Schule der Leidenschaft. Ein erotischer Roman
weißer Baumwolle, dass Sandra sich heute für die Rolle der Unschuld entschieden hatte. Es versprach, ein interessanter Vormittag zu werden.
Zwischen den Ständen drängten sich trotz der hohen Temperaturen mehr Besucher als sonst. Die Ferienzeit nördlich der Alpen hatte dem bekannten Markt ganze Heerscharen krebsrot verbrannter Touristen in Strandkleidung beschert. Glücklicherweise interessierten sie sich vorzugsweise für Handtaschen und Lederbekleidung und weniger für die alimentari . Unbekümmert schob Ernesto die im Weg Stehenden zur Seite und bahnte den beiden jungen Frauen ihren Weg in den hinteren, deutlich spärlicher frequentierten Teil. Die alte Signora Maria lächelte ihr breites zahnloses Lächeln, sobald Angelina in ihr Blickfeld trat.
„Buon giorno, buon giorno, Signora Angelina! – Wie läuft es mit der Cantina? Ich habe gehört, sie haben Freunde da?“ Ein neugieriger Blick der Eidechsenaugen streifte Sandra, glitt über ihre mädchenhafte Erscheinung. Offensichtlich wartete sie auf eine Vorstellung.
Woher wusste die Alte von Pietro und Sandra?
„Eher Geschäftspartner“, erwiderte Angelina ausweichend und zog Sandra neben sich. „Sandra Caselli ist Tänzerin, und wir bieten jetzt auch Tanzkurse an.“
Trotz der fehlenden Zähne konnte Maria noch ganz schön laut pfeifen, während sie bewundernd den Kopf schüttelte. „Auf Ideen kommen Sie! – Was halten Sie von dieser Rinderhüfte? So ein richtiges Stück Fleisch, in Barolo geschmort, um die Männer zu kräftigen ...“, sie zwinkerte ihr viel sagend zu.
Das Stück Fleisch sah gut aus. Die haarfeine Marmorierung würde zusammen mit den Speckstreifen, die sie darum wickeln würde, dafür sorgen, dass es zart und saftig bliebe. Dazu eine Soße mit dem grünen Pfeffer und einer Spur Piment. „Ich nehme die ganze Hüfte“, entschied sie. Wenn etwas übrig blieb, konnten sie es grillen.
Sandra beobachtete sie mit unverhülltem Interesse. „Woran siehst du, was es für Fleisch ist?“, fragte sie naiv. „Für mich sieht alles gleich aus!“
Maria lachte gackernd, und auch Ernesto konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Das hat Onkel Ugo mir als Kind schon beigebracht“, erklärte ihr Angelina. „Alles Übungssache. Schau genau hin: das dunkelrote Fleisch ist Rindfleisch. Schwein ist viel heller und Kalb eher rosa, aber dafür wird es an der Luft schnell grau.“
„Und das da? Ist das altes Rindfleisch?“
Angelina bemühte sich, das empörte Aufkeuchen von Signora Maria zu überhören. „Nein, das ist Lamm, beziehungsweise Schaf. Das ist allerdings im Rohzustand schwer zu unterscheiden.“
„Ich habe es nicht nötig, den Leuten Schaf als Lamm anzudrehen“, murrte die Verkäuferin. „Nächste Woche bekomme ich besonders zartes Kalbfleisch. Soll ich Ihnen ein paar Kilo reservieren, Signora Angelina? – Vorsicht, der Hund! „
Lollo hatte die vorübergehende Unaufmerksamkeit Sandras genutzt und es beinahe geschafft, sich ihren Händen zu entwinden und mit einem tollkühnen Satz auf die Theke dieses interessanten Standes zu springen. Ernesto packte ihn beherzt im Genick wie eine Katze und lächelte entschuldigend, als das Tier empört aufjaulte.
Hastig beendete Angelina ihren Fleischeinkauf und zog Sandra mitsamt ihrem Lollo weiter. „Hast du kein Halsband für ihn?“, fragte sie eine Spur ärgerlich und runzelte die schön geschwungenen Brauen.
„Nein, normalerweise ist er ganz lieb.“
„Wir könnten nachher in der Zoohandlung vorbeigehen und eines kaufen“, schlug Ernesto hilfsbereit vor. „Und bis dahin nehmen wir das ...“ Mit diesen Worten zog er aus seiner Hosentasche ein rotes Taschentuch und hielt es Sandra hin. „Zusammen mit einem Stück Schnur wird es gehen.“ Er sah sich suchend um, stürzte dann auf einen Haushaltswarenstand zu und kam mit einem Stück Seil zurück, ehe Sandra dem verzweifelt sich windenden Lollo das Taschentuch umgeknüpft hatte.
„So, und was jetzt?“
Angelina zog ihren Einkaufszettel zu Rate. „Ich brauche noch Obst und Gemüse.“ Sie musterte den hechelnden Hund auf Sandras Arm. „Er hat Durst. Kein Wunder bei der Hitze. Du solltest ihm unbedingt etwas zu trinken geben. Geht doch mit ihm ans Wasser.“ Sie strich sich den Schweiß von der Stirn. „Was haltet ihr davon, wenn wir uns in einer Stunde bei Gelatomania treffen?“
Angelinas Lieblingseissalon lag direkt in einer Seitenstraße, die vom Marktplatz in die Innenstadt führte. Ernesto und sie hatten sich
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