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Schneller als der Tod

Schneller als der Tod

Titel: Schneller als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Bazell
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Medizinstudenten hinter mir.
    »Mosby hat diabetische Gangräne an beiden Füßen«, sage ich. »Der Mann kann nicht mal humpeln.«
    Abhauen kann er aber offenbar.
     

Kapitel 10
    Ich habe schon erwähnt, glaube ich, dass Skinflick in Denise, seine Kusine ersten Grades, verliebt war. Er war es schon immer.
    Sie war zwei Jahre jünger als er. Skinflick redete unentwegt von ihr, oft in Zusammenhang mit dem
Goldenen-Zweig-
Scheiß. Wie ungerecht es sei, dass er und Denise wegen eines dummen amerikanischen Vorurteils, das jeder wissenschaftlichen und sogar historischen Grundlage entbehre, nicht zusammen sein könnten, wogegen die Sizilianer eine Redewendung hätten, »Cousins den Cousinen«, die nicht nur historisch gesehen viel treffender, sondern auch ein vorzüglicher Ratschlag sei.*
(Aus medizinischer Sicht ist das weniger klar. Bei einem zwischen Cousin und Cousine gezeugten Kind erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Geburtsfehlers um 2 Prozent. (Zum Vergleich: Empfängt eine Frau mit 40 ein Kind, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind mit dem Down-Syndrom geboren wird, 10 Prozent.) Andererseits hat der Nachwuchs von Cousin und Cousine vielleicht bessere Aussichten auf stabile Familienverhältnisse. So oder so ist das menschliche Erbgut viel stärker »konserviert«, d. h. von Inzucht geprägt, als das jedes anderen bekannten Säugetiers, wir haben also schon wesentlich öfter als etwa die Ratte unsere Verwandten besprungen.)
»Jeden anderen Mist, den die Hinterwäldler vormachen, lieben die Amerikaner«, nörgelte er immer.
    Als Skinflick und ich mit der Highschool fertig waren, fuhren wir quer durchs Land nach Palos Verdes im Süden von Los Angeles, um sie zu besuchen.
    Roger, der Vater von Denise, war der Bruder von Skinflicks Mutter. Er misstraute uns gleich bei der Ankunft, und dass Skinflick und Denise jede Gelegenheit nutzten, sich davonzuschleichen und oben, unten oder draußen zu vögeln, machte die Sache nicht besser.
    Shirl, die Mutter von Denise, war zumindest in dem Punkt weniger problematisch. Im Hinblick darauf aber, dass sie sich in mich vergaffte und die ständige Bumserei ihrer Tochter mit ihrem Neffen sie anmachte, war sie viel problematischer. Nicht, dass ich direkt ein Heiliger gewesen wäre.
    Zum Glück wurden Skinflick und Denise von Roger im Gästehaus erwischt, nicht ich und Shirl. Roger verwies Skinflick des Hauses. Denise schluchzte. Auf eine liederliche Art war es romantisch.
    Skinflick und ich verkrümelten uns bis nach Florida, als hätten wir von Anfang an einen Strandurlaub im Sinn gehabt. Ein paar ganz angenehme Abende hintereinander gingen wir mit meinem Vater essen. Silvio verkaufte damals Boote und Immobilien und befand sich in einer Phase seines Lebens, in der er ständig lächelte, die Hände breitete und sagte: »Wer weiß so etwas schon? Sag mir das mal.« Vielleicht steckt er immer noch in dieser Phase. Zuletzt gesprochen habe ich mit ihm, als er mich während meines Prozesses im Knast besuchte.*
(An dieser Stelle sollte ich zugeben, dass es nicht an den WITSEC-Bestimmungen liegt, wenn ich mit meinen Eltern nicht in Verbindung stehe. Man darf über die Zentrale in Virginia Nachrichten mit der Familie austauschen)
    Skinflick meckerte und maulte den ganzen Sommer hindurch wegen Denise - reizenderweise auch, wenn wir mit anderen Frauen rumzogen.
    Und sportlich machte er null Fortschritte. Sein Vater drängte mich, ihm das Kämpfen beizubringen, aber Skinflick war schrecklich unbegabt im Kampfsport. Er versuchte sein Gesicht und seinen Bauch zu schützen, indem er sich wegdrehte und damit Rückgrat, Nieren und Hinterkopf preisgab. Seine Reflexe waren gut, aber ohne die entsprechende Willenskraft machten sie ihn einfach schreckhaft.
    Skinflick und ich hatten in Sachen Schule mittlerweile umdisponiert und uns am Northern New Jersey Community College eingeschrieben. Wir teilten uns eine Eigentumswohnung in Bergen County. Und lachten beide weiterhin über seine Ungeschicklichkeit, da ich zu dem Zeitpunkt aus anderen Gründen noch genug Respekt vor ihm hatte.

    Denise sah ich noch drei Mal. Zuerst in der Lobby eines Hotels in Midtown Manhattan, bevor sie und Skinflick zum Ficken nach oben gingen. Ich weiß nicht mehr, in welchem Jahr das war. Das zweite und dritte Mal war im August 1999, am Abend vor und dann am Abend ihrer Hochzeit.
    Das war viereinhalb Jahre nach meinem Polenbesuch. Inzwischen hatte ich meinen Zweijahresabschluss am Northern New Jersey Community College

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