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Schöne Bescherung

Schöne Bescherung

Titel: Schöne Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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in einer Reihe auf und grinsten.
    »And with the animal on the hill, please?«
    Auch das noch, dachte Plotek. Ich soll fünfzehn Japaner auf das Bild bannen und gleichzeitig eines der Karlsbader Wahrzeichen, die Gämsen-Plastik auf dem Felsen über der Stadt, als Hintergrund mit ablichten. Und dabei womöglich alles gestochen scharf. Das geht doch gar nicht. Entweder der Hintergrund scharf und das japanische Grinsen verschwommen. Oder die grinsenden Japaner scharf und die Gämse verschwommen.
    Nachdem ihm die Japaner fünfzehn kleine Digitalkameras um den Hals gehängt hatten, entschied sich Plotek für die scharfen Japaner und eine unscharfe Gämse. Fünfzehn Mal.
    Nachdem alle Japaner als Gruppenbild und lächelnd auf allen fünfzehn Kameras waren, bedankten sie sich unterwürfig mit Handschlag und kleiner Verbeugung. Anschließend forderten sie entschlossen weitere Fotos. Alleine wollten sie jetzt, jeder für sich, auf ein Bild, aufgenommen von der eigenen Kamera. Also hängten sie Plotek erneut grinsend fünfzehn Kame-ras um den Hals und stellten sich in einer Reihe zum Fototermin auf. Die spinnen doch, die Japaner, dachte Plotek und fotografierte alle fünfzehn jetzt völlig verschwommen, dafür mit gestochen scharfer Gämse im Hintergrund. Während die Gämse, von Plotek herangezoomt, in der Linse ins Tal guckte, erkannte Plotek den ebenfalls auf der Petershöhe über der Gämsen-Statue stehenden Maier-Altan. Der Maier-Altan war ein achteckiger Pavillon, der vor allem im Sommer den Touristen einen wunderschönen Ausblick über Karlsbad bescherte. Und Überraschung: Auf der Balustrade des Maier-Altans saß jemand. Plotek zoomte noch näher heran, so dass die Gämse ganz aus dem Bild verschwand und nur noch der Maier-Altan zu sehen war. Und da, wieder Überraschung: Auf dem Geländer des Altans erkannte Plotek Korbinian Stremmel. Was macht der Stremmel am Maier-Altan?, dachte Plotek. Und warum sitzt er auf dem Geländer, als ob er gleich ins Tal springen will? Und überhaupt: Wie ist der da eigentlich hinaufgekommen, zur Petershöhe? Natürlich führt zur Petershöhe ein Fußweg hoch, aber war der jetzt nicht erstens verschneit und hatte zweitens Stremmel nicht ein Holzbein? Fragen über Fragen und nur ein lebensmüder Stremmel in Sicht.
    Vier, fünfmal drückte Plotek hintereinander auf den Auslöser, als wollte er das Unbegreifliche gleich mehrmals festhalten, um es nachher im digitalen Sichtfenster genauer angucken zu können. Sicherzugehen, dass er nicht einer Täuschung, bedingt durch die ersten Anzeichen eines vermeintlichen Augenleidens, aufgesessen war.
    Die Japaner dagegen fingen an, an Ploteks Fotokunst zu zweifeln. Sie grinsten nicht mehr und guckten skeptisch. Manche kamen auf ihn zu und wollten gemeinsam mit ihm das Fotografierte im Digitalfenster betrachten. Auf allen Bildern sahen sie aber nicht sich selbst, sondern immer nur Stremmel. Korbinian Stremmel waghalsig auf der Balustrade sitzend, unter ihm der Abgrund. Und komisch: Die Japaner waren jetzt gar nicht böse auf Plotek. Eher Gegenteil. Sie guckten jetzt alle hoch zur Petershöhe, nahmen Plotek ihre Kameras vom Hals und fotografierten, was das Zeug hielt.
    Plotek war zu dieser Zeit schon zum Maier-Altan unterwegs.
    Der schmale Fußweg zur Petershöhe hinauf war tatsächlich mit Schnee bedeckt. Plotek hielt sich, wenn er ins Rutschen geriet, am grünen Eisengeländer fest. Er geriet oft ins Rutschen. Der Grund: seine ausgelatschten Mokassins. Null Profil, null Halt. Das waren Schuhe, mit denen man nicht einmal im Sommer in süddeutschen Fußgängerzonen einen eindrucksvollen Auftritt hatte. Geschweige denn auf völlig verschneiten Fußwegen im Tschechischen, bei gut und gerne zwanzig Prozent Steigung. Nach drei Schritten lag Plotek zweimal auf der Schnauze, trotz Geländer und festem Willen, dem lebensmüden Stremmel möglichst schnell zu Hilfe zu kommen. Wenn ich oben ankomme und er ist schon hinuntergesprungen, dachte Plotek, dann hätte ich mir auch Zeit lassen können. Wenn ich aber oben bin und der Stremmel sitzt noch auf der Balustrade, dann kann es ihm entweder nicht allzu ernst mit dem Hinunterspringen sein oder er hat gehofft, dass jemand zu ihm hochkommt, und auf den jemand sogar gewartet. Die Quintessenz von Ploteks Überlegung: nur nicht hetzen. Also schaltete Plotek einen Gang zurück und zog sich jetzt langsam am Geländer den Berg hinauf. Und siehe da: Jetzt ist er zwar noch immer ausgerutscht, aber nur noch selten auf dem

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