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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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links.
    Gina schritt gleichmäßig neben ihm aus. Sie sprachen kaum. Langsam wurde ihm warm, kam er ins Schwitzen. Irgendwann begannen die Oberschenkelmuskeln zu brennen. Nach einer Kehre wurde der Weg steiler und ihm noch wärmer. Er dampfte.
    Wie lange noch?
    Das fragte er sich nach der nächsten Kehre wieder. Inzwischen war es hell geworden. Ein pastellblauer Himmel spannte sich über den dunklen Wipfeln. Felsen lugten zwischen Moospolstern hervor. Das Rauschen des Baches hatte sie verlassen.
    Als sie, auf seinen Wunsch hin, kurz Rast machten, umfing ihn eine nie gehörte Stille. Eine Stille, die es nicht einmal auf dem Meer gab.
    Nach einer Weile setzte Gina sich wieder in Bewegung. Steine knirschten unter ihren Stiefeln. Er folgte ihr. Die anderthalb Stunden mussten um sein. Ihm war heiß. Sein Atem ging keuchend, die Muskeln schmerzten. Er war hungrig. Einzig die Vorstellung, auf der Alm gleich ein Haferl Kaffee zu bekommen oder mit Glück sogar einen Cappuccino, hielt ihn in Gang. Eine weitere Kehre. Sie verließen den Wald. Linker Hand zog sich eine Wiese bergan, und darauf stand ein Holzhaus, die Alm. Endlich. Dühnfort folgte Gina über eine Abzweigung, die auf der Holzterrasse vor der Alm endete.
    Kein Mensch weit und breit. Ein Schild an der Tür. Heute geschlossen. Das konnte doch nicht wahr sein.
    »Wir frühstücken hier.« Gina legte den Rucksack ab und holte zwei Fleecedecken hervor. »Setz dich und genieß die Aussicht.«
    Im Tal lag blaugrün der Tegernsee. Dunkle Wälder. Helle Felsen. Eine schroffe Bergsilhouette, über der sich der Himmel spannte. Klar und blau. In der Ferne eine Dunstglocke, unter der München liegen musste.
    Gina setzte sich neben ihn. Nichts war zu hören. Hier oben herrschten Ruhe und Frieden. Eindrücke, die denen, die er auf dem Meer so intensiv empfand, nicht unähnlich waren. Nun verstand er Gina. Das hatte sie gemeint. Nur war Segeln weniger anstrengend. Er umarmte sie. Sie küssten sich.
    Schweigend saßen sie auf der Bank, genossen die Stille und die Aussicht. Langsam, beinahe tröpfelnd setzte ein Gespräch ein. Über das Zusammenziehen. Über die Wohnung. »Ich verstehe, dass du aus deiner nicht rauswillst«, sagte sie. »Der Friedhof passt einfach zu gut zu deiner melancholischen Grundstimmung. Und die mag ich ja an dir. Also sollten wir sie nicht gefährden.« Da war es wieder, ihr freches Grinsen.
    »Und du brauchst Leute um dich. Ich eher weniger. Wie lösen wir das nun?«
    »Halten wir einfach die Augen auf und lassen es auf uns zukommen. Es wird sich ergeben. Wenn wir beide es wollen.«
    Eine Einstellung, die er teilte. Dann erzählte er ihr von Boos und dem Angebot, für ein Jahr zur OFA zu wechseln.
    »Willst du das denn?«
    »Ich weiß es noch nicht. Lass uns das auf Sylt besprechen. Jetzt habe ich ehrlich gesagt einen wahnsinnigen Hunger, und wenn ich mich recht erinnere, sollte es ein Frühstück geben.«
    »Stimmt. Jetzt, wo du es sagst, fällt es mir auch wieder ein.« Zwei Sommersprossen verschwanden in der Falte an der Nasenwurzel.
    Er half ihr den Tisch zu decken, holte Tupperdosen mit belegten Broten und zwei Holzbretter aus dem Rucksack hervor. Seine Finger wurden steif vor Kälte. Weiß stieg der Atem in die klare Luft. Lange hatte er sich nicht so glücklich und frei gefühlt. So leicht.
    »Schön ist es hier, und du hast dir so viel Arbeit gemacht.« Er nahm sie in den Arm. »Jetzt noch einen Kaffee, und dann ist das nicht mehr zu toppen.«
    »Kein Problem. Ich habe alles dabei.« Gina zog eine Thermoskanne mit heißem Wasser und ein Glas Instantkaffee aus dem Rucksack hervor.
    Ungläubig starrte er darauf.
    »Richtiger Kaffee war alle. Das ist alles, was da war.«
    »Instantkaffee?«
    »Mensch, Tino. Das eine oder andere Zugeständnis muss man im Leben einfach machen.«

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