Schrei in Flammen
Auftritt, den alle mitbekommen hatten, überrascht. »Du bist mal wieder entschieden zu weit gegangen. Und das weißt du ganz genau.«
Im gleichen Moment kam Bent Melby zur Tür herein. »Entschuldigt die Verspätung, sollen wir anfangen?« Er wunderte sich über die Stille im Raum und blickte ein paarmal fragend von Jens zu Bistrup. »Gibt es etwas, das ich wissen sollte?«, fragte er, als er die knisternde Spannung zwischen den beiden bemerkte.
»In der Zeitung steht heute ein interessanter Artikel über den Sinn und Unsinn von Profilern für die Polizeiarbeit. Eine englische Studie zeigt, dass sie eher schaden als nützen«, sagte Bistrup und genoss den Augenblick in vollen Zügen. Nur schade, dass Kragh nicht auch anwesend war, dann wäre der Augenblick perfekt gewesen.
»Ach? Profiler schaden der Polizeiarbeit?«, sagte Melby.
»Ja, es gibt zahlreiche Beispiele, bei denen Profiler die Ermittlungen in eine komplett falsche Richtung gelenkt haben, so dass heiße Spuren erkaltet sind und am Ende vollkommen Unschuldige angeklagt wurden.«
»Tja, und als Dezernatsleiter kann man dann vermutlich auch nur noch zu Kreuze kriechen, oder?«, sagte Melby und schob seinen Brustkorb vor.
»Hört selbst«, fuhr Bistrup unbeeindruckt fort und las vor: »
In England häuft sich die Kritik an der Arbeit der Polizeipsychologen, die sogenannte Täterprofile erarbeiten sollen. Eine gerade veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Profiling im besten Fall nutzlos, häufig aber geradezu schädlich für die Ermittlungen ist. Die dänische Polizei hat erst Anfang des Jahres eine Profilerin eingestellt. ›In der modernen Polizeiarbeit sollte man offen sein für jede Unterstützung, die man von anderen Fachgebieten bekommen kann‹, äußert sich Dezernatsleiter Per Kragh …
So weit die Zeitung. Ich habe unsere verehrte Psychologin bloß gefragt, was sie von dem Artikel hält, worauf sie mich gleich verbal attackiert hat. Was alle hier bezeugen können.« Er sah sich auf der Suche nach Unterstützung um, aber nur einige wenige nickten. Die meisten verhielten sich neutral.
»Du hast nicht einfach gefragt«, sagte Jens und musste sich zusammenreißen, um nicht aufzuspringen und sich ihn zur Brust zu nehmen. »Du hast sie provoziert. Und ihre Wut ist dadurch zu erklären, dass das Fass allmählich voll ist. Du hast sie von ihrem ersten Tag an nur schikaniert.«
»Also, ich denke, wir sollten jetzt zu dem Thema kommen, wegen dem wir uns hier versammelt haben«, sagte Bent Melby ungeduldig. »Alles andere besprechen wir später. Wo ist Kragh?«
»Der ist den ganzen Tag auf einer Konferenz«, sagte Bistrup.
»Gut, dann beginnen wir. Asger Dahl? Torsten, wie weit sind wir mit der Beweisführung?«
»Tja«, sagte Bistrup selbstzufrieden. »Die Durchsicht der Rechnungen und Belege der Kinderschutzorganisation, bei der er arbeitet, hat ergeben, dass 80000 Kronen von seinem Repräsentationskonto fehlen, für die er keine Belege hat. Er behauptet, dieses Geld sei für Sitzungen und Konferenzen in irgendwelchen Entwicklungsländern aufgewendet worden, in denen Papier noch ein Fremdwort ist, weshalb er diese Ausgaben nicht nachweisen kann.«
»Vielleicht hat er mit dem Geld ja seine Bordellbesuche finanziert?«, mutmaßte Melby.
»Das ist gut denkbar«, sagte Torsten und fuhr fort: »Die Kriminaltechnik ist noch immer dabei, die Laken zu sortieren und Proben zu nehmen. Die Suche nach den ausländischen Kunden, die Maja angeblich gehabt haben soll, ist ergebnislos geblieben. Ihre Computer, Telefone und Kreditkarten sind untersucht worden, aber da deutet nichts auf einen Auslandsaufenthalt hin. Es gibt weder SMS noch Anrufe oder finanzielle Transaktionen aus dem Ausland. Die müssen die Treffen von Mal zu Mal mündlich vereinbart haben, wenn die ganze Geschichte nicht erstunken und erlogen ist.«
»Merkwürdig«, sagte Melby. »Kann es sein, dass sie mit der Geschichte was vertuschen wollte? Was kann sie gemacht haben, um an so viel Geld zu kommen?«
»Jeder Vorschlag ist willkommen«, sagte Jens und spürte, dass er innerlich noch immer vor Wut auf Torsten schäumte. »Was die Spur des Geldes angeht, sind wir nicht weitergekommen. Es ist, wie ihr alle wisst, nicht ganz leicht, den Weg von Geldscheinen zu verfolgen.«
Es war still an den Tischen.
»Gute Arbeit, Torsten« sagte Melby. »Wir haben noch eine Woche bis zum nächsten Haftprüfungstermin. Aber bei dem hier zusammengetragenen Material ist der Typ ja wohl kaum als
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