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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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dann schon. Zuerst musste er im Bad am großen Spiegel vorbei, und da gab es dann wieder eine böse Überraschung. Nicht nur, dass Plotek aussah wie der Leibhaftige persönlich: bleich, mit schwarzen Rändern unter den Augen und hässlichen Bartstoppeln. Viel beunruhigender waren die roten Flecken im Gesicht und am Hals. Knutschflecken. Lippenstiftspuren. Wie Kriegsbemalung sah das aus – furchtbar.
    Dann über die Schüssel gebeugt, mit dem Schwanz in der Hand große Erleichterung. Urinieren gehört zu der Art von Erleichterung, die sich sofort auf das Hirn überträgt. Folge: klarer Gedanke. Alles deutete darauf hin, dass er in der Nacht eine intensive Begegnung mit Silke Klein hatte. Genaue Details lassen sich in seiner derzeitigen Verfassung nicht rekonstruieren. Das Ergebnis lässt aber keine Zweifel zu. Noch ganz in Gedanken und mit dem Blick in der Kloschüssel beim schäumenden Urin hörte er plötzlich eindeutige Geräusche. Aus dem Zimmer. Eine Tür ging leise auf und dann zu. Schnelle Schritte. Schubladen flogen auf, Schranktüren quietschten. Da hat es aber jemand ziemlich eilig, dachte Plotek, noch immer mit dem Schwanz in der Hand über der Kloschüssel. Natürlich hätte er jetzt aus dem Bad treten und nachschauen können, wer da im Zimmer in einem Affenzahn nach etwas suchte. Aber so nackt und im Gesicht so verunstaltet, wie er jetzt war, wollte er niemandem unter die Augen treten. Auch Silke Klein nicht. Obwohl Silke das höchstwahrscheinlich nicht ist, dachte Plotek. Blinde sind nicht so geschwind. Das muss jemand sein, der in Silkes Zimmer etwas sucht und es auch ziemlich schnell finden möchte. Wenn er es nicht im Zimmer findet, guckt er vielleicht auch im Bad nach, dachte Plotek. Er stieg so leise er konnte in die Duschwanne. Als er gerade den weißen Duschvorhang zuziehen wollte, klingelte es. Plotek erschrak und dachte: Scheiße. Die Person im Zimmer erschrak auch und zischte: »Fuck!«
    Dann ging die Zimmertür wieder leise auf und dann zu. Jetzt aber schnell, hätte man denken können, und in Bezug auf Plotek: nichts wie hinterher – vergiss es! Plotek ist der Person weder gefolgt, noch hat er auf den Flur hinausgeguckt, um zu sehen, wer sich da davonmacht. Eher Gegenteil. Ganz langsam und seelenruhig ist Plotek wieder aus der Duschwanne gestiegen und ins Zimmer zurück. Da klingelte noch immer das Zimmertelefon. Schien wichtig zu sein – weil es nicht mehr aufhören wollte. Ist Plotek eben hingegangen. Noch ehe er was sagen konnte, wurde am anderen Ende der Leitung schon losgequasselt, als ob es so wichtig wäre, dass es ganz schnell gehen musste.
    »Na, endlich, Eva, da bist du ja, jetzt wird’s ernst. Ich hab alles überprüft, die Telefone sind überwacht, nach jetziger Erkenntnis soll das Ganze höchstwahrscheinlich auf der Rückfahrt starten. Die näheren Details gibt es hoffentlich später – frag mich nicht wie, aber . . .«
    Plotek hat sich nicht gefragt wie, sondern wer: Wer ist Eva und was soll das Ganze? Als ob der Anrufer Ploteks Gedanken durch die Leitung hindurch hören könnte, verstummte er plötzlich. Er fragte noch zweimal: »Eva, bist du’s?« Und legte dann auf. Legte Plotek eben auch auf. Er setzte sich auf den Nachttisch neben das Telefon, den vollen Aschenbecher in der Hand, und dachte nach. Immer wenn Plotek intensiv nachdenkt, raucht er am liebsten eine Zigarette. Jetzt auch. Und wie er so rauchte und dachte und rauchte und abaschte, blieb seine Zigarette plötzlich im Aschenbecher hängen. Vielmehr kleben. Es brutzelte – Kaugummi.
    »Himmelherrgott Sakrament!«
    So eine Sauerei, dachte Plotek, weil er es ums Verrecken nicht ausstehen kann, wenn die Aschenbecher mit Kaugummis vollgeklebt waren – meistens von Nichtrauchern. Von militanten Nichtrauchern. Silke rauchte, Plotek rauchte auch. Plotek kaute keine Kaugummis und Silke hatte die letzten Tage keinen einzigen im Mund gehabt. Zumindest hat Plotek keinen gesehen. Außerdem war der Kaugummi im Aschenbecher bei näherer Betrachtung noch ganz frisch. Farblich: blassrosa. Geruchlich: irgendwas zwischen Erdbeer, Himbeer und Heidelbeer. Schlagartig wurde Plotek jetzt klar, wer bis vor kurzem noch auf dem Kaugummi herumgekaut haben musste. Dieselbe Person nämlich, die gerade noch ganz hektisch alle Schubladen in Silkes Zimmer durchsucht hatte. Viele kamen da nicht in Frage. Eigentlich nur eine. Warum die, war Plotek natürlich nicht klar. Aber es war nur eine Frage der Zeit, dann sollte Plotek auch das klar

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