Schneller als der Tod
gemacht (Skinflick war nach einem Jahr abgegangen), hatte Skinflick geholfen, sein von David Locano finanziertes »Plattenlabel« in den Sand zu setzen (es nannte sich Rap Sheet Records, Steckbrief-Scheiben - und auch telefonieren, und wenn man das oft genug macht, »patzen« die Vermittler irgendwann und geben die Direktkontaktdaten an die Familie weiter. Ich habe die Möglichkeit nicht genutzt.
mit Glück findet man immer was), und hatte mit Skinflick zusammen als Anwaltsgehilfe in David Locanos Vier-Partner-Kanzlei gejobbt, bis wir durch das Votum der drei anderen Partner gefeuert wurden, anscheinend, weil wir zu viel Geld für die Bewirtung von Klienten ausgaben, ohne irgendetwas anderes zu tun. Nun gut.
Damals behauptete David Locano uns gegenüber immer noch, er wolle nicht, dass Skinflick in die Mafia eintrete. Wahrscheinlich stimmte das sogar insofern, als jeder Vater sich ehrlich wünschen kann, dass sein Kind es weiter bringt oder anders wird als er. Aber zur Abschreckung vor dem Gaunerleben und als Strafe dafür, dass wir aus der Kanzlei geflogen waren, schickte er uns zu einem Müllabfuhrunternehmen in Brooklyn. Und es ist schwer, darin etwas anderes als einen Riesenpatzer zu erblicken.
Schon weil es kaum eine Strafe war. Die Arbeit dort war öde und langweilig, aber leicht. Wir hatten viel Freizeit. Und wir konnten unmöglich gefeuert werden, weil wir sowieso nur dafür bezahlt wurden, dass wir mit David Locano zu tun hatten.
Außerdem waren einige der Gauner, besonders wenn sie den alten Zeiten nachtrauerten, interessant. Ausgewachsene Männer mit Namen wie Sally Knockers oder Joey Camaro*,
(Vermutlich nach dem über jeden Tadel erhabenen Auto aus dem Song »Bitchin' Camaro« - weil er dauernd meckerte.)
die vor den geföhnten Drecksäuen kuschten, die
zwai, traima die Woch
vorbeikamen und die halbe Knete kassierten. Einige der Drecksäue waren auch interessant.
Kurt Limme fällt mir ein. Limme war etwa zehn Jahre älter als wir. Er sah unbestreitbar gut aus und war wirklich gut angezogen, kein Gangsterlook. Er kam einem vor wie ein reicher Onkel aus Manhattan, der ein Vermögen an der Börse macht und eine Menge Frauen vögelt. In Wirklichkeit hatte er ein Verfahren wegen vielfacher Erpressung im Zusammenhang mit der Errichtung von Funktelefonstationen am Hals, aber selbst das schien relativ fortschrittlich gedacht zu sein.
Skinflick fixierte sich auf ihn als einen Kerl, der genauso cool, zynisch und entspannt, wenn auch nicht ganz so clever zu sein schien wie er selbst. Und der es
geschafft
hatte. Limme wiederum als Ausreißer aus einer traditionell niedrigstehenden Mobfamilie wusste es zu schätzen, dass ihn der Sohn David Locanos anbetete.
Limme fing an, Skinflick auf seine endlosen New-York-Ausflüge mitzunehmen, die mir größtenteils nach Einkaufstrips aussahen. Sicher hätte ich Skinflick davon abhalten sollen, sich so viel mit ihm abzugeben, schon weil Skinflick eine Menge Kokain nahm, wenn er mit Limme zusammen war, aber inzwischen erledigte ich regelmäßig Aufträge für David Locano und war froh, dass sich in meiner Abwesenheit jemand mit Skinflick befasste.
Zu den Aufträgen selbst werde ich nicht allzu viel sagen. Ich kann nicht.
Wenn
ich aber, sagen wir, ein Dutzend Leute oder so getötet hätte - Leute, über die ich jetzt nicht reden dürfte, weil der Staatsanwalt nichts von ihnen wusste und sie folglich nicht Bestandteil meiner Straffreiheitsvereinbarung waren -, dann wäre das in dieser Zeit passiert. Womit ich nicht sage, dass ich es getan habe. Ich sage,
wenn.
Außerdem hätte ich,
wenn,
ja
wenn
ich diese Leute umgebracht hätte, mich vergewissert, dass jeder Einzelne davon ein wirklich übles Schwein war. Einer, vor dem man seine Familie am liebsten in einem Banktresor in Sicherheit bringen würde, wenn man wüsste, dass er frei rumläuft. Sonst hätte David Locano mich gar nicht darauf angesetzt.
Und - als Letztes - ich hätte jeden einzelnen dieser Jobs richtig gemacht. Keine Patronenhülsen, keine Auffälligkeiten, lückenloses Alibi. Meistens gar keine Leiche. Versuchen Sie's also gar nicht erst.
Aber egal.
Skinflick und ich arbeiteten noch bei der Müllabfuhr, zumindest auf dem Papier, als er erfuhr, dass Denises Hochzeit bevorstand.
Elisabeth Kübler-Ross sagte einmal, dass unsere Einstellung zum Tod fünf verschiedene Phasen durchläuft - Leugnen, Wut, Verhandeln, Depression und Zustimmung.*
(»Sagte einmal«, schreibe ich, weil wir an diese Abfolge denken,
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