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Schöne neue Welt

Schöne neue Welt

Titel: Schöne neue Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aldous Huxley
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Mann in der Maske eines Präriewolfs, in den Händen eine geknotete Ledergeißel.
    Der Jüngling schritt weiter, als gewahrte er ihn nicht. Der Präriewolf hob die Peitsche; ein langer Augenblick der Erwartung, dann eine schnelle Bewegung, der Riemen pfiff durch die Luft und fiel mit einem lauten, satten Klatschen auf die Haut. Ein Zittern durchlief den Jüngling, aber er blieb stumm und ging im gleichen gemessenen Schritt weiter. Der Präriewolf schlug nochmals zu und nochmals; bei jedem Schlag holte die Menge tief Atem, den sie mit einem Stöhnen wieder ausstieß. Der Jüngling schritt weiter.
    Zweimal, dreimal, viermal rundete er den Kreis. Das Blut floß. Fünfmal herum, sechsmal. Plötzlich barg Lenina das Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen. »Oh, sie sollen aufhören, sie sollen aufhören!« flehte sie. Aber die Peitsche fiel unerbittlich, fiel, fiel. Siebente Runde. Auf einmal wankte der Jüngling und stürzte lautlos aufs Gesicht. Der Greis beugte sich über ihn und berührte seinen Rücken mit einer weißen Feder, hielt sie, die nun blutrot war, einen Augenblick in die Höhe, damit die Menge sie sehen konnte, und schwenkte sie dreimal über den Schlangen. Ein paar rote Tropfen fielen nieder, und plötzlich brachen die Trommeln wieder in Panik aus, die Töne überstürzten sich, und allgemeines gewaltiges Geschrei setzte ein. Die Tänzer stürmten vor, ergriffen die Schlangen und flohen vom Dorfplatz. Die Männer, Frauen und Kinder, alle liefen ihnen nach, und eine Minute später war der Platz leer.
    Nur der Jüngling lag hingestreckt, wo er gestürzt war, und rührte sich nicht. Drei alte Weiber kamen aus einem Haus, hoben ihn nicht ohne Mühe auf und trugen ihn hinein. Der Adler und der Mann am Kreuz hielten noch ein wenig Wache über dem menschenleeren Pueblo. Dann, als hätten sie genug gesehen, sanken sie langsam durch die Luken zurück in die Unterwelt.
    Lenina schluchzte noch immer. »Unerträglich grauenhaft«, wiederholte sie immer wieder auf Sigmunds vergebliche Beruhigungsversuche. »Unerträglich grauenhaft!
    Dieses Blut!« Sie schauderte. »Oh, wenn ich nur mein Soma hier hätte.«
    In dem Raum hinter ihnen ertönten Schritte.
    Lenina rührte sich nicht und blieb sitzen, das Gesicht in den Händen verborgen, ohne einen Blick für die Umgebung. Nur Sigmund wandte sich um.
    Der junge Mann, der die Terrasse betrat, war indianisch gekleidet, aber sein geflochtenes Haar war strohblond, seine Augen blaßblau und seine Haut die eines Weißen, jedoch tief gebräunt.
    »Hallo, guten Tag«, sagte der Fremde mit tadelloser, wenn auch eigenartiger Aussprache. »Sie sind Zivilisierte?
    Sie kommen von der Anderen Welt außerhalb der Reservation?«
    »Wer, zum Bokanowsky -?« begann Sigmund erstaunt.
    Der junge Mann schüttelte mit einem Seufzer den Kopf.
    »Ein höchst bedauernswerter junger Herr«, sagte er und wies auf die Blutlache inmitten des Platzes. »Sehen Sie diesen verdammten Fleck?« fragte er, bebend vor Mitgefühl. »Ein Gramm versuchen, ist besser als fluchen«, sagte Lenina automatisch hinter den vors Gesicht geschlagenen Händen. »Wenn ich nur mein Soma hätte!«
    »Ich hätte an seiner Stelle sein sollen«, fuhr der junge Mann fort. »Warum haben sie mich nicht zum Opfer zugelassen? Zehnmal wäre ich herumgegangen, zwölf-, fünfzehnmal. Palautiwa brachte es nur auf siebenmal. Ich hätte ihnen doppelt soviel Blut gegeben - mit Purpur die unermeßlichen Gewässer färben können!« Er breitete schwärmerisch die Arme aus und ließ sie dann verzweifelt fallen.
    »Aber sie duldeten mich nicht. Sie mögen mich nicht - meiner Hautfarbe wegen. Immer ist es mir so ergangen. Immer!«
    Tränen standen in seinen Augen, tiefbeschämt wandte er sich ab.
    Vor Staunen vergaß Lenina, daß sie kein Soma bei sich hatte. Sie nahm die Hände vom Gesicht und sah zum ersten Mal den Fremden an. »Wollen Sie allen Ernstes sagen, daß Sie mit der Peitsche geschlagen werden wollten?«
    Noch immer abgewandt, nickte der junge Mann. »Zum Heil des Pueblo, damit der Regen fällt und der Mais wächst.
    Und zu Ehren Pukongs und Jesu. Und damit man sieht, daß ich Schmerz ertragen kann, ohne zu schreien. Jawohl«, seine Stimme tönte auf einmal voller, er wandte sich den beiden mit stolzem Straffen der Schultern wieder zu, das Kinn herausfordernd gehoben, »damit man sieht, daß ich ein Mann bin... Oh!« Er zog scharf die Luft ein und verstummte. Zum ersten Mal in seinem Leben erblickte er ein Mädchen,

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