Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
bezahlen dich dafür, als würdest du den ganzen Tag bei uns sein."
"Du weißt, dass es nicht um das Geld geht! Wen ich hinaufführe, den bringe ich auch gesund wieder herunter!"
"Es ehrt dich. Aber wir wollen nicht, dass du bei uns bist. Wir bezahlen doppelt!"
Der Führer zögerte, dann streckte er die Hand aus. "Einverstanden!"
Nach dem Zuschlag verließ er die drei. Diese Leute gefielen ihm nicht. Sie versperrten sich der Seele des Strombolis, und doch wollten sie hinauf. Er empfand sie als Eindringlinge. Aber er wurde gut entlohnt.
*
Am nächsten Morgen tauchte die Sonne aus dem Meer auf, als würde am Horizont ein Feuer brennen. Schröder war früh aufgestanden und genoss dieses Schauspiel in vollen Zügen. Er dachte daran, dass die Sonne nichts anderes als ein Fusionsreaktor von unfassbarem Ausmaß war, gigantische Mengen von Wasserstoff, die zu Helium verschmolzen und ihre Energie in Form von Strahlen an das Weltall abgaben. Auf der Erde hatten diese Strahlen vor einigen Milliarden von Jahren die richtige Temperaturspanne erzeugt, so dass sich die ersten Aminosäuren hatten bilden können, der Startschuss für alles Lebendige.
Jetzt war er allein an diesem schwarzen Strand und hatte die Sonne vor Augen. Er erinnerte sich wieder an das Schreckliche, das ihn vor einigen Wochen ereilt hatte. Seine Seele war wie ein Segel zerrissen, das jemand im Sturm vergessen hatte einzuholen. Er war steuerlos umhergetrieben und hatte nichts dagegen unternehmen können. Mit einem Mal hatte er sich wie ein Wrack gefühlt, das zu sinken begonnen hatte.
All diese schönen Jahre mit Barbara! Dann hatten sie oft gestritten. Schließlich war jemand gekommen, der sie für sich gewinnen konnte. Eigentlich war es Schröders gekränkte Eitelkeit gewesen. Aber das alles hatte ihn schneller aus der Bahn geworfen, als dass er selbst seinen Sturzflug ins Bodenlose hätte korrigieren können. Jeder Gedanke an sie war Schmerz, jede Erinnerung eine Tortur gewesen. Heute wusste er, dass weder Barbara noch ihn Schuld traf. Sie hatten ganz einfach nicht mehr zusammengepasst. Der Gedanke an Barbara tat ihm zum ersten Mal seit langem nicht mehr weh. Er stand am Strand und empfand leises Glück. Er spürte, dass dieses Glück aus ihm selbst heraus kam, getragen von dieser Insel, er hatte es endlich geschafft. Schröder sah sich um und blickte hinauf zum Gipfel: Stromboli, eine Insel, ein Berg, ein Vulkan, um den seit Menschengedenken Geschichten erdacht worden waren, um ihm den Hauch der Göttlichkeit zu geben.
"Auf seiner Irrfahrt ist Odysseus auf Stromboli gelandet", sagte Lasky, der plötzlich hinter ihm stand. "Äolus, der Gott der Winde, hat ihm einen Sack geschenkt. In dem waren die widrigen Stürme gefangen, damit sie Odysseus nicht in alle vier Himmelsrichtungen auf dem Meer ziellos vor sich hertreiben konnten. Blöderweise waren die Freunde von Odysseus zu neugierig".
"Was haben sie gemacht?"
"Den Sack aufgerissen. Der Rest der Odyssee ist bekannt."
"Ja, er irrte jahrelang auf den Meeren umher."
"Die Griechen haben geglaubt, der Wind käme aus dem glühenden Schlund des Strombolis. Weil der Vulkan seine Bewohner wissen ließ, wohin er den Wind schicken würde, indem er seine Rauchfahne in jene Richtung reckte; so ließ er die Seefahrer verlässliche Wetterprognosen aufstellen. Und nachts wies der Berg ihnen den Weg, indem er sein glutrotes Feuer in den schwarzen Himmel spuckte. Sie nannten ihn deshalb auch den göttlichen Berg."
"Eine schöne Geschichte", sagte Schröder. "Und sie ist gut ausgegangen."
"So, und jetzt komm frühstücken", sagte Lasky und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
Schröder richtete seinen Blick auf den schwarzen Lavastrand und auf die Klippen von erstarrtem Basalt, die allseits herausragten: bizarre Figuren, wie sie entstanden waren, wenn sie als Kinder heißes Blei in kaltes Wasser gegossen hatten. "Irgendwie finde ich keine Worte für all das hier! Es ist wunderschön. Aber du musst das ja alles schon kennen!"
Sie gingen zurück zu ihrem Nachtlager.
"Ich habe diesen Strand schon oft gesehen, mich gesonnt, abends Feuer gemacht, dort gefeiert, aber kennen? Er sieht in jedem Jahr anders aus. Du hast den Strand erkundet, du kennst die Insel zurzeit besser als ich", meinte Lasky. Er rührte im Kaffee, den er so aufgegossen hatte, wie seine Mutter es getan hatte, bevor es Kaffeemaschinen gab, ohne Filter. Der Kaffee schmeckte dadurch stärker und aromatischer. Er schenkte Schröder einen Becher
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