Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)
muss nur wissen, was ich fühle.« (George W. Bush, November 2002). Sie zeigen dann, dass Vertrauen auf Intuition nur zum Teil ein Persönlichkeitszug ist. Es genügt schon, Menschen daran zu erinnern, dass sie einmal Macht besessen haben, um ihr scheinbares Vertrauen in ihre Intuition zu steigern.
Zum Thema »Verfügbarkeit«
»Weil letzten Monat zufälligerweise zwei Flugzeuge abgestürzt sind, nimmt sie jetzt lieber den Zug. Das ist dumm. An dem Risiko hat sich nichts geändert; sie macht einen Verfügbarkeitsfehler.«
»Er unterschätzt die Risiken durch Luftschadstoffe in Innenräumen, weil die Medien kaum darüber berichten. Das ist ein Verfügbarkeitseffekt. Er sollte sich die Statistiken ansehen.«
»Sie hat in letzter Zeit zu viele Spionagefilme gesehen, denn jetzt sieht sie überall Verschwörungen.«
»Die Vorstandschefin hatte mehrere Erfolge hintereinander, sodass ihr Misserfolge nicht so ohne Weiteres einfallen. Der Verfügbarkeitsfehler macht sie übertrieben optimistisch.«
13. Verfügbarkeit, Emotion und Risiko
Risikoforscher haben schnell erkannt, dass das Konzept der Verfügbarkeit auch für sie von Interesse ist. Bereits vor der Publikation unserer Arbeit bemerkte der Ökonom Howard Kunreuther, der damals am Anfang einer wissenschaftlichen Laufbahn stand, die er der Erforschung von Risiken und Versicherungen widmete, dass Verfügbarkeitseffekte helfen, das Muster von Versicherungsabschlüssen und Schutzmaßnahmen nach Katastrophen zu erklären. Nach einer Katastrophe sind Schadensopfer und Beinahe-Opfer sehr besorgt. Nach jedem größeren Erdbeben schließen die Kalifornier eine Zeit lang fleißig Versicherungen ab und ergreifen Maßnahmen zum Schutz ihrer Gebäude und zur Schadensminderung. Sie zurren ihre Heizkessel fest, um die Schäden durch ein Erdbeben zu verringern, dichten ihre Kellertüren gegen Überschwemmungen ab und legen in ausreichendem Maße Notvorräte an. Doch die Erinnerungen an die Katastrophe verblassen mit der Zeit, und mit der Sorge nimmt auch die Vorsorge ab. Die Dynamik des Gedächtnisses hilft, die wiederkehrenden Zyklen von Katastrophe, Risikoschutz und zunehmender Sorglosigkeit zu erklären, die all jenen vertraut sind, die große Katastrophen erforschen.
Kunreuther stellte auch fest, dass Schutzmaßnahmen von Privatpersonen oder von Staaten in der Regel auf den schwersten Katastrophenfall, der sich bislang ereignet hat, zugeschnitten sind. Schon die alten Ägypter haben die Hochwassermarken von Flüssen, die in regelmäßigen Abständen über die Ufer traten, aufmerksam registriert – und sich immer entsprechend gewappnet, ganz offensichtlich in der Annahme, dass die Fluten nicht über die aktuelle Hochwassermarke hinaus steigen werden. Bilder einer schlimmeren Katastrophe kommen uns nicht ohne Weiteres in den Sinn.
Verfügbarkeit und Affekt
Die einflussreichsten Studien über Verfügbarkeitsfehler wurden von unseren Freunden in Eugene durchgeführt, wo sich unser ehemaliger Student Baruch Fischhoff Paul Slovic und dessen langjähriger Mitarbeiterin Sarah Lichtenstein anschloss. Sie führten bahnbrechende Forschungen über öffentliche Wahrnehmungen von Risiken durch, unter anderem auch eine Umfrage, die zum Standardbeispiel für einen Verfügbarkeitsfehler geworden ist. Den Teilnehmern der Studie wurden jeweils Paare von Todesursachen gezeigt: Diabetes und Asthma oder Schlaganfall und Unfälle. Bei jedem Paar sollten die Probanden die häufigere Ursache angeben und das Verhältnis der beiden Häufigkeiten abschätzen. Die Urteile wurden mit aktuellen Gesundheitsstatistiken verglichen.
Hier sind einige ihrer Ergebnisse:
– Schlaganfälle verursachen fast doppelt so viele Todesfälle wie alle Unfälle zusammengenommen, aber 80 Prozent der Probanden stuften einen Unfalltod als wahrscheinlicher ein.
– Tornados sollten mehr Menschen das Leben kosten als Asthma, obwohl Asthma zwanzigmal mehr Todesopfer fordert.
– Tod durch Blitzschlag wurde als weniger wahrscheinlich eingestuft als Tod durch Lebensmittelvergiftung, obwohl er 52-mal häufiger ist.
– Krankheiten fordern etwa 18-mal mehr Todesopfer als Unfälle, aber beide Todesursachen wurden als etwa gleich wahrscheinlich beurteilt.
– Unfälle sollten über 300-mal mehr Todesopfer fordern als Diabetes, während das Verhältnis in Wirklichkeit 1:4 beträgt.
Die Lektion ist klar: Einschätzungen von Todesursachen werden durch die Medienberichterstattung verzerrt. Die Berichterstattung
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