Schottisches Feuer
Statur, ob er vielleicht ein Wachmann war – der Krieger eines hohen Lords. Doch die Qualität seiner feinen Kleidung widersprach dieser Theorie ebenso wie die Aura von Konsequenz und Autorität in seiner stolzen Haltung. Sie dachte immer noch darüber nach, als er sich umdrehte.
Heftig sog sie den Atem ein. Die Minnesänger verstummten. Das chaotische Wirbeln um sie herum kam zum Stillstand. Jeder Nerv, jede Faser ihres Seins erzitterte wie unter einem elektrischen Schlag. Ein sinnlicher Schauer durchlief sie von Kopf bis Fuß, und in der Brust spürte sie ein seltsames Ziehen.
Sie hatte die Barden davon singen hören, dass die Liebe einen Menschen wie ein Blitz treffen konnte, doch sie hatte es für romantische Übertreibung gehalten. Nun war sie sich da nicht mehr so sicher.
Er fing ihren Blick auf und hielt ihn fest.
Ein zweiter elektrisierender Schlag folgte rasch auf den ersten. Seine Augen waren nicht von dieser Welt – ein klares Kobaltblau, das in den Himmel gehörte. Der Kontrast zwischen dem dunklen ebenholzfarbenen Haar, das ihm in weichen Wellen bis zum Kinn hinunterfiel, reichte aus, um ihr Herz das Schlagen vergessen zu lassen.
Gut aussehend schien nicht annähernd auszureichen, um ihn zu beschreiben.
Fragend zog er eine Augenbraue hoch, und ihr wurde errötend bewusst, dass sie ihn anstarrte. Doch sie konnte den Blick einfach nicht von ihm abwenden.
Ganz offensichtlich amüsiert über ihren Mangel an mädchenhafter Sittsamkeit erschien die schwache Andeutung eines Lächelns auf einem Gesicht, das diesen Ausdruck ansonsten nicht gewohnt zu sein schien, wodurch sich in seiner linken Wange ein tiefes Grübchen zeigte. Zu so einem ernsten Gesicht bildete es einen bezaubernden Gegensatz, und Jeannies Herz stolperte noch etwas heftiger.
Er wandte den Blick wieder zurück zu dem Mann an seiner Seite, der etwas zu ihm gesagt hatte, und unterbrach die Verbindung zwischen ihnen.
»Wer ist dieser Mann dort drüben?«, fragte sie Elizabeth. Bevor die andere Frau antworten konnte, erkannte Jeannie den Mann neben ihm und fügte hinzu: »Der neben dem Earl of Argyll steht.«
Elizabeth folgte der Richtung ihres Blicks und stieß einen verträumten Seufzer aus. »Sein Cousin, Duncan Campbell. Ist er nicht hinreißend?«
»Argylls Cousin?«, antwortete Jeannie, wobei sie ihr Interesse ganz offensichtlich nicht so gut verbarg, wie sie sollte, denn Elizabeth Ramsays Augen funkelten schelmisch. »Komm besser nicht auf dumme Gedanken. Nun, zumindest auf keine dauerhaften.« Sie kicherte. »Gegen einen kleinen Ritt auf diesem Hengst hätte ich selber auch nichts einzuwenden.« Bei diesen groben Worten riss Jeannie die Augen auf, doch Elizabeth bemerkte es gar nicht. Sie starrte immer noch hungrig auf den Mann, den sie Duncan genannt hatte. »Er ist der uneheliche Sohn des Campbells of Auchinbreck.«
Enttäuschung flackerte in Jeannie auf. Elizabeths Worte waren zwar derb, doch sie hatte recht. Ein Bastard – sogar der eines so mächtigen Mannes wie des Campbells of Auchinbreck – war keine geeignete Partie für die Tochter des Grants of Freuchie.
Die Entdeckung, dass er ein Bastard war, sollte sie eigentlich entmutigen, doch er hatte irgendetwas an sich. Etwas, was über die Umstände seiner Geburt hinausging. Den Ausdruck von Autorität und die unverkennbare Aura eines Mannes, der wusste, was er wert war.
»Dort ist sie«, flüsterte die Frau neben ihr, nicht in der Lage, ihre Schadenfreude zu verbergen.
»Wer?«, fragte Jeannie abwesend, immer noch auf Duncan Campbell konzentriert.
»Die, von der ich dir erzählt habe«, antwortete Elizabeth mit einem gequälten Augenrollen. »Lady Catherine Murray. Lady Annes Schwester.« Lady Anne war die Hofdame, die in Schande vom Königshof fortgeschickt worden war. »Ich kann nicht glauben, dass sie nicht zusammen mit ihrer Schwester gegangen ist.«
Jeannie runzelte die Augenbrauen. »Warum denn? Das Mädchen hat doch nichts falsch gemacht.«
Elizabeth starrte sie an, als könnte sie nicht glauben, dass jemand so begriffsstutzig sein konnte. »Aber ihre Schwester, und dadurch ist ihr Ruf ebenfalls beschmutzt. So was liegt im Blut, weißt du?«
Jeannie presste die Lippen zu einem harten Strich zusammen und errötend erkannte Elizabeth ihren Fehler.
»Natürlich meinte ich damit nicht …«
Mich. Über Jeannie mochte zwar im Augenblick nicht geklatscht werden, doch es war deutlich, dass der Fehltritt ihrer Mutter nicht vergessen war. Und ebenso wenig hatte
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