Schroedingers Schlafzimmer
Besitzer.«
»Hm, na schön.«
»Helma hat ihn abgefangen, als er mit ein paar Handwerkern auf dem Grundstück herumgelaufen ist. Offenbar müssen neue Rohre verlegt werden. Er will schon in sechs Wochen einziehen, hat er gesagt, und innen wird zur Zeit mit Hochdruck gearbeitet.«
»Ist mir noch gar nicht aufgefallen.« Oliver hatte sich den Bademantel nur locker umgegürtet. Zwischen den dunkelgrünen Revers wurde ein Streifen seiner unbehaarten |16| Brust sichtbar, noch gerötet vom intensiven Frottieren. Do wußte, daß er wußte, daß sie es nicht mochte, wenn sein Körper feucht dabei war. Und die Tatsache, daß er sich offenbar gründlichst abgetrocknet hatte, machte ihr klar, daß er alles dransetzte, um für das Geplante die denkbar besten Voraussetzungen zu schaffen. Sie fühlte sich durch dieses demonstrative Erfüllen ihres Willens aber unter Druck gesetzt, und ihre Bereitschaft, mit ihm zu schlafen, nahm weiter ab.
»Stell dir vor«, fuhr sie fort, »das Haus soll wieder so schneeweiß gestrichen werden, wie es auf alten Bildern wohl einmal gewesen ist. Allerdings ist es für Außenarbeiten noch zu früh. Man muß warten, haben die Maler zu Helma gesagt, bis die Frostgefahr vorbei ist. Auf jeden Fall glaubt Helma, daß die Renovierung unser Viertel aufwerten wird. Man kann ja sagen, daß es sich bei dem Haus beinahe um ein Baudenkmal handelt.«
»Das Ding auf Vordermann zu bringen dürfte nicht billig sein«, überlegte Oliver. Er hob den linken Fuß auf die Bettkante und klemmte den Gürtel des Bademantels zwischen den großen Zeh und dessen dünnen, gekrümmten Zehennachbarn, um auch den engen Zwischenraum zwischen diesen beiden Außenposten seines Körpers von allen eventuellen Feuchtigkeitsresten zu befreien. »Da kommt schnell was zusammen. Wer ist denn der neue Besitzer? Irgend so ein Bankdirektor oder Notar mit einer perfekten Frau und zwei verzogenen Blagen?«
»Warum bist du denn so
negativ
eingestellt?«, sagte Do. Das akribische Reinigen seiner Zehenzwischenräume zwang sie dazu, ständig auf seine Füße und das Vor und |17| Zurück der Frotteewulst zu starren. »Ich finde, es ist eine
großartige
Nachricht. Außerdem liegst du mit deiner Vermutung in Bezug auf den neuen Besitzer vollkommen falsch. Das ist nämlich der eigentliche Clou bei der ganzen Geschichte. Du wirst niemals darauf kommen,
wer
dort einzieht.«
»Ich bin sicher, du wirst es mir gleich sagen.«
Do streifte sich den Pullover über den Kopf. »Sei doch kein Spielverderber. Bist du denn kein bißchen neugierig?«
Er war jetzt bei der Ritze vor dem kleinen Zeh angekommen, in die sich der Bademantelgürtel aber kaum noch hineinpressen ließ. »Doch, bin ich. Wer ist es?«
Sie zog den Reißverschluß ihrer Jeans herunter. »Es ist wirklich eine Sensation! Der neue Besitzer ist ein …
Zauberer
!!«
Er unterbrach seine Reinigungszeremonie. »Wie bitte? Ein Zauberer?«
Sie nickte. »Ja. Ein Zauberer.«
»Jeder kann behaupten, ein Zauberer zu sein.«
Sie zog ihre Hose aus und legte sie auf den Klapphocker neben der Spiegelkommode. »Es kann auch jeder behaupten, Optiker zu sein.«
»Das ist nicht das Gleiche. Ich meine, wie läuft das? Macht er sich ein Schild ans Haus: Karl Mustermann, Diplom-Zauberer, oder wie hat man sich das vorzustellen?«
»Ich weiß gar nicht, was dich daran stört. Es
gibt
doch Zauberer. Ich meine, sie
treten auf
.«
»Schon. Aber
wo
tritt er auf? Wie heißt er überhaupt?«
|18| »Wo er auftritt, weiß ich nicht. Aber er hat einen verrückten Namen. Einen echten Zauberer-Namen.«
»Ja?«
»Er hat sich Helma vorgestellt. Er heißt
Balthasar Schrödinger
.«
Sie öffnete die Schranktür und entzog sich dadurch seinem Blick. Rasch streifte sie das Unterhemd ab und hakte den BH-V erschluß auf. Doch dann mußte sie feststellen, daß sie die zuletzt gewaschenen Nachthemden nur unordentlich in den Schrank gestopft hatte, gemixt mit ein paar schlichten Baumwoll- T-Shirts , die mit den Nachthemden die helle Musterung und das Schicksal teilten, als Sechzig-Grad-Wäsche in ein und derselben Trommel gelandet zu sein.
Sie hörte Oliver vom Bett her sagen: »Das ist Unsinn.
Niemand
heißt Balthasar Schrödinger.«
»Und wieso nicht? Die Menschen heißen auch Boris Becker und Oskar Lafontaine.«
»Was machst du denn da so lange?«, fragte Oliver.
»Ich suche ein wärmeres Nachthemd. Du sagst ja selbst, daß es kühl im Zimmer ist.«
»Nicht im Bett, Schatz.«
Sie wollte ihm jetzt nicht nackt
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