Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
versuchen, den nächsten Zug zu erwischen. Irgendwo, weiter weg von hier, würde er dann telefonieren müssen. Eines war ihm klar: Er konnte vieles allein durchstehen, doch er brauchte jetzt Hilfe von außen. Hilfe von Leuten, auf die er sich mit absoluter Sicherheit verlassen konnte.
Erdbeereis und Salzwasser
Nachdem Ganter das Büro der BUTec verlassen hatte, fuhr er zum Hotel zurück. Er schloss sich in sein Zimmer ein, zog sich aus und nahm eine Dusche. Etwa eine halbe Stunde ließ er das heiße Wasser auf sich niederprasseln. Dann trocknete er sich ab und zog Shorts über. Er trank eine Dose Bier aus der Zimmerbar und legte sich ins Bett.
Am nächsten Morgen brachte er den Leihwagen wieder zurück und nahm sich ein Taxi. Der Fahrer fragte ihn nach dem Fahrziel, und Ganter gab die Adresse der ICCO Aachen an.
"Gerade angekommen in Aachen, wa?", fragte der Fahrer in dem unverwechselbaren Dialekt, der vom Klang her irgendwo zwischen kehligem Gesang und unendlich lang gezogenem Kaugummi anzusiedeln war.
"Ja, ja", antwortete Ganter lustlos. Er durfte sich nicht auffällig verhalten. Weder zu laut, noch zu leise, weder zu mürrisch, noch zu freundlich. Und das fiel ihm schwer, weil ihm der kleine gut gelaunte Mann mit der Lederjacke am Steuer auf die Nerven ging.
"Sie haben Glück. Normalerweise haben wir hier Nieselregen. Aber heute wird es schön bleiben. Geschäftsmann, wa?"
"Geschäftsmann!"
"Öfter hier zu tun?"
"Eher selten!"
"Aha! Dann wollen Sie sich sicher die Stadt ansehen. Da kann ich Ihnen ein paar Tipps geben, ich bin nämlich hier geboren und kenne jeden Winkel unserer Kaiserstadt. Wenn ..."
Ganter winkte ab und fiel ihm ins Wort: "Keine Zeit. Außerdem hab ich die Stadt schon mal bewundert. Ich muss bald wieder abreisen. Vielen Dank für Ihren gut gemeinten Rat."
"Na, dann ..." Der Fahrer verzog sein Gesicht und hob die Schultern.
"Fahren Sie bitte weiter."
Fünf Minuten später waren sie beim ICCO-Werk Aachen. Ganter bezahlte die Fahrt und gab dem Taxifahrer drei Mark Trinkgeld.
"Vielen Dank und noch schönen Aufenthalt!"
Ganter knallte wortlos die Tür zu. Der Mercedes drehte und verschwand. Ganter sah dem Taxi hinterher und stolperte. Er fiel direkt in eine Pfütze. Er fluchte und wusch den Schmutz ab so gut es ging. Aber ein großer Fleck blieb deutlich sichtbar zurück.
Er ging zum Pförtnerhaus und wartete, bis der schwerfällige Mann in dem Glashaus seinen Körper bis zu dem runden Sprechloch bewegt hatte. Der Pförtner war schlecht gelaunt. Mit verbissenem Blick und dem Ausdruck, in seiner Langeweile gestört worden zu sein, fragte er Ganter: "Ja bitte?"
"Ich habe eine Verabredung mit Herrn Leclerq."
Sofort änderte sich der Gesichtsausdruck des Pförtners. Er nahm Haltung an, soweit seine Gestalt so etwas zuließ.
"Sind Sie Herr Schmidt?" Die Frage triefte vor Höflichkeit. Ganter nickte. Der Pförtner langte zum Telefon und wählte eine dreistellige Nummer. Nach kurzem Klingeln hob die Sekretärin Leclerqs ab.
"Da ist Herr Schmidt für den Chef. Herr Leclerq erwartet ihn bereits. ... Ja, gut, ich lasse ihn hinaufbegleiten!"
"Herr Schmidt, ich werde jemand rufen, der Sie ..."
"Nicht nötig, ich kenne den Weg bereits." Ganter ging über den Firmenhof hinüber zu dem mehrstöckigen, mit Granitplatten verkleideten Verwaltungsgebäude, auf dessen Dach in großen Neonlettern ICCO zu lesen war. Er öffnete die Glastür und sah die attraktive blonde Frau hinter der Theke des Informationsstands, der mit großen Grünpflanzen dekoriert war. Die Empfangsdame sah ihn lächelnd an und fragte: "Kann ich etwas für Sie tun?"
"Das weiß ich nicht", grinste Ganter, "Herr Leclerq erwartet mich. Aber ich kenne den Weg."
"Ach ja, ich erinnere mich. Sie waren vor einigen Wochen schon einmal hier."
"Ja, das kommt hin. Sie haben ein gutes Gedächtnis."
Die Frau sah ihn mit einer Mischung aus Verlegenheit und Koketterie an. Antrainiert, dachte Ganter. Er lächelte herb zurück und ging zum Aufzug. Er drückte auf den obersten Knopf des Liftes: Chefetage. Die Türen schlossen sich. Mit merkbarer Beschleunigung setzte sich der Lift in Bewegung. Die senkrecht angeordneten Etagenwahlschalter leuchteten nacheinander auf. Als der letzte blinkte, ertönte eine leise Glocke. Die Fahrt wurde abgebremst. Langsam öffneten sich die Türen. Ganter blickte in einen mit rotem Granit ausgekleideten Vorraum. Die Luft roch hier oben anders. Ganter glaubte das Geld, das in dieser Firma steckte,
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