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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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natürlich nicht die Matschbirne aus dem Alzgerner Forst. Es war der Zwerghase von Frau Klinkermann.
    »Klausi, Klausi!«, keuchte Frau Klinkermann und fiel Herrn von Alten kraftlos in die Arme. Sie wurde nach hinten in den Bus geschleppt und quer auf die Rückbank gelegt. Frau Weller massierte ihr die Beine. Oder vielmehr die dicke Wollstrumpfhose. Herr von Alten hielt ihre Hand. Frau von Ribbenhold spendierte Kölnisch Wasser. Heinz und Helga feuchte Taschentücher und Herr Wilhelm tröstende Worte. Ferdinand Schnabel fuhr los.
    Von da an war nicht nur Silke Klein bei den meisten Reisenden unten durch, sondern auch Herwig E. Skolny. Aber auch Kita Kubella bemühte sich redlich, ebenfalls in die Rubrik der Verfemten aufgenommen zu werden. An Herrn Wilhelm gewandt sagte sie: »Kennen Sie den? Kommt ein kleines Mädchen in die Zoohandlung und sagt: ›Ich möchte gern ein Kaninchen.‹ Sagt der Zoohändler: ›Möchtest du dieses kleine, süße braune mit den großen Augen? Oder das weiche, wuschelige, flauschige weiße ?‹ Sagt das Mädchen: ›Ich glaube, das ist meiner Python egal.. .‹«
    Die Verfemten lachten, die anderen taten, als wären sie taub. Plotek lächelte auch ein bisschen und setzte sich auf den Sitz des Reisebegleiters. Er schaute in das stärker werdende Schneegestöber und dachte, ob jetzt der Jägermeister schuld daran war, dass sich Skolny auf den falschen Platz gesetzt hatte – oder war es vielleicht doch ein bisschen Absicht? Er zuckte mehrmals mit den Schultern, so dass Ferdinand Schnabel am Steuer jedes Mal erschrak. Als er schließlich besorgt fragen wollte: »Was ist denn?«, war Plotek schon eingeschlafen.
    Und da war allerhand. Oder wie immer: Alptraum! Dieses Mal spielte aber nicht Agnes eine tragende Rolle, auch nicht der Weihnachtsmann, sondern zuerst Klausi, der tote Zwerghase. Da sieht man mal wieder: So schnell kann es gehen. Da war der Hase noch keine halbe Stunde tot, schon tauchte er in Ploteks Traum auf. Ziemlich platt, aber irgendwie doch quietschfidel. Komisch, hätte Plotek denken müssen, wenn er im Traum gedacht hätte. Aber im Traum denkt Plotek nicht, da träumt er. Jetzt auch noch vom Muttermal auf dem Prospekt. Davon, wie das Muttermal aus dem Prospekt springt und sich auf ihn stürzt, mitten im Gesicht verbeißt; da wütet es wie der Vater manchmal mit seinem Ledergürtel auf Ploteks nacktem Hintern. So lange bis Ploteks Gesicht plötzlich wie Ploteks Arsch aussieht und eine frappierende Ähnlichkeit mit der Matschbirne aus dem Alzgerner Forst hat. Er war die Matschbirne aus dem Alzgerner Forst! Als diese machte er es sich jetzt in der Handtasche von Frau Weller gemütlich. Zusammen mit der Mutter von Frau Weller. Frau Weller? Die dicke Frau Weller? Was hatte die dicke Frau Weller damit zu tun? Das war doch die Handtasche von Frau Klinkermann, wo der Klausi krepiert ist! Irgendwas lief da nicht ganz rund in diesem Alptraum. Manchmal ist es im Traum wie im Leben, man steht auf dem Schlauch, hat keinen blassen Schimmer und weiß nur, irgendetwas ist da faul – im Traum wie im Leben. Irgendwie gab es da einen Zusammenhang, im Traum, zwischen ihm, Frau Weller und dem toten Klausi, das war Plotek klar – im Traum. Aber welchen? Das war Plotek nicht klar – weder im Traum, noch sonst wie.
    Bei dem Gedanken an sich selbst als Matschbirne in der Handtasche geisterte plötzlich eine stiernackige Masseurin durch Ploteks Traum, wie eine Schlafwandlerin tänzelnd auf dem Balkongeländer. Welche Masseurin? Die mit den dicken Fingern, die an zehn Debreziner erinnern, bei der sich Plotek vor ein paar Monaten während des Oktoberfests unfreiwillig auf der Pritsche hat schänden lassen. Wie komme ich jetzt auf die Masseurin, hätte Plotek denken müssen, wenn er im Traum gedacht hätte. Aber selbst im Traum dachte Plotek nicht daran, an die Masseurin zu denken, weil das nicht nur ein paar Monate zurücklag, sondern seither von Plotek auch noch erfolgreich aus dem Gedächtnis getilgt wurde – jetzt die Schlafwandlerin – und Tschüs! Hat er sie vom Balkongeländer gestoßen. Die eine geht, der andere kommt.
    »Macht hoch die Tür, die Tor macht weit. . .«
    Natürlich war das Eduard von Alten, der da vom deutschen Volksliedgut auf Vorweihnachtliches umgeschwenkt war, um jetzt übers Bus-Mikro die Reisenden mit einem Hauch Besinnlichkeit auf Weihnachten einzustimmen. Aber das konnte Plotek natürlich, noch immer verhakt im eigenen Traum, nicht wissen. Seit wann können

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