Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)
Ansicht, dass die eklatanten Verstöße gegen die Logik der Wahrscheinlichkeit, die wir bei transparenten Problemen beobachtet hatten, interessant waren und es verdienten, unseren Kollegen mitgeteilt zu werden. Wir glaubten auch, dass die Ergebnisse unser Argument über die Wirkmächtigkeit von Urteilsheuristiken untermauerten und dass sie auch Zweifler überzeugen würden. Aber darin sollten wir uns gründlich irren. Stattdessen wurde das Linda-Problem zu einer Fallstudie über die Normen wissenschaftlicher Kontroversen.
Das Linda-Problem erregte viel Aufmerksamkeit, aber es wurde auch zu einem Magneten für Kritiker unserer Herangehensweise an die Psychologie von Urteilsprozessen. Forscher fanden Kombinationen von Instruktionen und Hinweisen, die die Häufigkeit des Fehlschlusses verringerten – was wir selbst bereits getan hatten; einige behaupteten, im Kontext des Linda-Problems sei es aus Sicht der Probanden nur vernünftig, das Wort »Wahrscheinlichkeit« im Sinne von »Plausibilität« zu interpretieren. Diese Argumente wurden manchmal erweitert zu der Behauptung, unser ganzes Unterfangen sei verfehlt: Wenn
eine so markante (saliente) kognitive Illusion abgeschwächt oder wegerklärt werden könne, dann gelte dies erst recht für andere. 3 Diese Argumentation vernachlässigt das einzigartige Kennzeichen des Konjunktionsfehlschlusses als Konflikt zwischen Intuition und Logik. Die empirischen Belege, die wir bei Between-Subjects-Experimenten (einschließlich Studien über Linda) für Heuristiken zusammengetragen hatten, wurden nicht infrage gestellt – sie wurden gar nicht angesprochen, und ihre Relevanz wurde durch die ausschließliche Konzentration auf den Konjunktionsfehler verringert. Das Linda-Problem führte letztlich dazu, dass unsere Arbeit in der Öffentlichkeit verstärkt wahrgenommen wurde, während die Glaubwürdigkeit unseres Ansatzes bei unseren Fachkollegen ein wenig litt. Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet.
Wenn Sie eine Gerichtsverhandlung besuchen, wird Ihnen auffallen, dass Rechtsanwälte zwei Arten von Kritik vorbringen: Um eine Klage zum Scheitern zu bringen, ziehen sie die stärksten Argumente, auf denen diese beruht, in Zweifel; um einen Zeugen zu diskreditieren, konzentrieren sie sich auf den schwächsten Teil seiner Aussage. Auch in politischen Debatten konzentrieren sich die Kontrahenten normalerweise auf die Schwächen. In wissenschaftlichen Kontroversen halte ich das nicht für angemessen, aber ich habe mich mit der Tatsache abgefunden, dass die Normen der Debatte in den Sozialwissenschaften eine »politische« Streitführung nicht verbieten, insbesondere bei weitreichenden Fragen – und die Häufigkeit von Urteilsfehlern ist eine weitreichende Frage.
Vor einigen Jahren hatte ich ein freundschaftliches Gespräch mit Ralph Hertwig, einem beharrlichen Kritiker des Linda-Problems, mit dem ich in dem vergeblichen Bemühen, unsere Differenzen beizulegen, zusammengearbeitet hatte. 4 Ich fragte ihn, wieso er und andere sich ausschließlich auf den Konjunktionsfehlschluss konzentrierten statt auf andere Befunde, die unsere Position stärker unterstützten. Er antwortete lächelnd: »Es war interessanter.« Und er fügte hinzu, das Linda-Problem habe so viel Beachtung gefunden, dass wir keinen Grund zur Klage hätten.
Zum Thema »Weniger ist mehr«
»Sie dachten sich ein sehr kompliziertes Szenario aus und bestanden darauf, es als hochwahrscheinlich zu beurteilen. Das ist es nicht – es ist nur eine plausible Geschichte.«
»Sie fügten dem teuren Produkt ein billiges Geschenk bei und machten das ganze Geschäft dadurch weniger attraktiv. In diesem Fall ist weniger mehr.«
»In den meisten Situationen macht ein direkter Vergleich Menschen bedächtiger und logischer. Aber nicht immer. Manchmal sticht die Intuition die Logik auch dann aus, wenn einem die richtige Antwort in die Augen springt.«
16. Ursachen vs. Statistik
Betrachten Sie das folgende Szenario und achten Sie auf Ihre intuitive Antwort auf die Frage.
Ein Taxi war an einem nächtlichen Unfall mit Fahrerflucht beteiligt.
Zwei Taxi-Unternehmen, Green und Blue, arbeiten in der Stadt.
Sie erhalten die folgenden Daten:
– 85 Prozent der Taxis in der Stadt gehören der Firma Green, 15 Prozent der Firma Blue.
– Ein Zeuge hat das Taxi als eines der Firma Blue identifiziert. Das Gericht überprüfte die Zuverlässigkeit des Zeugen unter den Umständen, die in der Nacht des Unfalls herrschten, und
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