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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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sein.

12
    Ploteks Zimmer war auch durchwühlt. Das merkte er auf den ersten Blick. War auch nicht schwer zu erkennen. Manche Schubladen standen noch halb offen. Die Kleider lagen verstreut auf dem Bett. Im Aschenbecher war zwar kein Kaugummi, aber ihm war klar, dass auch bei ihm nach etwas gesucht wurde. Und gefunden. Die Casino-Gewinne, die er im Nachttisch neben den zwei Bibeln – die eine auf Tschechisch, die andere auf Deutsch – aufbewahrt hatte, waren verschwunden. Immerhin genau 13 200 Euro. Und noch schlimmer: seine Uhr, die Rodina, das einmalige russische Sammlerstück. Hatte ebenfalls neben den Bibeln im Nachttisch gelegen.
    Zuerst war Plotek wütend, dann traurig und zuletzt nachdenklich. Wie konnte das passieren? Wer hatte Zugang zu seinem Zimmer? Und wie?
    Ich könnte mich an den Direktor wenden, dachte Plotek. Vielleicht steckt hinter dem Diebstahl gar nicht das kleine Miststück. Vielleicht wollte sich eins der Zimmermädchen sein mieses Gehalt aufstocken. Sicher würde der Direktor, um den guten Ruf seines Hauses bemüht, alles diskret aufklären. Und morgen schon lägen neben den Bibeln wieder Geld und Uhr und vielleicht ein Kärtchen, auf dem alles als dummes Missgeschick deklariert wäre. Gute Idee, hätte man denken können. Schlechte Idee, dachte Plotek. Plotek war keine Petze. Bespitzelung lag ihm fern. Er würde das Ganze selbst in die Hand nehmen. Später.
    Jetzt nahm er zwei Aspirin, gegen die Kopfschmerzen, und ging duschen, wegen der starken Körpergerüche. Er roch sich fremd. Als er unter der heißen Dusche stand und das Wasser auf seinen dicken Leib prasselte, klingelte das Zimmertelefon.
    Neben den Kloschüsseln hing ein zweiter Apparat an der Wand, damit der Grand-Gast im 5-Sterne-Ambiente selbst beim Scheißen erreichbar war.
    Ist das Luxus?, dachte er, oder der erste Schritt in die Abhängigkeit.
    »Ja?«
    »Meine Uhr fehlt!«
    Es war Silke Klein.
    »Meine auch.«
    »WAS?«
    »Und die Casino-Kohle.«
    »Scheiße! Wie konnte das passieren?«
    »Es gibt Verdachtsmomente.«
    »Verrätst du sie mir?«
    Du, dachte Plotek und: verdammt! Hat sich seit dem Sie zwischen uns doch was verändert. Er selbst als nackter Weihnachtsmann im Bett von Silke Klein war also nicht eingebildet, keine heimtückische Täuschung seiner strapazierten Nervenzellen.
    »Später«, sagte Plotek. »Ich muss noch ein paar Dinge klären.«
    »Wann?«
    »Wir sehen uns heute Abend an der Bar, 20 Uhr.« Das war ein Zitat.
    Silke Klein erkannte es auch als solches wieder. Sie lachte.
    Jetzt nichts mehr sagen, dachte Plotek. Zu spät, schon drangen Silkes Worte in seine feuchte Ohrmuschel.
    »Skolny und Kita Kubella sind höchstwahrscheinlich an einer Uberdosis gestorben.«
    »Wie wissen Sie das?«, sagte Plotek und dachte: Überdosis wovon?
    »Blinde hören besser.«
    So gut, dass Plotek jetzt Hören und Sehen verging.
    »Skolny hatte Lungenkrebs.«
    Und es ihm auch noch die Sprache verschlug.
    »Hallo, bist du noch dran? Plotek?«
    Allerdings nur kurzzeitig.
    »Ja.«
    »Im Endstadium – du weißt, was das bedeutet?«
    Wusste Plotek natürlich nicht. Sagte es ihm Silke eben.
    »Lebenserwartung von höchstens noch ein paar Tagen.«
    »Sie wissen, was das bedeutet?«, jetzt Plotek in Anspielung auf das Du.
    »Selbstmord?«
    »Bei Skolny bestimmt.«
    »Was macht dich so sicher?«
    »Der Krebs.«
    Kurze Pause. Nur noch Silke Kleins Atmen im Ohr. Schönes Atmen, dachte Plotek und hätte noch lange zuhören können. Aber ein Gedanke machte ihm einen Strich durch die Rechnung. »Wenn ich es mir recht überlege, hat er so etwas Ähnliches angedeutet.«
    »Was?«
    »Dass er hierher gekommen ist, um aus der Welt zu scheiden.«
    Komischer Ausdruck, dachte Plotek. Noch komischer aus seinem Mund.
    »Und du hast nichts dagegen unternommen?«
    »Warum? Skolny ist 58.«
    » War! War 58.«
    ». . . war 58 und alt genug, um für sich selbst zu entscheiden, was gut für ihn ist oder nicht.«
    » War, was gut für ihn war.«
    Wieder Pause. Wieder schönes Atmen.
    »Ich weiß nicht«, sagte Silke. »Und Kubella?«
    »War sein Vater.«
    »WAS?«
    Er genoss Silkes Verwunderung und schwieg. Hörte aber kein Atmen mehr. Sie offenbar auch nicht.
    »Bist du noch da? Sag was.«
    »Vielleicht war es ein Unfall.«
    Beide schwiegen. Beide dachten nach. Beide atmeten wieder – im Gleichklang.
    Dann ebenfalls gleichzeitig: »Mord – vielleicht!«
    »Du meinst also auch, er hat sie . . .«
    »Ihn.«
    ». . . ihn umgebracht?«
    Plotek schwieg

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