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Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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vielleicht entstanden.«
    Will schleuderte den Inhalt seines Bechers, den er noch gar nicht angerührt hatte, auf den Grünstreifen und ging zu seinem Wagen zurück.
    »Will, um Gottes willen   …«
    Mit der Hand am Türgriff hielt er inne: Seine Brust fühlte sich beim Atmen schwer an und er konnte das beschleunigte Schlagen seines Herzens spüren.
    Helen hielt den Mund. Will noch stärker zuzusetzen würdeihn nur weiter in die Defensive drängen. Sie nahm einen letzten Zug aus ihrer Zigarette und drückte sie aus. »Das Treffen mit Duncan ist um zehn?«
    »Viertel vor.«
    »Dann sollten wir fahren.«
     
    Das Büro des Beauftragten für Zigeuner und Landfahrer war ein Container hinter dem Hauptgebäude des Polizeihauptquartiers. Hatte sich etwa jemand einen kleinen Witz erlaubt?
    »Es ist nur vorübergehend«, sagte Duncan Strand, als er heraustrat, um sie zu begrüßen. Sein dünnes Haar hing zu lang über den Kragen, und in seinen verblichenen Kordhosen und der grauen Strickjacke über einem karierten Hemd konnte er selbst für einen Zigeuner durchgehen. Was höchstwahrscheinlich auch Sinn und Zweck war.
    »Wie lange sind Sie schon hier draußen?«, fragte Helen.
    »Fast drei Jahre.«
    Es gab gewisse Vorteile. An manchen Tagen konnten Strand und sein Assistent die Türen und Fenster geschlossen halten und mithilfe von zwei kleinen ölbetriebenen Heizkörpern einen angenehmen Mief entstehen lassen; Tee und Kaffee konnten sie machen, wann immer sie Lust darauf hatten; wenn sie wollten, konnten sie auch die Stecker ihrer Telefone herausziehen und den Rest der Welt an sich vorbeiziehen lassen, ohne dass es allzu viele Leute mitkriegten.
    An den Wänden hingen detaillierte Karten der Grafschaft und ihrer Grenzen, auf denen die von Landfahrern benutzten Plätze und auch die üblichen Muster ihrer Fahrten markiert waren. Es gab von den Gemeindeverwaltungen ausgewiesene Plätze und andere, inoffizielle, die immer wieder frequentiert wurden.
    »Seit Sie angerufen haben«, sagte Strand, »habe ich herumgefragt,wegen Roberts, wie Sie gerne wollten. Es ist schwierig, genaue Informationen zu erhalten. Ein paar Leute geben widerwillig zu, dass sie ihn kennen, aber mehr nicht.«
    Will sah auf die Karten. Einer der inoffiziellen Plätze war der bei Littleport, wo Martina Jones’ Großvater Samuel und der Rest der Großfamilie damals ihr Lager aufgeschlagen hatten, nur ein paar Felder von Mitchell Roberts’ Tankstelle in Rack Fen entfernt.
    »Und Jones«, sagte Will, »gibt es Kontakt zwischen ihm und Roberts? Wissen Sie da etwas?«
    »Samuel Llewelyn? Es war doch Roberts, der seine Enkelin missbraucht hat, oder nicht?«
    »Ja. Er ist auch dafür verurteilt worden.«
    »Und Sie glauben, dass sich Jones nach all dem mit ihm anfreunden würde? Das Mädchen ist vielleicht immer noch da.«
    »Wer weiß?«
    »Ein ganz altmodischer Patriarch, das ist Samuel. Der ist gern Herr im Haus. Keiner, der so leicht vergeben würde, hätte ich gedacht.«
    Will sah wieder auf die Karte. Jones und seine Sippe legten zuweilen recht große Entfernungen zurück, sowohl im Norden als auch im Süden über die Grenzen der Grafschaft hinaus. Im Geiste legte Will die Schauplätze der Verbrechen darüber, mit denen Roberts eventuell zu tun hatte: Ely, Wisbech und Peterborough.
    »Wissen Sie, wo Jones jetzt ist?«
    Strand setzte sich an einen der Computer. »Unsere letzte Information besagt, dass er wieder in der Gegend von Peterborough ist, nördlich von Flag Fen.« Er ging zur Karte hinüber. »Hier, neben der B1040.«
    »Und wann war das?«
    »Vor ein paar Wochen.«
    »Also könnte er noch da sein?«
    »Oder wieder weg.«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir hinfahren?«, sagte Will. »Uns das mal ansehen?«
    Strand machte eine aufmunternde Geste. »Nur zu!«
     
    Das Lager war größer als früher: sieben unterschiedlich heruntergekommene Wohnwagen, zwei nicht mehr neue Wohnmobile und ein Tieflader. Die übliche Ansammlung von barfüßigen Kindern, räudigen Hunden und halbwilden Katzen, dazu Erwachsene, die aus dem Blickfeld verschwanden, sobald Will und Helen auftauchten. Ein Junge mit knochigem Gesicht und großen Augen, acht oder neun Jahre alt, hockte an einem schwelenden Feuer und versuchte, einen aufgespießten kleinen Fisch zu braten, den er mit einem Angelhaken aus dem Bach geholt hatte, der am Rand des Feldes dahinplätscherte.
    »Verpisst euch, Bullen«, sagte er leise, als sie vorbeigingen.
    »Schnelle Auffassungsgabe«, bemerkte

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