Schuhwechsel
für Tag, mit hoffnungsvollen Gebeten und inbrünstigem Gesängen erfüllt wurden.
Anschließend mache ich mich auf die Suche nach einem Bett und frage mich durch, bis zu einem Refugio. Antonio, ein kleiner aber sehr hilfsbereiter Spanier, gibt mir das letzte freie Bett im Radler-Pilger-Keller und zeigt mir stolz seine Herberge. Ständig betont er, wie neu und sauber alles ist und es stimmt. Hier gibt es eine Waschmaschine, einen Trockner, eine Küche mit Terrasse, warmes Wasser und sehr nette Menschen. Ich bin so glücklich und fühle mich so frei und leicht und jung, dass ich vor Freude über mich selbst ein wenig mit Antonio flirte.
Mit anderen Pilgern aus meinem 12-Bettzimmer komme ich schnell ins Gespräch und wir unterhalten uns über unsere Erfahrungen auf dem Pilgerweg.
Da ich ja noch überhaupt keine Erfahrungen gemacht habe, höre ich mir gespannt die der anderen an.
Ramona kommt aus dem Allgäu und hat sich zu ihrem 50 Geburtstag diese Pilgertour schenken lassen. Zu Hause hat sie 5 Kinder und nun genießt sie zum ersten Mal die Zeit ohne Familie. Weil ihr das Alleine reisen nicht so ganz geheuer ist, hat sie sich Hans angeschlossen, der wie sie mit dem Rad unterwegs ist.
Dann gibt es noch den sehr ehrgeizigen Vater aus Kanada, der mit seinem erwachsenen Sohn die gesamte Strecke, von Frankreich aus, geradelt ist und der unter Druck steht, weil er nur noch 3 Tage Zeit hat und dann in Madrid sein muss.
Nachdem ich geduscht habe (zu waschen gibt es noch nichts), mache ich mich auf den Weg in die Stadtmitte. Astorga ist nicht sehr groß und das Zentrum findet man überall sehr schnell. Offensichtlich wird hier Schokolade hergestellt, denn an jeder Ecke gibt es eine Konfiserie und sogar ein Schokoladenmuseum. Im Hotel der „Stadt“ gehe ich in die Bar und bestelle mir einen Rioja. Das werde ich mir jeden Abend gönnen, habe ich beschlossen. Ein schönes Glas Wein nach einem langen Wandertag, finde ich durchaus gerechtfertigt und abgesehen davon befinde ich mich immerhin in Spanien!
In dieser Hotelbar geht es zu, wie in fast allen Bars des Landes. Die Leute aus dem Ort treffen sich nach getaner Arbeit auf ein Feierabendbier oder ein Glas Wein und unterhalten sich temperamentvoll. Zu meinem Wein wird mir eine Scheibe Brot mit Salami serviert. Das ist gut, denn einen leichten Appetit habe ich doch. Zu meinem zweiten Glas Wein bekomme ich ein paar warme Fleischstücke in leckerer Sauce und damit ist mein Appetit gestillt. Mehr Hunger habe ich eh nicht. Dazu eine Flasche Wasser und dann kostet das Ganze 4,80 €. Da bin ich echt baff.
Pilgern ist schon mal sehr preiswert. Die Übernachtung 5 Euro, ein leichtes Abendessen mit Fleisch und Wein 4,80 €, Café con lecche, Wasser, Bier … alles um 1 € … sehr schön.
Mit Wein im Blut und Ohropax in den Gehörgängen schlafe ich hervorragend im unteren Teil des Stockbettes und höre nichts vom Schnarchen meiner anderen 11 Zimmergefährten.
Tag 2:
von Astorga nach Ponferrada
7.50 Uhr am Morgen. Meine erste Etappe betrug ungefähr genau 500 Meter ins nächste Café. Hier stärke ich mich mit einem ausgewogenen Frühstück und schau mir die Nachrichten an. Es gibt Regen und wird kalt. Aha, jetzt könnte es also schwerer werden.
Dann pilgere ich gut gelaunt weiter und aus Astorga hinaus. Es sind ziemlich viele Pilger auf dem Weg. Natürlich kein so ein Gedränge wie in einer Fußgängerzone, aber vor mir gehen doch einige Menschen mit Rucksack und Stock und somit ist es nicht schwer, den richtigen Weg zu finden. Ich folge einfach den Rucksäcken.
Nicht lange danach kommt eine kleine Kapelle und ich nutze die Gelegenheit, den Rucksack abzuschnallen und ein Päuslein zu machen. In dieser Kapelle fühle ich nichts, aber auch schon gar nichts! Das ist wie in einer Garage, total ohne irgendeine Energie.
So etwas habe ich auch noch nie erlebt. Lasse mir schnell einen Stempel und einen „Leitfaden für Wanderer“ geben und haue wieder ab. Es gibt keinen Grund hier zu verweilen. Da ist nichts besonderes. Während ich wieder gehe, blättere ich durch den Leitfaden und es wird mir klar, warum in dieser Kapelle keine Ausstrahlung war. Das ist das pure Dogma. Du musst… du sollst… hör auf zu denken und folge mir und bete und bevor du gehst, fülle den Opferstock.
„Der Weg ist die Wandlung, die sich in Jesus vollführt. Und jetzt, mit Hilfe des heiligen Geistes, kann und muss sie auch in dir geschehen“ Also ‚müssen’, will ich schon mal gar nichts. Erst
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