Schoener Schlaf
ein Polizeiwagen und vermutlich war seine Wohnung verwanzt. Das alles war aber immer noch erträglicher als die kleine Zelle im Untersuchungsgefängnis. Wegen Elke Hackmann können sie mir nicht viel, dachte er. Erotischer Unfall.
Meyer sah die Post durch. Nichts Besonderes, bis auf ein Schreiben seines Arbeitgebers. Er war bis zur Klärung der Vorwürfe gegen ihn von seiner Arbeit entbunden. Auch gut. In die Kunsthalle zurück wollte er ohnehin nicht. Sucher sollte sich einen anderen Dummen suchen, der den ganzen Tag an Gemälden rumfummelte, um sich von arroganten Kunsthistorikern wie Frau Dr.  Leist herablassend behandeln zu lassen.
Der Restaurator sah aus dem Fenster. Die Polizisten warteten brav in ihrem Auto.
Denen gebe ich mal was zu tun, dachte Meyer, warf sich in sein Jackett und trat auf die StraÃe. Dort gab er sich unschlüssig, um den Deppen im Polizeiwagen die Gelegenheit zu geben, aus ihrem Nickerchen zu erwachen. Es klappte, denn ein Bulle blickte zu ihm herüber.
Meyer schlug den Weg zur Bushaltestelle ein und grinste innerlich, als der Polizeiwagen gegenüber hielt. Meyer hob die Hand und winkte den Beamten freundlich zu.
Ein Mann stellte sich zu ihm in das Bushäuschen. Der Bus kam und hielt, versperrte den Blick auf die Bewacher.
»Herr Meyer?«, fragte der Mann neben ihm.
»Ja?«
Die Türen öffneten sich automatisch. Einige Fahrgäste stiegen aus und gingen stumm ihrer Wege.
Meyer sah den Mann an. Er trug eine Baseballkappe, einen Vollbart und eine Sonnenbrille. Das war doch ⦠Der Restaurator stutzte und verstand plötzlich. Doch er schaffte es nicht mehr, dem erhobenen Arm Jens Hackmanns auszuweichen. Das warâs also, dachte Meyer, bevor er zusammenbrach und alles dunkel wurde.
»Der Bus war dazwischen, wir konnten nichts sehen«, verteidigten sich die Polizisten eine Stunde später. »Und als der Bus weiterfuhr, lag er da und der Mann hielt das blutige Messer in der Hand.«
Hackmann hatte sich widerstandslos festnehmen lassen. Leider war Meyer von dem falschen Mann umgebracht worden. Irgendwie habe ich kein Glück mit Lockvogel-Einsätzen, dachte Kant.
Wenigstens Reporter Kay Schaumkuss jubilierte: Der Mörder war selbst ermordet worden! Vom Ehemann eines seiner Opfer. Selbstjustiz in ihrer schönsten Form!
Kurz darauf wurde in der Onlineausgabe der Tod des Komplizen des Kostümkillers gemeldet. Schaumkuss hielt sich mit Details zurück, kündigte aber einen weiteren Exklusivartikel in der Printausgabe des nächsten Tages an. Die Leser sollten die Zeitung schlieÃlich kaufen, statt sie nur kostenlos im Internet zu konsumieren.
*
Den Abend verbrachten Kant und Anna gemeinsam in einem Restaurant in der Nähe der Pension. Sie reagierte erleichtert auf Meyers Tod, schämte sich aber sogleich dafür.
»Als Restaurator war er unübertroffen, wirklich«, meinte sie. »Er konnte Bilder gut beschreiben und erkannte die geheimen Botschaften in den Gemälden. Wie kann ein Mensch so viel schöne und gute Eigenschaften besitzen und gleichzeitig so abgrundtief böse sein?«
»In Meyers Leben ist wohl ziemlich viel schiefgelaufen«, stellte Kant fest. »Hast du nie bemerkt, dass er sich Frauen gegenüber komisch verhielt?«
Anna verneinte. »Es gibt viele andere Männer, die sich auffälliger verhalten. Sucher zum Beispiel mit seiner altväterlichen Charmeoffensive oder du, Kant.«
»Ich?«
»Deine Beziehungsangst. Deine Distanz. Du kannst Nähe nicht zulassen. Im Vergleich zu dir war Meyer normal â jedenfalls auf den ersten Blick.«
Er lächelte. »Der erste Blick ist eben nicht ausreichend. Vielleicht möchtest du bei mir ja mal einen zweiten oder dritten riskieren?«
»Lass mir Zeit. Bitte.« Sie wechselte das Thema und erzählte von der Ausstellung.
Er tauchte in den Klang ihrer Stimme ein und entspannte sich. Beziehungsangst, Distanz. Traf das wirklich auf ihn zu?
Gegen Mitternacht brachte er sie zur Pension zurück. Er wartete vor dem Haus, bis sie ihm am Fenster ein Zeichen gab, dass alles in Ordnung war. Die Frage, ob er noch mit nach oben kommen dürfe, hatte er lieber nicht gestellt.
Kapitel 36
Fabry las den Artikel noch vor dem Frühstück. Der Mord an Meyer stimmte ihn heiter. Das hatte er sich erhofft. Hackmann hatte ihm seinen Wunsch erfüllt und Meyer erledigt.
Fabry klickte eine Seite an, die seine
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