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Schrei Aus Der Ferne

Schrei Aus Der Ferne

Titel: Schrei Aus Der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
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Will.
    »Es ist diese Ausstrahlung von Autorität«, sagte Helen. »Die erkennt man überall.«
    »Na«, dröhnte eine Stimme hinter ihnen, »wenn das nicht Detective Inspector Grayson ist, wie er leibt und lebt.«
    »Siehst du«, sagte Helen.
    Jones trug eine geflickte Jacke und dicke Moleskin-Hosen, er hatte ein Tuch um den Hals geschlungen und stützte sich auf seinen Stock. Sein langes silbernes Haar war zurückgebunden.
    »Ich würde gerne sagen, dass es mir ein Vergnügen ist, aber das wäre gelogen. Die Polizei bedeutet in der Regel nichts als Ärger. Sie legt uns rein, wie sie nur kann. Aus purem Neid. Auf unsere Freiheit. Ein Leben ohne Regeln. Ausgenommen natürlich meine Regeln.« Grinsend wedelteer mit seinem Stock. »Sie sind aber wahrscheinlich nicht gekommen, um eine Vorladung zuzustellen? Einen Bescheid, dass wir weiterziehen müssen? Sie sind viel zu wichtig für so etwas. Es handelt sich also um etwas ganz anderes. Außer natürlich, Sie sind hier, um die junge Dame zu begleiten. Als ihr Beschützer.«
    Er machte eine spöttische Verbeugung in Helens Richtung.
    »An dem Tag, an dem ich Schutz vor Leuten wie Ihnen brauche«, sagte sie, »kündige ich.«
    Als er lachte, zeigte Jones einen Mund voller unregelmäßiger Zähne, von denen einige mit matt gewordenem Gold überkront waren. »Gut gesagt. Auch wenn wir beide wissen, dass es nicht ganz der Wahrheit entspricht.«
    Ein Hund bellte und zeigte seine Schnauze in der Wohnwagentür hinter Jones, und er brachte ihn durch einen Zuruf zum Schweigen. »Verdammtes Viech! Ich hätte ihn schon vor Jahren einschläfern lassen sollen.«
    »Lebt Ihre Enkelin noch bei Ihnen«, sagte Will.
    »Martina? Nein, Gott sei’s gedankt. Die ist mit ihrer armen unzurechnungsfähigen Mutter nach Aberdeen gezogen, einem irren Schotten hinterher, der auf den Bohrinseln arbeitet. Bin nicht traurig, dass ich sie los bin. War den Ärger nicht wert, den sie gemacht hat.«
    »Ihr eigenes Fleisch und Blut?«
    Jones lachte lauter als vorher. »Wenn ich all mein Fleisch und Blut, wie Sie das nennen, unter meine Fittiche nehmen würde, brauchte ich dreimal so viele Wohnwagen und noch mehr.«
    »Wie hat sie sich erholt?«, fragte Will. »Nach dem, was passiert ist.«
    »Wunden heilen.«
    »Manche«, sagte Helen. »Andere nie.«
    »Glauben Sie doch, was Sie wollen«, knurrte Jones.
    »Mitchell Roberts«, sagte Will.
    »Was ist mit ihm?«
    »Mir war gar nicht klar, dass Sie sich kannten. Es wurde im Prozess nie erwähnt.«
    »Wie meinen Sie das? Kennen?«
    »Gut genug, um ihn aufzunehmen, ihm ein Bett zu geben, ein Dach über dem Kopf.«
    »Glauben Sie wirklich, dass ich das tun würde? Nach allem, was er ihr angetan hat?« Er hustete Schleim aus und spuckte ihn auf den Boden. »Sollte er hier aufkreuzen, würde ich ihm eine Tracht Prügel verpassen, die er nie vergisst.«
    »Aber so war es nicht immer, habe ich recht?«
    »Was?«
    »Sie kannten ihn schon früher.«
    Jones’ Gesichtsausdruck änderte sich, für einen winzigen Moment wurde der Anflug eines Zweifels deutlich.
    »Sie kannten seine Vorlieben, seine kleinen Sünden.«
    »Und wenn es so wäre?«
    »Hängt davon ab, bis zu welchem Grad diese Neigungen geteilt wurden.«
    »Nicht von mir.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Martina war keine Jungfrau, als Roberts sich über sie hermachte   …«
    Jones holte heftig mit seinem Stock aus und knallte ihn an die Seite des Wohnwagens, was den Hund wieder zum Bellen brachte. »Sie verschwinden von meinem Land, alle beide   …«
    »Ihr Land?«
    »Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen, jetzt und bis in alle Zukunft. Verstehen Sie mich? Verstanden?«
    Er drehte sich um und riss die Wohnwagentür auf, und als er das tat, sprang ein Collie heraus und bellte weiter.
    »Ezra!«, rief Jones an der Tür. »Setz deinen Hintern in Bewegung und komm wieder rein!«
    Sofort hörte Will Janines Stimme, die trotz der inzwischen vergangenen Jahre gezittert hatte, als sie erzählte, was an dem Tag ihrer Freilassung passiert war, in den Momenten, bevor sie grob in einen Transporter verfrachtet wurde.
Der Hund war da. Ezra

dann schob er seine Schnauze an meine Beine, aber der Mann scheuchte ihn weg
. Der Hund, jetzt alt und langsam, war vor dreizehn Jahren ein Welpe gewesen. Es war durchaus möglich. 1995.   Wo war Samuel Jones im Sommer ’95 gewesen?
    Der Patriarch stand trotzig auf den Stufen vor seinem Wohnwagen, während sich hinter Will und Helen einige Männer ermutigt fühlten und langsam

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