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Schroders Schweigen

Schroders Schweigen

Titel: Schroders Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amity Gaige
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dabei war, ihr neues Eimerchen mit Sand zu füllen. Die Mitbringsel aus Swanton hatten Meadow überzeugt. Außerdem hatte sie mit in Aprils Hütte gedurft, wo sie mit irgendeinem schweren Duft eingesprüht worden war, den ich trotz Appretur noch immer wahrnehmen konnte. Ich sage es nur ungern: Es war ein schönes Gefühl – verführerisch schön –, wieder zu dritt zu sein. Eine Frau im Haus zu haben.
    »Sie haben Glück, dass wir uns über den Weg gelaufen sind, wissen Sie das«, sagte April. »Ich bin nämlich eigentlich eine Berühmtheit.«
    Ich grinste und nahm einen Schluck von meiner Pepsi Light. »Quatsch.«
    »Doch. Sagt Ihnen mein Name denn gar nichts?«
    »Nein, nichts.«
    »April Almond.«
    »Nie gehört.«
    Sie setzte den Deckel wieder auf den Grill. »April A.?«
    »Bin ich überfragt.«
    Sie beugte sich vor. »Kennen Sie nicht das Lied von den Minor Miracles? ›Oh yeah / Spring again, cares are gone away-hay. Hey now / Like a flower / Here comes April A.‹« Sie trat zurück und deutete mit der Grillzange auf ihre Brust. »Das bin ich.«
    »Ist nicht wahr.« Unaufgefordert fiel mir der Rest des Liedes ein, ein B-Seiten-Hit, den ich in meinen formbaren ersten Jahren im Englischen auswendig gelernt hatte. »›Ayyyy-pril Ayyyy‹«, sang ich, »›Whose-a-gonna be your lover next time …‹ Wow. Wann war das? 1983? 84?«
    »1981 war es drei Wochen in den amerikanischen Top Forty.«
    Sie drehte sich um und ließ sich in einem der Plastikstühle nieder, die wir an den Grill herangezogen hatten.
    »Dann erzählen Sie doch mal«, sagte ich. »Wie haben Sie das hingekriegt mit dem Lied über Sie?«
    »Ich war neunzehn«, sagte sie. »Ist ’ne lange Geschichte.«
    Hastig überschlug ich im Kopf, dass sie Ende vierzig sein musste. In Wirklichkeit sah sie älter aus. Gegelte Locken hingen ihr über den Rücken. Die Haare selbst waren hauptsächlich blond, aber mit roten und braunen Strähnen, was ihnen eine Art Camouflageeffekt verlieh. Ihr Gesicht war dreieckig, mit breiten Wangen und einer ausdrucksstarken Kinnpartie, und das Ganze unter einer sorgenfreien Stirn. Sie wirkte tatsächlich wie jemand, der in seinem Leben jede Menge Spaß gehabt hatte. Der einen zu einem Rocksong hätte inspirieren können. Selbst wie sie dasaß, einen leicht sonnenverbrannten Schenkel über den anderen geschlagen, die Füße in Gladiatorensandalen, war es schwer, nicht hinzuschauen. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt eine Jeansshorts, die so kurz war, dass die weißen Quadrate der Innentaschen unter dem ausgefransten Saum hervorschauten. Ihr kurzer, üppiger Oberkörper war in eine Hemdbluse gehüllt. Sie hatte schöne, jugendliche Beine. Es waren ihre Beine, beschloss ich, die die Minor Miracles inspiriert haben mussten. Widerwillig wandte ich den Blick von ihnen ab. Aber sie hatte mich schon beim Gucken ertappt.
    »Los, wir machen uns einen Drink«, sagte sie lächelnd.
    Sie kam mit zwei leeren Marmeladengläsern zurück, darin eine leuchtend grüngelbe Flüssigkeit.
    »Wodka Mountain Dew«, sagte sie.
    Ihre Aussprache von »Wodka« kam mir bekannt vor. »Sie sind gar nicht aus Los Angeles, stimmt’s?«
    »Hab ich auch nie behauptet. Geboren und aufgewachsen in Plattsburgh.«
    »Sag bloß. Da kommen wir gerade her. Was hat es mit diesem Plattsburgh auf sich? Warum wohnen die Leute alle in Kasernen?«
    »Das«, sagte sie und prostete mir mit ihrem leuchtend grünen Drink zu, »sind die Überreste des Militärstützpunkts Plattsburgh. Der Stützpunkt wurde in den Achtzigern geschlossen, und ich denke, sie haben sich gesagt, die Kasernen, die lassen wir. Hereinspaziert ins Fertig-Ghetto. Schmeckt’s denn?«
    »Es ist sehr – es kommt mir sehr entgegen.«
    »Häh? Schmeckt’s Ihnen jetzt oder nicht?«
    »Ja.« Ich nahm einen bitteren Schluck. »Haben Sie noch ein bisschen was da, für meine Tochter? Ich meine, ohne Wodka. Sie liebt Mountain Dew, warum auch immer. Ihre Mutter würde tot umfallen. Sie ist ein Gesundheitsapostel.«
    »Na klar.« April verschwand in der Hütte und kam mit einem Glas zurück. Sie ging ein paar Meter den Kiesweg hinunter und rief mit ihrer rauchigen Stimme: »Hey, Chrissy ! «
    Natürlich reagierte Meadow nicht. Sie hockte über ihrem Eimerchen und hatte uns den Rücken zugewandt. Aus unserer Perspektive sah sie aus wie zwei Knie und eine Wirbelsäule.
    »Hase«, rief ich. »Willst du ein Glas Mountain Dew zum Essen?«
    »Klar!« Meadow drehte sich nicht um. »Ich hab einen Frosch

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