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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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wie wenig Zeit wir in den letzten Jahren miteinander verbracht haben. Mir ist überhaupt nie in den Sinn gekommen, dass du Probleme haben oder Hilfe brauchen könntest.«
    »Es gibt noch etwas, was ich dir sagen muss«, gestand Teubert nach einer Weile des Schweigens. »Es gibt noch eine sehr viel größere Lüge, die ich nicht länger mit mir herumschleppen will.« Er wirkte in diesem Moment so ernst, dass Carla zusammenzuckte.
    »Was …?« Er verschloss sogleich ihre Lippen mit seinem Zeigefinger.
    »Das, was ich dir jetzt sage, Carla, muss unter uns bleiben«, beschwor er sie. »Niemand außer dir und mir darf davon erfahren.«
    Sie nickte schwach.
    »Carla, ich habe nicht nur dich angelogen, sondern auch die Polizei«, sagte er so leise, als fürchte er, jemand könne sie belauschen. »Ich habe der Polizei nicht die Wahrheit gesagt, als ich behauptet habe, mich nicht an die Geschehnisse jener Nacht erinnern zu können.« Teubert sah seiner Frau nicht in die Augen, sondern starrte ins Feuer. »Carla, ich weiß, dass du mich nicht umbringen wolltest, und glaubst, den Beamten die Wahrheit über jene Nacht mitgeteilt zu haben …«
    »Wovon in aller Welt sprichst du?«
    Teubert wandte sich seiner Frau wieder zu. »Carla, ich habe lange überlegt, ob ich es dir überhaupt sagen kann.«
    »Um Himmels willen, was immer es ist, bitte sag es mir!«
    »Wir haben in jener Nacht miteinander gesprochen, bevor du auf mich geschossen hast«, brachte Teubert mühsam heraus.
    Carlas Herz begann, wild zu pochen. »Das ist nicht wahr!«
    »Doch, Carla, leider ist es wahr. Ich bin, kurz nachdem ich nach Hause gekommen war, zu dir nach oben gegangen. Ich hatte gehört, dass der Fernseher lief, und gedacht, du seist noch wach.«
    Carla hatte plötzlich so große Angst vor dem, was er sagen würde, dass ihr übel wurde.
    Ihr Mann sprach weiter: »Du hast dich kurz aufgesetzt, und ich habe Hallo gesagt und dass ich noch einmal nach unten gehe, um etwas zu trinken. Du warst ganz verschlafen und hast genickt, und dann hast du dich wieder umgedreht.«
    Carla blickte ihn wie versteinert an, während er fortfuhr: »Als ich später zu Bett gehen wollte und nach einer Tablette gesucht habe, habe ich mich gewundert, warum du so tust, als ob du schlafen würdest. Ich habe gemerkt, dass du gezittert hast.«
    Carla schlug ihre Hände vor das Gesicht. »Mein Gott«, stammelte sie. Jetzt war ihr klar, weshalb er so lange neben ihrem Bett gestanden und sie angestarrt hatte.
    »Und dann wollte ich nach der Fernbedienung greifen, die auf dem Bett lag  …« Er atmete vernehmlich aus und strich ihr über die Wange.
    Carla biss sich auf die Lippe. »Ich erinnere mich nicht daran, dass du mich begrüßt hast.«.
    »Ich weiß, dass du dich nicht daran erinnerst. Du hattest Alkohol getrunken und Tabletten genommen, und das in Kombination mit deiner …«, er rang nach Worten, »Situation«, brachte er heraus.
    »Glaubst du, ich werde verrückt?«, fragte Carla und begann zu weinen. Sie hatte immer versucht, den Gedanken zu verdrängen, dass wegen ihrer familiären Vorbelastung die statistische Wahrscheinlichkeit für sie, psychotisch zu werden, bei fast fünfzig Prozent lag.
    Teubert fasste sie, obwohl es ihm ersichtlich Schmerzen bereitete, bei den Schultern. »Nein, Carla, du bist nicht verrückt, und du wirst es auch nicht«, erklärte er bestimmt.
    »… aber die genetische Veranlagung …«, sagte Carla.
    »Carla, du weißt, dass auch Umwelteinflüsse eine große Rolle spielen, und deine Schwester war aufgrund ihres Kindheitstraumas sehr viel anfälliger für solch eine Erkrankung als du.«
    Konrad hatte in den letzten Jahren immer wieder versucht, sie mit diesem Argument zu beruhigen. Dennoch war ihr klar, dass er als Arzt wahrscheinlich besser als sie wusste, dass die Psychose ihrer Schwester nicht zwingend mit dem Kindheitstrauma zu tun hatte.
    Konrad legte seine Hand unter Carlas Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Denk bitte immer daran: Du bist nicht Hanna. Du bist Carla Frombach. Ihr seid nicht ein und dieselbe Person.«
    Carla begann hemmungslos zu schluchzen. Sie sprach nicht aus, woran sie dachte.
    »Hanna?« Carla lief ins Bad und zog den Duschvorhang zurück. Hier war sie nicht, und Carla atmete erleichtert auf. Jedes Mal, wenn Hanna hier pitschnass und fast erfroren in der hintersten Ecke der Dusche hockte, erschütterte es Carla aufs Neue. Sie unterließ es einfach, sich abzutrocknen, nachdem sie den Hahn abgedreht hatte. Carla

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