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Schöne Khadija

Schöne Khadija

Titel: Schöne Khadija Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Cross , Tanja Ohlsen
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Gewehr im Auge und stellte sich vor, wie er danach griff, wenn sich ihm die Gelegenheit bot. Einer seiner Onkel hatte so eine Kalaschnikow und er wusste genau, wie er sie benutzen musste und wie sich der Abzug an seinem Finger anfühlen würde.
    Er musste nur bereit sein …

An diesem Morgen war es im Dorf sehr lebendig. Als wir angekommen waren, dachte ich, wir seien am Ende der Welt, aber jetzt schien alles verändert und überall herrschte Leben und zielstrebiges Treiben.
    Sandy hatte die Macht, ihre Träume wahr zu machen … weil sie für das bezahlen konnte, was sie wollte. Was hatte sie gesagt, als sie das Foto von Mahmoud gesehen hatte? Ich könnte das Geld bezahlen … Es würde mir nicht einmal sehr wehtun.
    Und ich dachte an das merkwürdige Gespräch mit Suliman am Vortag. Als ich mit Sandy ins Dorf zurückgekommen war, hatte er eine Weile gewartet und mich dann zu sich gewunken.
    »Und?«, fragte er leise, als ich bei ihm war. »Wird sie das Geld beschaffen?«
    »Du meinst … Sandy?«
    Suliman hob die Augenbrauen. »Wer sonst? Was hat die Frau ihr gegeben?«
    »Es war noch ein Bild von Khadijas Bruder«, sagte ich. »Sie haben ihn verprügelt.«
    »Sie haben ihn verletzt?«, fragte Suliman überrascht nach.
    »Sie haben ihm die Schneidezähne ausgeschlagen«, erzählte ich. »Und seine Lippe ist aufgeplatzt.«
    »Also … nichts Ernsthaftes«, meinte Suliman.
    Er klang sehr gelassen und plötzlich kam mir Khadijas Stimme in den Sinn. Abdi – unter Sulimans Sitz ist eine Waffe! Zum ersten Mal fragte ich mich, ob er sie je benutzt hatte.
    Er wollte noch mehr wissen. »Und? Was hat Sandy zu dem Bild gesagt?«
    Ich zuckte mit den Achseln. »Sie hat gesagt, sie könne zehntausend Dollar auftreiben … aber sie findet es nicht richtig, Kidnapper zu bezahlen.«
    »Ach, tatsächlich?«, fragte Suliman nachdenklich. »Sie hat gesagt, sie könnte zahlen?«
    Ich dachte, er wollte noch etwas fragen, aber dann änderte er seine Meinung und ging weg.
     
    Als ich am nächsten Morgen mitten im Dorf stand, konnte ich kaum glauben, dass Sandy das Foto des misshandelten Jungen gesehen hatte. Sie konzentrierte sich völlig auf ihre Show. Eine Stunde vor dem Beginn nahm sie noch kleine Änderungen an den Kleidern vor und änderte die Reihenfolge der Models.
    Und plötzlich war keine Zeit mehr für Vorbereitungen. Sie wirbelte herum und begann zu rufen:»Noch zwanzig Minuten! In zwanzig Minuten gehen wir live auf Sendung! Ich möchte, dass ihr alle eure Plätze einnehmt – und euch konzentriert! Wir haben nur diese eine Chance. Wenn wir sie vermasseln, wird uns in London niemand mehr eine zweite Gelegenheit geben.«
    Augenblicklich setzten sich alle in Bewegung. Die Models kamen aus dem Schatten des Umkleidebereiches und stellten sich neben dem Laufsteg auf, umringt von ihren Ankleidehilfen. Amina rief Marco über das Satellitentelefon an. Die Männer an den Computern überprüften zum dreißigsten Mal den Weblink. Und dazwischen hüpfte Tony, der Fotograf, herum und fotografierte alles, was vor sich ging.
    Zehn Minuten vor Beginn trat Khadija vor und nahm ihren Platz vorne in der Reihe ein. Ich hatte etwas Spektakuläres erwartet, aber sie sah total langweilig aus, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet – wie die Sachen, die sie getragen hatte, seit wir von zu Hause losgefahren waren, nur aus anderem Stoff. Es war nicht hässlich oder unzüchtig oder so etwas. Es war nur … Verschwendung. Warum hatte sich Sandyall die Mühe gemacht, Khadija auf den Laufsteg zu bekommen, wenn das alles war, was sie zu bieten hatte?
    Aber Tony Morales hielt es nicht davon ab, einen kleinen Jodler auszustoßen und vor ihr auf und ab zu tänzeln. »Einen Augenblick, Qarsoon. Ich muss ein Bild davon haben. Und noch eines, so … und das …«
    Ich hätte gedacht, dass er Khadija nervös machen würde, aber sie benahm sich, als hätte sie ihr ganzes Leben lang mit international berühmten Fotografen zusammengearbeitet. Sie stellte sich hin, wo er es haben wollte, und wandte ruhig den Kopf, während er um sie herumwieselte. Freya blieb ganz dicht bei ihr, für den Fall, dass Tony Dummheiten versuchte, wie ihr den Schleier herunterzureißen.
    »Fünf Minuten!«, rief Sandy. »Bitte alle ruhig sein! Amina, bist du bereit für die Musik? Drei, zwei, eins … jetzt!«
    Die wirkliche Musik spielte in London, aber Amina hatte alle Lieder auf einem iPod, damit die Models im Takt liefen. Als Sandy ›Jetzt‹ sagte, erklang eine dünne Melodie

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