Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
Terrasse, auf welcher die beiden Mörder Laskys saßen. In dem Moment kam Maria aus ihrem Haus und ging auf Ricardo zu. Sie nahm seine beiden Schultern sanft mit ihren Händen und blickte ihm tief in die Augen.
"Wer ist er?", fragte sie ihren Bruder eindringlich.
"Man hat versucht, ihn zu töten. Seinen Freund, mit dem er hier Urlaub gemacht hat, haben sie erwischt."
"Ja, das hat er mir schon erzählt. Aber wer ist er?"
Ricardo erzählte ihr die gesamte Geschichte aus seiner Sicht. Dann schilderte er ihr, wie sich der Dicke hatte austricksen lassen und mit welcher Entschlossenheit Schröder ihn ausgeschaltet hatte. Er erzählte ihr von Schröders Besonnenheit, die er an den Tag gelegt hatte.
Maria schloss die Augen. "Warum wollen sie ihn umbringen?"
"Ich weiß es nicht, Maria. Ich weiß nur eines: Was er auch getan hat, er hat in ein Wespennest gebohrt. Sie sind hinter ihm her, wer auch immer das ist. Noch sind es nur zwei. Sie sitzen dort hinter mir auf der Terrasse."
"Wo?", fragte Maria erschrocken.
"Na dort hinten", sagte Ricardo und blickte vorsichtig hinüber. Er machte ein überraschtes Gesicht.
"Verflucht, sie sind weg!"
Schnell sah er sich um und erkannte die Frau, wie sie auf der Fähre stand. In diesem Moment trafen sich ihre Blicke. Der Mann sah in eine andere Richtung. Ihm war sofort klar, dass es zu spät war, sich abzuwenden: Diese Frau hatte ihn bereits erkannt. Sein Stolz verbot ihm wegzusehen, und so ließen seine ernsten Augen nicht von der Frau los.
*
Giovanna Grimaldi verharrte und stieß ihren Komplizen an, der neben ihr stand und die Passagiere beäugte. Er wandte sich um und verfolgte den wortlosen Blick seiner Partnerin, bis er Ricardo entdeckte. Er erkannte den Mann am Hafen sofort, der dort neben einer jungen Schönheit stand. Sogleich schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf, dieselbe Ahnung, die seine Begleiterin ebenfalls spürte. Dieser Mann, der sie auf den Vulkan geführt hatte, hatte Schröder geholfen und den Mord beobachtet. Warum, konnten sie beide nicht erklären, aber sie waren sich sicher.
Giaco setzte sich sofort in Richtung Steg in Bewegung, indem er sich an einsteigenden und schimpfenden Fahrgästen vorbeidrängte. Ricardo sah die Gefahr, packte Maria am Arm, rannte los und zerrte sie mit. Sie liefen die enge Gasse hinauf. Erst nach einigen Schritten hatte Maria ihre Lage registriert. Sie flüchteten in einen kleinen Durchgang, der rechts seitlich eines Restaurants die Möglichkeit bot, in Richtung Strand auszuweichen.
Giaco sah die beiden davonlaufen und wusste, dass es keinen Sinn hatte sie zu verfolgen. Sie kannten sich besser aus als er. Auf dieser Insel gab es genügend Möglichkeiten, sich zu verstecken. Auf kurz oder lang würde er ihn und diese Frau erwischen, dachte Giaco, denn dieser Mann würde seine Insel niemals verlassen. Das Leben der beiden war keine Lira mehr wert.
*
Schröder stand am Hafenbecken von Lido di Palmi. Niemand war weit und breit zu sehen. Michele steuerte sein Fischerboot wieder aufs Meer hinaus. In der Rechten hielt er das Steuerrad, mit der Linken winkte er Schröder immer noch zu. Schröder sah ihm nach, bis der kleine Sizilianer in seinem Steuerhaus hinter einem grauen Vorhang verschwunden war. Einsam verharrte er jetzt bewegungslos im Regen und betrachtete die Gegend.
Es war unwahrscheinlich, dass irgendjemand seine Flucht verfolgt hatte. Der Bahnhof von Palmi war etwa zweieinhalb Kilometer südlich. Er konnte sicher sein, am Bahnhof dieser kleinen Stadt keine böse Überraschung zu erleben. Als er durchnässt und müde dahin schlenderte, dachte er an Maria. Sie hatte ihn Vertrauen spüren lassen. Und jetzt war Maria allein, ihrem Ehemann wieder ausgeliefert. Schröder fühlte sich hilflos und geschlagen. Ihm gingen die Bilder nicht aus dem Kopf: ihr Oberkörper, der bei jedem Atemzug bebte, ihre Augen, die traurig und stolz zugleich glänzten, ihre Hände, die ihn zart gestreichelt hatten, dann ihre blau geprügelten Oberschenkel.
Am Bahnhof kramte er sein letztes Geld hervor, das er sicher auf der Brust in einem Lederbeutel trug, und kaufte eine Fahrkarte bis Salerno, zu mehr reichte das Geld nicht. Er musste jedoch irgendwie nach Österreich kommen, und das ohne an der Grenze aufgehalten zu werden. Ricardo hatte ihn davor gewarnt, einem italienischen Exekutivbeamten zu trauen.
Eine halbe Stunde später saß Schröder in einem Zug. Wie würde er das alles erklären können, wenn er zu Hause war. Kam er überhaupt so weit?
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