Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
Sturm ist man ganz froh, einen Schutz zu haben. Von dort aus hat man immer noch einen Logenplatz. Komm!"
Über die Jahre hatten Besucher auf dem Gipfel des Bergs kleine Mauerringe errichtet, die sie gegen Wind und Wetter schützen sollten, aber nur den psychologischen Effekt erzielten, gegen das herausgeschleuderte Magma sicher zu sein.
Schröder legte seinen Rucksack hinter den Steinwall. Als er hoch sah, erkannte er unter den zahlreichen Menschen, die sich am Gipfelplateau aufhielten, zwei Gestalten: der Athlet und seine schöne Begleiterin. Die Frau hielt ein Fernglas in der Hand. Beide schauten in die Richtung des Kraters.
In diesem Moment setzte ein Rumoren ein, das zu tosendem Lärm wurde. Eine Wolke aus Rauch und Schwefel und schließlich glühende Magmafetzen wurden nach oben geschleudert. Es brodelte im Bauch des Berges. Fotoapparate klickten und offene Mäuler verzerrten Gesichter zu Grimassen.
"Viel los heute", stellte Lasky fest. "Mehr Leute, als ich je hier gesehen habe. Aber die bleiben alle nicht über Nacht. Das machen im Frühjahr nur selten welche. Die meisten pinkeln sich bei diesem Gedanken ins Hemd", lachte er. "Komm, ich zeige dir den Abstiegsweg. Er wird dir Spaß machen. Es ist ein Aschenfeld, die Rina Grande. Da kann man runterspringen. Ein Satz, und du bist zehn Meter weiter, fast so schön wie Skifahren!"
Sie gingen zur Ostseite des Berges an den Lavaskulpturen und Türmen der Serra i Vàncori vorbei, deren Wände einen ehemaligen Krater freigelegt hatten. Schließlich standen sie an der Rina Grande, die steil nach unten wies und mit Unterbrechungen direkt zum Meer führte.
"Ungefähr in der Hälfte siehst du Fels, da musst du aufpassen und darfst nicht zu weit gleiten! Im Abstieg gesehen links am Fels vorbei geht der schmale Pfad nach San Vincenzo weiter. Wir wenden uns allerdings dort wieder nach rechts und nehmen die direkte Falllinie zum Wasser. Wenn wir schnell sind, sind wir in fünfzehn Minuten am Strand!"
"Kann ich kaum glauben. Das sind fast tausend Höhenmeter!", warf Schröder ein.
"Ist aber so, du wirst sehen. Wir kommen zwischen Ginostra und San Vincenzo heraus. Die Klamotten werden schwarz vor Staub sein. Dann können wir uns gleich ausziehen und ins Meer springen."
Sie schlenderten zu ihrem Steinwall zurück, ihrer kleinen Burg. In Anbetracht der hier spürbaren Gewalten kam das Bauwerk Schröder grotesk vor. Und doch standen diese gemauerten Lavabrocken aufrecht und fest wie ein Symbol für den Trotz der Menschheit gegen die Naturgewalten.
Allmählich setzte die Dämmerung ein. Die glutrote Sonne war bereits weit am westlichen Horizont gesunken und ließ ihr Spiegelbild auf der ruhigen Wasseroberfläche des Tyrrhenischen Meeres zerfließen. Schröder sah sich um. Der Athlet und seine Begleiterin waren vermutlich abgestiegen.
"Jetzt wird es zunehmend dunkler. Wenn er dann ausbricht, sieht es noch spektakulärer aus!" Lasky fieberte vor Aufregung. "Dann kannst du die Lava glühen sehen. Komm, wir gehen an den Kraterrand. Aber Vorsicht! Vor einigen Jahren soll ein spanischer Kollege von dir da reingefallen sein. Und dann gnade dir Gott. Da gibt es kein Halten mehr!"
"Und du bist sicher, dass man so nahe herankommt?", fragte Schröder skeptisch.
"Ich war schon dort. Er wirft nur immer in eine Richtung, wie du weißt. Vom Rand aus kannst du beinahe direkt in die kochende Brühe sehen." Laskys Hände beschrieben die brodelnden Bewegungen.
Schröder ging zu seinem Rucksack und fingerte nervös an der Deckeltasche. Die Gefühlsstürme seines Freundes hatten ihn angesteckt. Er wühlte hektisch nach seiner Kamera, nahm sie in die Hand, drehte sich zu schnell um und ließ sie fahrig fallen. "Verflucht!", schimpfte er laut. "Frederic, die Linse ist hin!", rief er resigniert.
"Au Mist!", rief Lasky und sah ihn mitleidig an. "Aber du kannst gern meine Kompaktkamera haben. Ich habe schon so viele Bilder von dem Vulkan geschossen, dass ich mein Zimmer damit tapezieren könnte. Sie ist in der Tasche meines Anoraks. Du kannst ihn gleich überziehen. Ich nehme deinen", sagte Lasky und schlüpfte in Schröders rote Jacke, ohne dass der etwas sagen konnte.
Schröder hängte sich seinen Rucksack um die Schultern, Lasky ließ seinen zurück. Sie machten sich auf den Weg. Der Wind blies jetzt heftiger. Lasky zeigte auf die Kapuze und zog sie über. "Schützt auch ein wenig vor kleinen Lavastücken, die eventuell durch die Luft fliegen", rief Lasky und fasste Schröder kurz an die
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