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Schönbuchrauschen

Schönbuchrauschen

Titel: Schönbuchrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Weichold
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Fenster.
    »Ist was?«
    »An der Neuen Brücke wurde ein Toter gefunden. Das ist Kommissar Schnaidt aus Tübingen. Der hätte ein paar Fragen an dich.«
    Kehgreiß stieg aus und reichte Schnaidt die Hand.
    »Wenn ich helfen kann, gern.«
    »Herr Schroeder sagte mir, dass Sie jeden Tag an der Neuen Brücke vorbeifahren. Ist Ihnen da gestern etwas aufgefallen?«
    Über Kehgreiß’ Gesicht breitete sich ein Grinsen aus.
    »Das kann man wohl sagen. Da sind zwei an dem überdachten Sitzplatz gesessen, die waren aber quietschfidel, die hatten was miteinander. Die Frau war ganz wild.«
    »Können Sie genau beschreiben, was Sie gesehen haben?«
    »Ja, was soll ich sagen? Die Frau ist halt auf dem geritten. Er ist auf der Bank gesessen und hat sich zurückgelehnt, und sie war oben.«
    »Können Sie genau beschreiben, was Sie gesehen haben? Von Ihrem Auto aus sehen Sie doch bloß die Köpfe, höchstens noch die Schultern.«
    »Klar, halt das, was über der Lehne herausguckt. Also, die hat seinen Kopf in beiden Händen gehabt und hat ihn abgeknutscht, und was sie unten getan hat, das hat man ihrem Kopf angesehen, so wie der rauf- und runtergegangen ist. Die zwei waren quietschfidel, das sag ich Ihnen. Ich habe gehupt«, sagte er lachend, »aber das hat denen nichts ausgemacht.«
    Schnaidt notierte kommentarlos die Aussage des Waldarbeiters.
    »Können Sie die Frau beschreiben?«
    Kehgreiß zuckte mit den Achseln.
    »Ich habe ja nichts gesehen außer ihren langen Haaren.«
    »Haarfarbe?«
    »Hellbraun – oder dunkelblond.«
    »Und der Mann? Erinnern Sie sich an seine Haarfarbe?«
    »So arg viel von dem hat man nicht sehen können. Aber seine Haare waren dunkler als ihre, das schon.«
    »Um welche Zeit haben Sie das Pärchen gesehen?«
    Kehgreiß dachte kurz nach.
    »Auf meinem Heimweg halt, das muss so zwischen fünf und halb sechs gewesen sein«, sagte er etwas zögernd.
    »Und heute früh? Haben Sie da was gesehen?«
    »Nein. Der Nebel war so dick. Da habe ich auf den Weg aufgepasst und gar nicht zum Sitzplatz hinübergeschaut.«
    »Danke. Das war’s schon.«
    Der Revierförster fuhr den Kommissar zur Neuen Brücke zurück. Schnaidt überflog seine Notizen.
    »Das kann nicht sein«, sagte er dann. »Hören Sie, wenn ich davon ausgehe, dass Sie und Kehgreiß dieselbe Frau gesehen haben, dann stimmt hier etwas nicht«, sagte er nach einer Weile.
    »Nämlich?«
    »Die Zeit. Kehgreiß gibt an, die Frau nach fünf Uhr gesehen zu haben. Das ist sehr unwahrscheinlich, wenn sie Ihnen eine starke halbe Stunde vorher mehr als einen Kilometer von der Neuen Brücke entfernt begegnet ist und zum Parkplatz hin unterwegs war. Das müssten dann schon zwei Frauen gewesen sein, und das glaube ich nicht.«
    Schroeder bremste ab und griff ins Handschuhfach.
    »Das haben wir gleich. Schauen wir mal im Einsatzplan nach.«
    Er blätterte in seinem Heft, zog die Brauen hoch und schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, der gute Kehgreiß hat uns angeschwindelt. Sehen Sie: Gestern war er als Einziger in dem Waldstück eingesetzt, wo wir gerade waren. Alle anderen arbeiteten mehr Hildrizhausen zu. Und da hat er sich wieder einmal einen früheren Feierabend gegönnt.«
    »Macht er das öfters?«
    »Wenn er meint, dass er alles geschafft hat, und keiner dabei ist, schon. Aber ich drücke dann ein Auge zu, weil er oft auch länger arbeitet, wenn Not am Mann ist. Manchmal will man ja noch was fertig machen, damit man am nächsten Tag nicht wegen einer Kleinigkeit wieder hinmuss, und das macht er dann, ohne mit der Wimper zu zucken.«
    »Dann hätte er ja nicht zu schwindeln brauchen.«
    »Das sagen Sie. Wissen Sie, Heiner Kehgreiß ist einer von denen, die heute noch eine Hacke über die Schulter nehmen, wenn sie sonntags spazieren gehen. So einer gibt nicht zu, dass er früher Feierabend gemacht hat. Aber sonst ist der schon in Ordnung.«
    Als sie wieder an der Neuen Brücke waren, war es schon halb fünf vorbei. Schnaidt stieg aus dem Jeep, blieb am Straßenrand stehen und schaute zum überdachten Sitzplatz hinüber. Der Tote war inzwischen weggebracht worden. Die Kollegen waren noch vor Ort.
    »Merz«, rief Schnaidt, »kannst du dich bitte einmal dort hinsetzen, wo der Tote gesessen ist?«
    »Warum?«
    »Sag ich dir nachher. Jetzt mach’s halt.«
    Schroeder stand neben Schnaidt und sah ihn fragend an. Als Merz sich in die gewünschte Position gebracht hatte, fragte Schnaidt: »Können Sie von hier aus erkennen, was der Kollege Merz für eine Haarfarbe

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