Schöne Khadija
dich hier wohlfühlst? Weißt du nicht, dass wir dich umbringen, wenn sie das Lösegeld nicht bezahlt?«
Mahmoud wusste, dass sie ihn mit der Brüllerei einschüchtern wollten. Sie wollten einen jämmerlichen, zitternden Jungen auf dem Foto zeigen. Aber er wollte nicht, dass ihn so jemand sah und zwang sich, weiterzulächeln. Seine Muskeln verkrampften sich immer mehr, bis sie vor Anstrengung schmerzten, aber er wagte es nicht, nachzulassen. Das Lächeln war das Einzige, was ihn daran hinderte zu weinen.
Als Rashid ein halbes Dutzend Fotos geschossen hatte, ging Yusuf zu ihm und sah sie sich an. Was er sah, ließ ihn auflachen.
»Mehr brauchen wir nicht«, sagte er zu Rashid. »Die hier genügen für unsere Zwecke völlig.«
Er entriss Mahmoud die Zeitung, ging mit Rashid hinaus und knallte die Tür hinter sich zu. Wieder blieb Mahmoud mit Sanyare zurück.
Endlich konnte er aufhören zu lächeln.
Suliman hatte eine ganze Flotte von Autos und Lastwagen organisiert, um Sandy vom Flughafen abzuholen. In drei oder vier davon saßen Mädchen – hauptsächlich die englischen Models und Zoë, das Make-up-Mädchen. In einem weiteren Wagen fuhren Amina, Khadija und ich und ein weiterer war für David und Freya reserviert.
Sandy bestand darauf, mit den Kleidern zusammen im Laster zu fahren – mit zehn riesigen flachen Koffern. Sie ließ die Männer, die sie auf den Laster luden, keine Sekunde aus den Augen, und als sie den letzten Koffer aufgeladen hatten, befahl sie, sie fest zu verschnüren.
»Wenn denen irgendetwas passiert«, drohte sie, »dann ist alles abgesagt. Dann packen wir wieder ein, gehen nach Hause und niemand wird hier Geld verdienen!« Sie sah zu, wie diese Botschaft von Mann zu Mann unter den Sicherheitsleuten weitergegeben wurde.
Diese Wachleute waren auch der Grund, warum wir so viele Fahrzeuge brauchten. Es waren zwanzig große Männer mit Gewehren über der Schulter. Die Messer an ihren Gürteln erinnerten mich an den Dolch meines Vaters – gefährliche Klingen in abgenutzten Lederscheiden. Sie unterhielten sich mit Suliman, beobachteten alles interessiert und kauten auf den grünen Qat-Blättern, die er ihnen gab.
Sandy trat an sie heran und fragte leise: »Brauchen wir diese Leute wirklich alle?«
Suliman zuckte mit den Achseln. »Wenn wir sie mitnehmen, dann werden wir sie höchstwahrscheinlich nicht brauchen. Aber wenn wir sie nicht mitnehmen …« Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.»Sie haben eine Menge zu beschützen. Wir sollten lieber auf Nummer sicher gehen. Aber es ist natürlich Ihre Entscheidung.«
Die Models tuschelten, wuselten herum und sahen die Wachen unter ihren langen Wimpern hervor an. »Ich wusste nicht, dass es so werden würde«, hörte ich eine von ihnen murmeln.
Suliman sah Sandy an und tippte auf seine Uhr. »Wir haben einen langen Weg vor uns. Wenn Sie etwas anders organisieren wollen, müssen Sie es jetzt tun.«
Plötzlich tauchte David neben ihr auf. »Sie will nichts ändern«, erklärte er abrupt. »Es ist gut so.«
Sandy blinzelte und sah zu ihm auf. Dann nickte sie. Es war das erste Mal, dass ich sah, wie sie ihm gegenüber nachgab.
»Fahren wir«, sagte Suliman. Er drehte sich um, gab den Wachen ein Zeichen und alle stiegen ein. Freya stand mit dem Rücken zu uns und sah in die nackte, felsige Wüste hinter dem Flughafen. Als David sie an der Schulter berührte, wandte sie sich um.
»Wir fahren hinter dem ersten Laster her«, erklärte David ihr. »Komm, Freya, wir müssen vor dem Sonnenuntergang da sein.« Er hielt ihr die Tür des Autos auf und schob sie hinein.
Ich befand mich mit Amina und Khadija im Auto dahinter. Auf die Vordersitze sprangen zwei Wachen und ich dachte, dass wir sofort losfahren würden. Aber so schnell passierte erst einmal gar nichts. Noch eine ganze Viertelstunde saßen wir in dem stickigen Wagen, bevor endlich der Motor angelassen wurde und wir unsere Reise begannen.
Wir befanden uns in der Mitte einer langen Reihe von Fahrzeugen auf dem Weg … ins Nirgendwo. Galkayo blieb hinter uns zurück und wir fuhren über trockenen, felsigen Boden auf dem nichts wuchs außer ein paar dürren, dornigen Büschen. Die Luft war heiß und drückend und wir fuhren in der Staubwolke, die die Autos vor uns aufwirbelten. Wenn ich durch das Heckfenster sah, konnte ich sie hinter uns als lange Spur in der Luft hängen sehen.
Und so blieb es zehn Stunden lang. Wir fuhren immer weiter. Gelegentlichkamen wir durch kleine Dörfer,
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