Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
Vom Netzwerk:
führte hin und wieder zu dem Missverständnis, er sei der Leiter der Ermittlungen. Heute trug er einen Anzug mit Weste, dazu ein weißes Hemd und Krawatte.
    Dühnfort warf Gina einen Blick zu und fing ihren auf. Ein Lächeln, das er erwiderte. Guten Morgen, Liebling . Der grob gestrickte Pullover aus zweierlei Brauntönen stand ihr gut. Vor allem im Zusammenspiel mit ihren Schokoladenaugen, dem dunklen Haar und der hellen Haut, die ihn gelegentlich an Milchschaum mit einer Prise Zimt denken ließ.
    Stühle wurden gerückt. Alle setzten sich. Dühnfort gab das Wort gleich an Schellenberg, der aus seinen Unterlagen großformatige Fotos holte, die er an der Magnetwand befestigte. Sie zeigten den Unfallort, auf dem die Unfallspuren mit Linien und Symbolen gekennzeichnet waren. Normalerweise waren derartige Aufnahmen übersät mit Markierungen und Spurennummern. Doch bei diesen Bildern waren sie äußerst spärlich.
    »Markieren, vermessen, skizzieren, fotografieren und dann daraus Schlüsse ziehen. Das ist unsere Arbeit.« Mit diesen Worten begann Schellenberg seine Analyse. »Hier war nicht viel zu tun. Wie man sieht, gibt es an diesem Unfallort weder Fahr- noch Bremsspuren, auch keine Kratz- oder Schlagspuren auf der Fahrbahn. Die einzigen Spuren auf dem Asphalt stammen vom Opfer. Radierspuren der Schuhsohlen.« Schellenberg wies auf eine Aufnahme, die dunklen Abrieb auf grauem Asphalt zeigte. »Bei den Situationsspuren haben wir nur die Endlage des Opfers. Das Unfallfahrzeug fehlt uns bekanntlich. Für die biologischen Spuren am Opfer und die Verletzungen ist die Rechtsmedizin zuständig. Ich tippe auf inneres Verbluten. Der Mann wurde von einem tonnenschweren Fahrzeug überrollt.«
    Frank Buchholz fuhr sich mit der Linken über die Glatze, als wollte er sie polieren. Unterhalb des Doppelkinns lag der Rollkragen in Falten und ließ den Leiter der Kriminaltechnik halslos wirken. »Glasscherben wird es doch geben. Blinker? Scheinwerfer? Was ist mit Lackpartikeln?«
    Schellenberg entnahm seinen Unterlagen einen Spurenbeutel und übergab ihn Buchholz. »Ein paar Scherben vom Scheinwerfer. Das ist alles. Lackpartikel haben wir am Unfallort keine sichern können. Vielleicht findet die Rechtsmedizin an der Kleidung des Opfers etwas. Das halte ich allerdings nicht für wahrscheinlich. Zwei Zeugen haben angegeben, dass der SUV mit einem verchromten Bullenfänger aufgemotzt war.«
    Buchholz drehte das Tütchen zwischen den Fingern. »Gefühlt gibt es 48 000 verschiedene Scheinwerfergläser. Ob die paar Krümel ausreichen, um ein Modell zu identifizieren?« Er zog die Schultern hoch. »Glaube ich nicht.«
    Alois wandte sich an Schellenberg. »Dass es keine Bremsspuren gibt, bedeutet aber nicht automatisch einen Tötungsvorsatz. Beinahe jedes Fahrzeug hat doch heute ABS .«
    »Bei Unfällen mit ABS fehlen die Blockierspuren . Bremsspuren gibt es schon. Allerdings machen sie uns das Leben schwer, was die Berechnung von Geschwindigkeit, Geschwindigkeitsabbau und Fahrtrichtung angeht. Hier in diesem Fall haben wir aber nichts. Außerdem haben Zeugen gesehen, dass der Wagen erst fünfundzwanzig Meter hinter der Kollisionsstelle gebremst hat. Diese Aussagen und die Spurenlage ergänzen sich und sind für mich eindeutig. Der Unfall wurde absichtlich herbeigeführt.«
    Doch das schien Alois nicht zu überzeugen. Er hakte nach. »Der Fahrer hat ausgeparkt und den Wagen ganz normal beschleunigt. So tötet man doch niemanden absichtlich. Wenn man das vorhat, dann gibt man richtig Gas. Ich tippe darauf, dass der Lenker unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand und gar nicht gepeilt hat, was passierte. Deshalb gibt es keine Bremsspuren. Ich denke, es handelt sich um Unfallflucht und wir sind nicht zuständig.«
    Dühnfort war anderer Ansicht. »Es gibt einige Auffälligkeiten, die für ein Tötungsdelikt sprechen. Am offensichtlichsten ist das Fehlen jeglicher Bremsspuren. Außerdem parkte der Wagen etwa fünfzehn Minuten in der Nähe der Unfallstelle. In dem Moment, als Flade sein Büro verlässt, wird er gestartet und die Scheinwerfer bleiben aus. Das sind keine Zufälle. Jemand hat auf den Mann gewartet.«
    »Zeugenaussagen. Du weißt doch, was die wert sind«, konterte Alois.
    Mit einer Hand massierte Dühnfort die verspannte Nackenmuskulatur. Wieder einmal wollte Alois es sich leichtmachen. Er hatte einfach nicht den richtigen Biss. Seit anderthalb Jahren gehörte er zum Team, und noch immer hatte er sich nicht die Arbeitsweise

Weitere Kostenlose Bücher