesellte.
    Die Bässe dröhnten dumpf in ihrem Körper. Ihr wurde schwindelig. Die
meisten Gäste waren auf der Tanzfläche, es wurde gedrängelt und geschubst.
Klara stand ein wenig abseits und sah zu ihnen hinüber. Tabletts voller
Biergläser balancierten über ihre Köpfe hinweg.
    Lina Wendland kämpfte sich durch die Menge, ein Nachbarmädchen, mit
dem sie befreundet war, solange sie denken konnte.
    »He Klara! Komm mit! Gib mir dein Bierglas!« Sie zog sie in den
Kreis ihrer Freundinnen, die an der Theke standen, schunkelten und mitsangen.
»Es gibt U-Boote!«
    »O nein«, sagte Klara schwach. »Alles, nur keine U-Boote. Ich kann das Zeug
nicht trinken.«
    »Keine Chance, meine Süße. Du entkommst uns nicht!«
    Lina drückte sie lachend, dann nahm sie ein Tablett, auf dem
Schnapsgläser mit Kirschlikör standen, und versenkte eines davon im Glas ihrer
Freundin. Klara beobachtete, wie der Likör hinabsank und in blutroten Wolken
über den Grund ihres Bieres quoll. Wenn sie das Spiel nicht verlieren und im
Anschluss zur Strafe einen Schnaps trinken wollte, dann würde sie dieses
sogenannte U-Boot in
einem Zug austrinken müssen. Ihr entfuhr ein Seufzer.
    Während Lina die anderen Liköre verteilte, wanderte ihr Blick durch
den Raum. An einem Biertisch neben der Tanzfläche entdeckte sie Jens. Er schien
sich nur noch mit Mühe auf den Beinen halten zu können, aber das war kein
Wunder, schließlich hatte er seit dem frühen Nachmittag Unmengen von Alkohol
getrunken. Sie konnte nur hoffen, dass er sich diesmal nicht danebenbenahm. In
der letzten Woche hatten er und seine Kumpels ein Auto aufs Dach gedreht, und
in der Woche davor hatte er sich zum Pinkeln hinter den Stall verzogen und wäre
beinahe in die Güllegrube gestürzt. Sah man von ein paar blauen Flecken ab, war
bislang alles gut gegangen. Trotzdem gingen ihr diese Alkoholexzesse furchtbar
auf die Nerven.
    Vermutlich spürte Jens, dass sie an ihn dachte, denn er hob
plötzlich den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Er warf einen Kuss durch den
Raum, dann prostete er ihr zu, und seine Augen leuchteten dabei auf eine Weise,
wie Klara es von keinem sonst kannte. Sie hob ebenfalls ihr Glas und zwang sich
zu einem Lächeln. Obwohl Jens betrunken war, merkte er sofort, dass ihr Lächeln
nicht echt war. Er runzelte die Stirn und sah sie fragend an. Sie tat, als
hätte sie nichts bemerkt, und wandte sich eilig ab.
    »Du hast Jens überhaupt nicht verdient«, war es ihrer Mutter einmal
herausgerutscht. Zwar hatte sie sich sofort entschuldigt und gesagt, dass es
nicht so gemeint gewesen sei. Aber das stimmte nicht, es war so gemeint, und
Klara wusste das genau.
    »He Klara! Bist du noch unter uns?« Lina stieß ihr in die Seite. »Du
willst doch nicht etwa kneifen?«
    »Natürlich nicht.« Sie hob ihr Glas und stieß mit den anderen an.
»Denkst du etwa, deine blöden U-Boote
hauen mich um? Da kennst du mich aber schlecht.«
    Sie leerte das Glas in einem Zug und spürte Übelkeit in sich
aufsteigen. Mit einem Husten stellte sie es ab, und Lina schlug ihr anerkennend
auf die Schulter. »Na also!«, sagte sie und lachte.
    Hinter ihnen tauchte ein bulliger Typ auf und grinste in die Runde.
Es war Marc, Linas Freund. Er stellte sich ungefragt dazu und fasste seiner
Freundin an den Hintern.
    »He!« Lina schob seine Hand weg. »Bist du besoffen?«
    Das war er ganz offensichtlich. Er legte besitzergreifend den Arm um
ihre Schulter. »Jetzt hab dich doch nicht so! Willst du etwa auf prüde machen,
nur weil deine Freundinnen dabei sind?«
    Er schnappte nach ihrer Brust und drückte hart zu. Es sollte wohl
ein Witz sein, aber natürlich lachte niemand. Lina stieß ihn mit beiden Händen
von sich.
    »Sag mal, spinnst du? Was soll das denn?«
    »Mach doch nicht so einen Aufstand!«
    »Dann führ du dich nicht wie ein Arschloch auf!«
    Die beiden funkelten sich an, und Klara fürchtete, dass ihnen die
Situation entgleiten könnte. Beide hatten zu viel getrunken. Da wurden schnell
Dinge gesagt, die ihnen später leid taten. Sie machte einen Schritt auf Marc
zu. Zwar mochte sie ihn nicht sonderlich, dennoch glaubte sie, dass er
vernünftigen

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