Schottisches Feuer
nicht standhalten können. Trotz seiner normannischen Vorfahren war ihr Vater durch und durch ein stolzer Highland-Chief, und Vergebung kam in seinem Wortschatz nicht vor.
Ihre schöne, ungestüme Mutter war kaum ein Jahr später bei einem Kutschunfall ums Leben gekommen – das Ergebnis einer tollkühnen, betrunkenen Wette –, und Jeannie, die Älteste, hatte die Scherben aufsammeln und mit dem belastenden Vermächtnis weiterleben müssen, welche Gefahr Impulsivität bedeutete.
»Jean ist überhaupt nicht wie ihre Mutter«, entgegnete ihr Vater scharf.
Als der Laird of Menzies seinen Fehltritt erkannte, murmelte er eine Entschuldigung und entfernte sich.
Jeannie hatte den verteidigenden Tonfall in der Stimme ihres Vaters bemerkt und versuchte, sich davon nicht ärgern zu lassen. Ihr Vater mochte zwar darauf bestanden haben, dass sie sich nicht länger auf dem Land versteckte und ihn an den Königshof begleitete, doch das bedeutete nicht, dass es ihm keine Sorgen bereitete, sie auf die Umgebung loszulassen, die ihre Mutter so geliebt hatte. Die Anwesenheit ihrer mürrischen Tante als Anstandsdame war ein Beweis dafür.
Sie zweifelte nicht daran, dass ihr Vater sie liebte, doch manchmal ertappte sie ihn dabei, wie er sie mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen beobachtete. Es wirkte beinahe so, als wartete er mit angehaltenem Atem darauf, dass sie einen Fehler machte.
Schlimmer noch, sie wusste, dass seine Angst nicht völlig unbegründet war. Wenn sie einen plötzlichen Einfall hatte, dann setzte er sich so hartnäckig in ihrem Kopf fest, dass sie ihn nicht mehr loswurde. Es erschien ihr zu dem Zeitpunkt stets das Richtige zu sein. Wie damals, als sie diesem schrecklichen Billy Gordon die Kleider versteckt hatte, als er im See schwimmen war, sodass er nackt nach Hause laufen musste, oder als sie mit sechs Jahren beschlossen hatte, nach Inverness zu gehen, weil es da einen Laden gab, der ihre Lieblingssüßigkeiten verkaufte, oder damals, als sie ihren Hündchen den besten Wein ihres Vaters zu trinken gegeben hatte und die Tiere daraufhin betrunken bewusstlos geworden waren.
Doch solche Dinge machte sie inzwischen nicht mehr.
Sie wollte den besorgten Ausdruck auf dem Gesicht ihres Vaters mildern und ihm versichern, dass er die Wahrheit sagte, dass sie überhaupt nicht wie ihre Mutter war. Dass nichts sie je dazu bewegen könnte, so unüberlegt zu handeln.
Doch das würde ihm nur noch mehr Schmerz bereiten, deshalb behielt Jeannie ihr Versprechen für sich und wechselte das Thema.
Das Warten hatte ein Ende. Der Laird of Grant war angekommen.
Aufmerksam musterte Duncan Campbell die Menschenmenge, die in den Hof geströmt war und dadurch den Eingang zum Burgsaal blockierte. Doch das schreckte ihn nicht ab. Auch wenn er viel lieber die Ställe der Burg ausmisten als noch einen weiteren Abend höfischer Unterhaltung über sich ergehen lassen würde – wo sich die Dramen viel zu oft nicht nur auf der Bühne abspielten –, er hatte einen Auftrag zu erledigen.
So entschlossen wie ein birlinn , das sich durch die Wellen kämpfte, bahnte er sich seinen Weg durch das Gedränge. Mehr als nur eine junge Frau sah ihn kommen und stolperte ihm »aus Versehen« in den Weg, murmelte eine Entschuldigung und warf ihm dabei einladende Blicke zu. Dass ihn ein paar davon mit etwas mehr als nur einer Tändelei im Sinn ansahen, war eine neue Erfahrung für ihn. Neuigkeiten verbreiteten sich schnell am Königshof, und die Nachricht, dass sein Vater ihn zum Captain der Wache und zum Burgvogt von Castleswene ernannt hatte, war nicht unbemerkt geblieben. Offensichtlich war dieser neue Rang für manche genug, um den Makel seiner Geburt verblassen zu lassen.
Doch keine Verlockung, so kühn sie auch sein mochte, würde ihn von seinem Kurs abbringen. Die letzten paar Tage hatte er damit zugebracht, die Füße stillzuhalten und auf Grants Ankunft zu warten, und nun, da er endlich hier war, brannte Duncan darauf, sich seiner Aufgabe zu widmen. Sein Vater, der mächtige Campbell of Auchinbreck, hatte ihn an den Königshof geschickt, um den Chief of Grant dazu zu bewegen, sich dem König und den Campbells bei der bevorstehenden Schlacht gegen den Earl of Huntly anzuschließen. Sein Vater bot ihm eine weitere Gelegenheit, sich zu beweisen, und Duncan hatte nicht die Absicht, diese Chance ungenutzt verstreichen zu lassen. Deshalb entschuldigte er sich mit einem höflichen Lächeln und setzte seinen Weg entschlossen fort.
Als er den
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