Schrei in Flammen
anlegt. Ich kann mich nicht mehr erinnern, in welchem Zusammenhang ich das gehört habe. Das ist aber auch egal. Ich habe kein Geld. Keine Ersparnisse. Habe immer alles ausgegeben. Es ist mir durch die Finger geronnen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Aber ich weiß, dass ich so nicht weitermachen kann, wenn sie mich im Stich lässt. Männer sind Schweine. Sie dürfen nur, wenn Sasja die Macht hat. Ihr Geld soll meine Freiheit bezahlen … wo niemand jemals wieder etwas von mir verlangen kann. Niemand wird mehr über meine Türschwelle kommen. Kein Geruch, den ich nicht freiwillig einatmen will, soll in meine Nasenlöcher steigen. Niemand wird mehr meinen Körper einnehmen. Mich berühren. Niemand.
Und wenn es so weit ist – wird Sasja sterben.
Katrine Wraa ging mit schweren Schritten die Treppe zum Präsidium hoch. Ihr Kopf dröhnte vor Müdigkeit. Sie war bis zum Rand voll mit Gefühlen und Sorgen, und das Gespräch mit Fiona klang noch immer in ihr nach. Sie war früh aufgestanden und laufen gegangen, aber heute hatte der Sport nicht die gewohnte erlösende Wirkung gehabt. In den letzten Tagen hatte sie keine Zeit für ihr Training gehabt, was sie unruhig und noch gereizter machte.
Als sie in ihr Büro kam, saß Jens bereits an seinem Schreibtisch. Es kam ihr vor, als wäre es Wochen her, dass sie zuletzt hier gewesen war, und nicht erst am Dienstag.
Sein Gesicht hellte sich auf, als er sie sah, bekam dann aber gleich einen fragenden, besorgten Ausdruck. »Wie war es?«, wollte er wissen, stand auf und kam zu ihr.
Es sah aus, als wollte er seine Arme um sie legen. Die Tür stand offen, und draußen liefen Kollegen vorbei. Sie wich ihm aus und setzte sich auf ihren Stuhl. Er blieb etwas verunsichert mitten im Raum stehen, ging dann aber schnell wieder zu seinem Schreibtisch und sah sie an.
»So einigermaßen«, sagte sie und spürte, dass sie sich über ihn ärgerte. Hatte er wirklich vorgehabt, sie mitten im Büro zu umarmen? Was dachte er sich nur dabei? »Es geht ihm den Umständen entsprechend.«
Jens nickte. Sein Gesicht drückte Verständnis aus, aber auch, dass sie seine Gefühle verletzt hatte. »Gut zu hören«, sagte er. »Lass uns nachher noch einmal darüber reden. Ich muss jetzt zu einer Besprechung. Wir sehen uns dann.«
Sie nickte und sah ihn durch die Tür verschwinden. Eine Besprechung über Maja. Scheiße!, dachte sie. Genau aus diesen Gründen hätte sie alles nur Erdenkliche tun müssen, sich nicht mit einem Kollegen einzulassen. So etwas war einfach zu kompliziert und führte nur zu Chaos und Konflikten. Außerdem stand es ihrer Arbeit im Weg.
Sie ging auf den Flur, um sich eine Tasse Kaffee zu holen, und stieß beinahe mit Torsten Bistrup zusammen, der mit langen Schritten der gleichen Besprechung wie Jens entgegenstrebte.
»Na«, sagte er lächelnd und wedelte mit einer Zeitung herum. »Ganz schöner Mist, dass einer just diese Geschichte aufgegriffen hat, was?«
»Der Preis moderner Zeiten«, sagte Katrine kurz angebunden und wollte weitergehen.
»Eine wirklich vernichtende Kritik Ihrer Arbeit«, sagte er.
»Davon abgesehen, dass sich in dem englischen Artikel niemand die Mühe gemacht hat, die Grundlagen für diese Studie zu hinterfragen. Und die dänische Presse hat darauf auch kein Gewicht gelegt«, antwortete Katrine erzürnt.
»Na ja, ganz falsch kann diese Veröffentlichung ja kaum sein. Kein Rauch ohne Feuer …«
»Wissen Sie, was Sie mit diesem Artikel machen können?«, sagte sie und spürte, wie ihre Selbstbeherrschung in sich zusammenfiel. »Kopieren Sie den tollen Text doch am besten fünfzigmal und verteilen ihn überall im Präsidium. Und wenn Sie damit fertig sind, kontaktieren Sie das Fernsehen und bieten ihnen ein Insiderinterview an. Dann können Sie sich endlich mal richtig darüber auslassen, wie schrecklich Sie mich finden. Sollen doch die Leute entscheiden, wer hier inkompetent ist. Vielleicht lassen Sie mich danach ja endlich in Frieden!« Sie stürmte an ihm vorbei in die Küche, nahm sich eine Tasse Kaffee, lief an der nun geschlossenen Tür des Sitzungszimmers vorbei zurück in ihr Büro und setzte sich.
Verdammt! Sie war völlig am Ende.
*
»Habt ihr das gehört?«, fragte Torsten Bistrup entgeistert die zehn Personen, die im Sitzungsraum warteten. »Ein bisschen Kritik, und schon stürzt sie sich auf einen? Ich finde das unerhört! Absolut unerhört!«
»Aber du hast sie doch provoziert«, konterte Jens wütend. Auch ihn hatte ihr
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