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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Mit einem Taschentuch fuhr sie sich über die Augen. »Haben Sie den Kerl gefunden? Diese feige Sau, die einfach abgehauen ist.« Sie sah hoch. »Entschuldigung. Normalerweise drücke ich mich nicht so aus … Es ist so unfair. So schrecklich unfair.«
    Natürlich ging sie von einem Unfall aus. Das machte es für ihn nicht leichter. »Wir arbeiten daran, und wir werden ihn finden. Ganz sicher.«
    Ihr Blick ging zu einem Sideboard, auf dem gerahmte Fotografien standen. Darunter auch ein Hochzeitsbild. Die Braut trug ein weißes Kostüm und einen Strauß apricotfarbener Rosen, Jens Flade einen dunklen Anzug mit einer Rose im Knopfloch. Ein schönes Paar. »Übermorgen ist unser Hochzeitstag … Ich meine wäre. Es wäre unser Hochzeitstag. Der erste. Paul wird ohne Vater aufwachsen …« Mit einer Hand strich sie über den Bauch. »Weil so ein Idiot nicht aufpasst, das Licht nicht einschaltet und meinen Mann übersieht. Wie kann man das? Einen Menschen übersehen.« Lautlos liefen Tränen über ihre Wangen.
    Gabriele Traut kehrte mit dem Kaffee zurück. Sie reichte ihrer Tochter eine Tasse, dann Dühnfort, und setzte sich. Nun erhielt Dühnfort Antworten auf Fragen, die er gar nicht gestellt hatte. Bettina Flade war gut versorgt. Es gab eine Lebensversicherung zu ihren Gunsten. Gemeinsam mit ihrem Mann hatte sie das Architekturbüro mit fünf Mitarbeitern geleitet, das sie nun alleine weiterführen musste. Ein großer Auftrag war zu bewältigen. Flade & Flade hatten vor einigen Wochen den Wettbewerb eines Versicherungskonzerns für den Bau des neuen Verwaltungsgebäudes gewonnen. »Das ganze Projekt … wie soll das gehen … ohne Jens?«
    »Du wirst Sven zurückholen müssen«, meinte Bettinas Mutter. »Er hat noch nichts Neues. Sonst schaffst du das nicht.«
    »Sven? Du bist gut.« Sie fing Dühnforts Blick auf. »Wir reden später darüber. Herr Dühnfort ist nicht hier, um sich über meine Arbeit zu unterhalten.« Mit einem Mal sah sie ihn irritiert an. »Weshalb sind Sie eigentlich da? Es gibt doch noch keine neuen Erkenntnisse.«
    »Wir haben das Fahrzeug bisher nicht ausfindig machen können. Das ist richtig. Aber wir haben mit Zeugen gesprochen und die Spuren am Unfallort ausgewertet.«
    »Ja«, sagte sie gedehnt. »Und was hat sich daraus ergeben?«
    Wie bringt man Derartiges schonend bei? Dühnfort wusste es nicht. Er konnte ihr unmöglich den Unfallablauf schildern, ebenso wenig die Beobachtungen der Zeugen. Und schon gar nicht konnte er die Spurenlage erwähnen. Radierspuren der Schuhsohlen! Es blieb nur die nackte Wahrheit. »Wir müssen davon ausgehen, dass der Unfall absichtlich herbeigeführt wurde.«
    »Was?« Bettina Flades Hände umfassten instinktiv den Bauch, als wollte sie ihr ungeborenes Kind vor dieser Wahrheit schützen.
    Ihre Mutter schluckte. »Sie meinen, Jens wurde ermordet?«
    »Es sieht danach aus. Gibt es jemanden, der ein Motiv haben könnte?«
    »Einen Grund, Jens zu töten?« Mit einem Ruck setzte Bettina Flade sich auf. »Sie kannten ihn nicht. Jens war freundlich und liebevoll. Entgegenkommend zu Kunden und fair zu Mitarbeitern. Er war großzügig und hatte immer ein offenes Ohr für jeden. Er war weder hinterhältig noch gemein, und er hat nie jemanden gelinkt oder jemandem etwas zuleide getan.«
    »Gab es nie Streit mit Kunden oder Mitarbeitern, oder in der Familie?«
    »Nein. Eigentlich nicht.« Diese Antwort klang etwas unentschieden. Bevor Dühnfort nachfragen konnte, mischte Bettinas Mutter sich ein. »Na ja. Also weißt du, die Sache mit Sven … Das nicht als Streit zu bezeichnen …« Ein Kopfschütteln folgte.
    »Ist das derselbe Sven, der noch nichts Neues gefunden hat?«, hakte Dühnfort nach.
    Sie nickte. »Sven Lautenschläger. Wir haben uns vor einem halben Jahr von ihm getrennt. Ein fähiger Architekt, aber im persönlichen Umgang ein wenig schwierig. Er neigt dazu, völlig unzensiert das zu sagen, was er denkt. Diplomatie ist nicht seine Stärke. Das kommt bei Kunden nicht gut an und auch nicht beim Team. Es ging einfach nicht mehr.«
    »Sie haben ihn also entlassen, und nun sieht er sich als Opfer?«
    »Das glaube ich nicht. Er genießt seine Freiheit. Geld ist ihm nicht so wichtig. Er stammt aus einem vermögenden Elternhaus. Aber vor zwei Wochen, als unser Entwurf für das Verwaltungsgebäude ausgezeichnet wurde, tauchte er im Büro auf. Er hat Jens vorgeworfen, eine seiner Ideen geklaut zu haben. Was natürlich Quatsch ist. Er wollte als Urheber genannt

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