Schröders Verdacht - Der Italien-Thriller (German Edition)
Geschäftspartner."
"In Ordnung. Wo müssen wir hin?"
Fritz Dreher erklärte Montag die genaue Adresse am westlichen Stadtrand.
Montag legte den Hörer auf und blickte hinaus. Doch kaum hatte er das Fenster geöffnet, strömten Verkehrslärm und Stadtmief in das Zimmer. Er hasste beides wie Haare in der Suppe.
Wie gerne wäre er jetzt in der Innenstadt. Aachen war zwar oft mit Nieselregen und Nebel überzogen; diesen Zustand ohne Ende hatte bereits Napoleon erkannt, der mit seinen Truppen mehrmals hier durchgezogen war. Für ihn war Aachen das Pissoir Europas, so soll er sich geäußert haben. Bei sonnigem Wetter aber lockte diese Stadt selbst den letzten Stubenhocker in das Zentrum, dessen Architektur die deutsche Geschichte widerspiegelte. Schon zur Römerzeit sei Aachen im ganzen Reich bekannt gewesen für seine Badekultur, wegen der heißen Quellen, die es hier gab, so erzählte man jedem Kind. Wäre man ehrlich, müsste man zugestehen, dass Aachen für die Römer vermutlich nichts anderes als eines der größten Puffs Mitteleuropas gewesen war. Doch kaum hatte das eine Weltreich seinen Glanz eingebüßt, errichtete Karl der Große seine Bauwerke auf den Ruinen der Römer und wurde später der erste nicht römische Kaiser. Lange Zeit war Aachen die Krönungshauptstadt der deutschen Könige geblieben. Jetzt aber hatte sich die Liberalität einer großen Universität breitgemacht, wodurch die Stadt Fremde aus vielen Ländern anlockte: Die meisten Aachener Restaurants wussten längst nicht mehr, was deutsche Küche war. An manchen Ecken roch es nach allen Düften des Orients, durch die hungrige Mägen in Gaststätten gelockt wurden, die auch für Studentengeldbeutel geeignet waren.
Durch die Grenznähe zu Holland und Belgien mit ihren Landschaften voll saftigem Grün hatte die Stadt einen attraktiven Freizeitwert. Alles in allem, Aachen hatte Charme. Eine übersichtliche Großstadt mit provinziellem Flair, modern, aufgeschlossen und doch nicht weltmännisch: liebenswert.
Montag lag in seinem weichen Schreibtischsessel und schob sich eine Printe in den Mund. Er rieb sich sein zweiundvierzigjähriges und Sorgen gewohntes Gesicht mit den offenen Handflächen. Plötzlich stieß er seinen Oberkörper nach vorne. "Richter, kommen Sie mal rein!"
Markus Richter saß im übernächsten Raum. Er fuhr zusammen, wie immer, wenn die sonore Stimme Montags durch das Büro dröhnte. Wenn sie aber ihre Sanftmut verlor, wusste Richter, jetzt war es besser, keine Zeit zu verlieren.
"Was gibt's denn?", fragte Richter.
"Sie müssen dringend raus! Haben Sie einen zweiten Mann verfügbar?"
"Ja natürlich. Ich rufe Recker an. Der wartet zu Hause."
"Sehr gut. Richter, wenn ich Sie nicht hätte ..."
"Ja, ja, dann hätten Sie schon jemand anderen!"
Richter hatte vor zwei Jahren als Student in diesem Büro begonnen und anfangs nur die Geländearbeiten gemacht, mit Kleinbohrgeräten Bodenproben entnommen und Baustellen vermessen. Mit der Zeit hatte Montag erkannt, dass dieser junge, groß gewachsene Mann ein Talent war im Umgang mit Geschäftspartnern und im Deuten von Geländeergebnissen. Er hatte allerdings einen guten Lehrmeister gehabt: Reinhard Schröder, der beste Mann, den es gab in der Stadt. Alles, was Richter fachlich auszeichnete, hatte er von Schröder gelernt.
Montag schilderte ihm kurz, was er wusste: "Eine Tankstelle, Richter, das Übliche! Wir bohren an allen Gebäudeecken. Achten Sie auf die Lage der ehemaligen Treibstofftanks und den Ölabscheider. Bohren Sie vor allem hinter der Halle. Beproben Sie sorgfältig und … aber wozu sage ich Ihnen das alles. Sie wissen das ja besser als ich!"
"Danke, Chef", lächelte Richter.
"Haben sie noch genügend Gläser für Proben?"
"Ja, ich denke schon, Chef!"
"Und sagen Sie nicht dauernd Chef zu mir!"
"Ja, Chef!"
Das Telefon klingelte. Montag hob ab. Am anderen Ende meldete sich eine Frau, die in nahezu akzentfreiem Deutsch sprach: "Guten Tag, Herr Montag. Hier ist die Italian Cooling Plant Corporation, Milano, Signorina Gucci. Ich bin die Sekretärin von Dottore Saltini. Wie geht es Ihnen in Deutschland?"
"Oh, vielen Dank, wenn ich eine so schöne Stimme höre, geht es mir blendend!"
Signorina Gucci lachte verhalten.
"Wie komme ich zu der Ehre Ihres Anrufes, Frau Gucci?"
" Signorina Gucci, bitte!"
"Oh, entschuldigen Sie! Aber bei uns in Deutschland ist der Unterschied zwischen Fräulein und Frau schon vor vielen Jahren abgeschafft worden, Signorina Gucci. Hier
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