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Schöne Bescherung

Schöne Bescherung

Titel: Schöne Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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trotz des metallischen Lautsprecherklangs auffällig weich und balsamiert daherkamen, sondern auch noch den dazu passenden freundlich lächelnden Gesichtsausdruck genießen konnten – einerseits. Andererseits wurde es Plotek bei den Worten und vor allem bei den Schnabel-Blicken angst und bange. Einem Busfahrer, der seine Augen ständig im Rückspiegel spazieren führt, fehlen sie dann womöglich irgendwann auf der Straße.
    »Ich möchte Sie noch bitten, die beiden Toiletten nicht zu benutzen, da sie aufgrund einer vorübergehenden Störung leider kurzzeitig außer Betrieb sind.«
    Wieder Grinsen. Lautes Schnaufen und leises Gemurmel von den Bussitzen. Noch bevor das Gemurmel lauter werden konnte, ging Schnabel mit einem noch vertraulicheren, aber umso entschlosseneren Tonfall dazwischen – quasi Unruhe im Keim ersticken: »Sollten Sie den Drang nach einem großen oder kleinen Geschäft verspüren, halten wir selbstverständlich jederzeit bei der nächsten Raststätte an.«
    Aufatmen im Bus. Und noch breiteres Grinsen von Schnabel. Plotek dachte, wenn der nicht besser auf den Straßenverkehr achtet, dann erreichen wir überhaupt keine Raststätte mehr. Dann endet die Reise, noch bevor sie richtig angefangen hat, im Straßengraben. Und wie zur Bestätigung: Hupen eines entgegenkommenden PKWs.
    »Wichser«, zischte es jetzt wie ein Peitschenhieb aus den kleinen Boxen im Bus. Nichts mehr von weich, vertraulich und wattiert. Eher Gegenteil: böse, aggressiv und schrill. Das war jetzt auch ein ganz anderes Schnabel-Gesicht im Rückspiegel. Zum Fürchten. Da sieht man mal wieder, dachte Plotek, manches ist doch anders, als es auf den ersten Blick scheint. Und, der Schnabel kann nicht nur zwitschern wie ein geiles Rotkehlchen in der Paarungszeit, sondern auch picken, dass der Rückspiegel zu zerspringen droht. Als ob Schnabel die Gedanken von Plotek gelesen hätte, kehrte jetzt ein breites Grinsen in den Rückspiegel zurück. Guter Schauspieler oder wunder Punkt. Oder beides, dachte Plotek und dann an Agnes, sich selbst, das Allgäu, an Weihnachten und die diversen Leichen im Keller. Als er schon wieder gedanklich im depressiven Strudel der letzten Tage unterzugehen drohte, stopfte Schnabel einen sprachlichen Pfropfen in Ploteks Auflösungsprozess, der Agnes, Weihnachten und die Leichen mitsamt dem Keller in null Komma nichts verschwinden ließ.
    »Für alle weiteren Fragen und Informationen wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Reisebegleiter Paul Plotek, der Ihnen nicht nur hier im Bus, sondern vor allem auch während Ihres Aufenthaltes in Karlsbad gerne mit Rat und Tat zu Verfügung steht. Danke.«
    Klatschen von den Busreisenden. Schnabel lächelte ein letztes Mal in den Spiegel, dann direkt zu Plotek und streckte ihm das Mikrofon hin.
    Zuerst war Plotek nicht ganz klar, was das jetzt zu bedeuten hatte. Als Schnabel aber seinen Blick auf Plotek geheftet hielt und keine Anstalten machte, wieder auf die Straße zu gucken, blieb Plotek nicht viel übrig. Entweder ich nehme jetzt sofort das Mikro und der Schnabel achtet wieder auf den Verkehr oder ich nehme das Mikro nicht und wir landen alle mitsamt dem Mikro im Graben. Das Mikro nickte in der Hand von Schnabel, als wollte es sagen: Du hast die Wahl! Aber vergiss es. Eine Wahl war das nicht. Wenn schon, dann eine Qual. Eine Qual der Wahl. Oder noch präziser eine Wahl der Qual. Ganz präzise: Scheiße! Schon hielt Plotek das Mikro in der Hand, dann vor dem Mund, und wusste nicht, was er sagen sollte. Nur Schnaufen kam jetzt aus den kleinen Lautsprecherboxen. Wie ein lungenkranker Deutscher Schäferhund hörte sich das an, dem außer Schnaufen nichts einfiel. Wie auch? Plotek wusste nicht nur nicht, was er sagen sollte, er wusste nicht einmal, warum er eigentlich hier im Bus saß. Was er wusste, war, dass er nicht in München bleiben konnte – wegen Weihnachten, Allgäu und Agnes. Aber warum gerade Karlsbad, Bus und Mikro – keine Ahnung. Hat er eben nichts gesagt, außer: »Ja.«
    Und Überraschung: Wieder klatschte der ganze Bus. Manchmal ist weniger mehr und gar nichts gar nichts. Dann ist wieder gar nichts mehr als gar nichts und unter Umständen sogar alles. Dann wieder nichts. Und so weiter. Mal so, mal so – man weiß es einfach nie. Plotek auch nicht.
    Und schon kam die erste Wortmeldung aus der dritten Busreihe angetorkelt.
    »Herr Plotek, wann sind wir da?«
    Plotek drehte sich um zu einem alten Mann mit Herbert-Wehner-Brille und einer Hasenscharte, der ihn

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