Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
erscheinen lassen müssen. Wären da nicht seine Augen gewesen …
Ich konnte es nicht ertragen, in diese schwarzen Glaskugeln zu sehen, die förmlich das Licht aus dem Raum saugten, anstattes zu reflektieren. Fenster zu – nein, nicht seiner Seele, er hatte keine – einer bodenlosen Finsternis, in der auf jeden, der sich darin verirrte, nichts als Leid und Verzweiflung warteten.
„Gut, worauf warten wir noch, Sabine? Lass uns Nägel mit Köpfen machen.“ Ich machte einen Schritt auf sie zu, in der Hoffnung, ein wenig mehr Aggression von meiner Seite würde sie aus ihrer Lethargie reißen, mit der sie mich die ganze Zeit schweigend anstarrte.
Sabine wich zurück, Emma mit sich ziehend. Nash rief abermals meinen Namen, aber ich ging weiter. Und als ich auf halbem Weg zwischen ihm und Sabine stand, sah ich aus dem Augenwinkel plötzlich einen Schatten.
Avari war weg.
Nash schrie hinter mir auf. Ich wirbelte herum. Avari hatte ihn am Arm gepackt, und jetzt verstand ich, weshalb keiner der Hellions sich uns auch nur genähert hatte – bis zu diesem Moment. Ich war mittlerweile verdammt gut darin geworden, bei Bedarf in Windeseile zu springen, und nach dem zu urteilen, was ich vorhin gesehen hatte, brauchte Sabine sogar kaum mehr als den Bruchteil einer Sekunde dazu. Weder Avari noch Invidia hatten es darauf ankommen lassen wollen.
Aber jetzt, wo ich mich weit genug von Nash entfernt hatte, war er Freiwild. Ich erstarrte, hin- und hergerissen zwischen ihm und Emma, und wusste nicht, was ich tun sollte.
„Ein Schritt, und ich töte ihn“, drohte Avari, und ich glaubte nicht, dass er bluffte.
„Kaylee, hau ab!“, brüllte Nash mir zu, das Gesicht bereits aschfahl und schmerzverzerrt, und ich begriff, dass er exakt dasselbe fühlte wie ich in dem Albtraum, den Avari mir beschert hatte. „Schnapp dir die beiden und bring sie in Sicherheit. Los!“
Aber ich würde ihn genauso wenig im Stich lassen wie Emma, und offensichtlich wusste Avari das.
Er schaute an mir vorbei zu Sabine. „Ich schlage Ihnen ein Geschäft vor, Miss Campbell.“
„Nein!“, kreischte Invidia aufgebracht. Der weibliche Hellion der Eifersucht entblößte mehrere Reihen rasiermesserscharfer Zähne, so dünn und spitz wie Nadeln, im gelblichweißen Farbton alter Knochen. „Kein Geschäft! Die Mara gehört mir, genauso wie mein wunderschöner Emma-Körper. Mir!“
„Sabine, geh!“, rief ich ihr zu, während ich versuchte, alle gleichzeitig im Auge zu behalten; Invidia, Sabine und Emma, Avari und Nash.
„Geh nur, aber dann wirst du ihn nie wiedersehen“, sagte Avari, und Sabine war deutlich anzusehen, was in ihr vorging. Es kam für sie überhaupt nicht infrage, Nash einfach sterben zu lassen. Doch so dankbar ich ihr dafür auch war, so wenig mochte ich auch nur daran denken, was sie alles tun würde, um ihn zu retten.
„Was für ein Geschäft?“, fragte Sabine, und Invidia stieß einen weiteren grauenvollen Schrei aus.
„Du Bastard!“, beschimpfte sie Avari. „Ich habe sie entdeckt. Ich habe sie gemästet, ihren Neid geschürt. Und jetzt ist sie prall und reif, und ich werde sie pflücken!“
Avari wendete nicht für eine Sekunde den Blick von Sabine ab. „Einen Tauschhandel. Meines“, er schubste Nash vorwärts, ohne ihn loszulassen, und Nash stöhnte gequält auf, „gegen deines.“ Und da wurde mir klar, dass er sich nebenbei an Nash gütlich tat. Ihm Energie entzog, wie er es schon mal einen ganzen Tag lang getan hatte, als Nash das letzte Mal in der Unterwelt gewesen war.
„Nein, Sabine“, keuchte er, kreidebleich und sich nur mit Mühe auf den Beinen haltend. „Kaylee, lass nicht zu, dass sie darauf eingeht.“
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich konnte nicht zwischenNash und Emma wählen und damit einen von ihnen zu ewigen Qualen verdammen. Ich konnte es einfach nicht.
„Du tauschst einen Bean Sidhe gegen einen Menschen ein?“, fragte Sabine Avari misstrauisch. „Warum?“
„Alles, was Sie wissen müssen, meine Teuerste, ist, ich bekomme das Mädchen, und Sie dürfen Ihren Liebhaber nehmen und gehen.“
Aber ich hörte, was er nicht sagte. Er tauschte nicht etwa Nash gegen Emma. Sondern Emma gegen mich. Er wusste, wenn er erst mal sie hatte, konnte er mich dazu zwingen, sie freizukaufen, indem ich ihm dafür mich selbst gab.
„Kaylee …?“ Emma zitterte am ganzen Körper, ihre Augen waren glasig vor Furcht.
„Nein!“ Invidias Haare wallten so unkontrolliert, dass sich zu ihren Füßen
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