Schule der Liebe
eine Gattin suchst, Sloane? Wirst du nicht eine Frau wählen, die andere Männer schön finden? Willst du nicht mit ihr die Freuden der Liebe genießen? Und sie wird dir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sein, das kann ich dir versichern! Meine Mädchen werden wenigstens nicht ihr Leben lang an ein und denselben Mann gebunden sein, wenn sie es nicht wünschen."
Der Teufel sollte ihn holen, wenn er zugab, dass ihr Argument ein Körnchen Wahrheit enthielt. „Hör auf, wie Mary Wollstonecraft zu reden! Als Nächstes wirst du noch eine Verteidigung der Rechte der Dirnen und Huren schreiben."
Eine Sekunde lang dachte er, dass sie ihn ohrfeigen würde, was er sicherlich verdiente. Ihre Augen blitzten, und ihre Finger umklammerten den Saum des Tischtuchs. Doch er musste Schlimmeres ertragen als einen brennenden Schlag. Er musste zusehen, wie sie blinzelte, sich aufrechter hinsetzte und jeden Ausdruck aus ihrer Miene verbannte.
Wie oft hatte er vor seinem Vater genau dasselbe getan?
„Tu das nicht, Morgana", brachte er mühsam hervor. „Tu nicht so, als hatte ich dich nicht verletzt. Ich fürchte, ich habe ... Dinge gesagt, die ich nun bedauere." Gesprochen wie mein Vater, hätte er den Satz beinahe vollendet. Er ergriff ihre Hand. „Du hattest recht, Morgana. Ich wünsche mir tatsächlich eine schöne Frau und ... alles andere. So hält man es in ehrbaren Kreisen, oder etwa nicht?"
Sie blickte auf ihre umschlungenen Hände. „Du wirst es vielleicht so halten."
Er streichelte ihre Handfläche mit seinem Daumen. „Und du?"
Sie zog ihre Hand weg. „Falls es einen Mann auf der Welt gibt, der mich als Zierde betrachten würde, dann würde er bei meiner freimütigen Art bald seine Meinung ändern." Ein gequälter Ausdruck huschte über ihr Antlitz. „Dein Urteil über mich war also nicht völlig verkehrt."
Wusste sie denn nicht, dass ihre Anziehungskraft zum Teil in ihrer freimütigen Art lag? Keine Heuchelei, keine schüchterne Koketterie. Er legte ihr die Finger unters Kinn und hob ihr Gesicht, sodass sie gezwungen war, ihn anzusehen.
Morganas Augen leuchteten wie Topase. Sloane legte seine Hand auf ihre Wange und berührte ihren Mundwinkel mit seinem Daumen. „Morgana ...", murmelte er.
Da ertönte draußen vor der Tür Katys Stimme. Sloane und Morgana wichen gerade noch rechtzeitig zurück, bevor das Mädchen ins Zimmer gestürzt kam.
„Beeilen Sie sich!", rief Katy. „Madame Bisou ist da und will mit der Tanzstunde beginnen." Sie vergewisserte sich nicht, ob Sloane und Morgana ihr folgten, sondern eilte gleich wieder zur Tür hinaus, wobei sie lachend rief: „Sie sollten mal den Stutzer sehen, den sie mitgebracht hat!"
„Nun denn ..." Morgana stand auf. „Ich glaube, wir sollten zu den anderen gehen."
Sloane runzelte besorgt die Stirn. Wen hatte Penny mitgebracht? Der Kreis der Personen, die Informationen über Morganas unerhörte Kurtisanenschule durchsickern lassen konnten, war ohnehin schon zu groß.
Er bot Morgana seinen Arm, und sie gingen zur Bibliothek, wo der Unterricht stattfinden sollte. Kurz vor der Tür hielt er sie auf. „Verzeihst du mir?", fragte er.
In ihrem Lächeln lag ein Anflug von Trauer, aber es war nichtsdestotrotz ein Lächeln. „Wieso nicht?"
Er kniff ihr spielerisch in die Wange: „Wildfang."
Ihr Lächeln wurde breiter. „Wüstling."
Dann traten Sloane und Morgana ins Zimmer, aus dem mit Ausnahme des Klaviers und zweier Stühle alle Möbel entfernt worden waren. Miss Moore hatte Lady Hart auf einem der Stühle Platz nehmen lassen und saß selbst auf dem anderen Stuhl am Klavier.
„Oh, wie schön, Sie zu sehen!", rief Lady Hart, sobald sie Sloane erblickte.
Madame Bisou stand neben einem jungen Mann. „Miss Hart, erlauben Sie mir, Ihnen meinen Freund Robert Duprey vorzustellen." An diesem Morgen sprach sie wieder mit ihrem französischen Akzent. „Wir brauchen mehr Herren. Cyprian, du wolltest doch deinen Sekretär mitbringen."
„Das habe ich auch getan, Penny ."
Ihre Augen verengten sich.
Katy stieß einen dramatischen Seufzer aus. „Lucy hat ihn sicher zum Unkrautjäten mitgenommen. Ich werde sie holen."
Doch dies war nicht mehr nötig, da Elliot und Lucy in diesem Augenblick erschienen.
„Hervorragend!", rief Madame Bisou. „Nun hat beinahe jedes Mädchen einen Tanzpartner."
„Ich ... ich könnte auf die Stunde verzichten", murmelte
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