Schule der Magier 01. Das geheime Portal - Neff, H: Schule der Magier 1 geheime Portal - The Tapestry - Hound of Rowan, Vol. 1
Saal war, habe ich einen Wandteppich gesehen.«
Mrs Millen nickte und klopfte mit dem Finger auf die glatte, leuchtende Oberfläche des Tischs.
»War er schön?«, fragte sie. »War es ein schöner Wandteppich?«
»Zuerst nicht.«
Ihre Hand erstarrte mitten in der Bewegung.
»Wie meinst du das?«, hakte sie nach.
»Er war hässlich«, flüsterte Max, aber dann hielt er inne. Sein Erlebnis erschien ihm mit einem Mal sehr persönlich. Es widerstrebte ihm ein wenig, es Mrs Millen zu erzählen.
»Ja?«, fragte Mrs Millen. »Er war hässlich? Ein alter, ausgefranster Wandteppich? Sprich weiter, mein Junge... Ich weiß, es kommt dir sicher sehr albern und töricht vor, aber es ist in Ordnung, wenn du mir davon erzählst. Glaub mir, Max, du wirst dich besser fühlen, wenn du es getan hast.«
Sie lächelte wieder und beugte sich erwartungsvoll vor. Max fühlte sich plötzlich schläfrig.
»Er begann zu leuchten«, sagte er langsam, während er mit dem Finger die Maserung des Tisches nachzeichnete. »Da waren Worte und Bilder und Musik.«
»Und wie lauteten diese Worte, Max? Sag mir, welche Bilder hast du gesehen?«
Sie sprach mit gedämpfter, eindringlicher Stimme. Max verspürte ein Jucken im Nacken. Er hielt inne, um die Frau näher zu betrachten.
Ihr Gesicht war rund und eigenartig angespannt. Obwohl sie weiterhin lächelte, weiteten sich jetzt ihre Pupillen. Max beobachtete fasziniert, wie sie sich ausdehnten. Sie erinnerten ihn an einen Eisbären, den er einmal im Zoo gesehen hatte. Er hatte die leeren schwarzen Augen des Tieres, die ihn von der anderen Seite der schützenden Absperrung aus hungrig verfolgt hatten, nie wieder vergessen können.
Max blinzelte erschrocken. Hier gab es keine Absperrung!
»Ich muss mal ins Bad«, murmelte er.
»Ja, ja, gewiss. Aber erzähl mir zuerst, was du auf dem Wandteppich gesehen hast!«
»Vielleicht sollten wir darüber reden, wenn mein Dad nach Hause kommt.«
Mrs Millens Augen weiteten sich vor Überraschung. Der Stuhl knarrte unter ihr, als sie sich bewegte, und sie schnüffelte plötzlich, als hätte sie eine Erkältung. Lange Sekunden verstrichen, während sie einander musterten. Dann erschien ein verstohlenes Lächeln auf ihrem Gesicht, als hätten sie sich soeben gegenseitig ihre Geheimnisse erzählt.
»Hi-hi-hi!«, kicherte sie. »Du bist mir aber ein Vorsichtiger, Max! Du bist ein vorsichtiger, kluger Junge! Du könntest genau der sein, den wir suchen.«
Schweißperlen bildeten sich auf Max’ Stirn, sein Hals juckte. Er betrachtete ihren Gehstock und begriff, dass er weglaufen konnte. Bis jetzt hatte ihn noch nie jemand einholen können, wenn er rannte, und Mrs Millen war alt.
»Ich glaube, Sie sollten jetzt gehen«, sagte er. »Ich fühle mich nicht gut.«
»Natürlich, mein lieber Junge...« Die Frau stieß sich vom Tisch ab. »Aber du wirst mit mir kommen!«
Sie hörte auch nicht auf zu lächeln, als ihre Hand über den Tisch schoss und sie Max am Handgelenk packte. Mit einem spitzen Aufschrei zuckte Max zurück, zappelte sich schmerzhaft aus ihrem erstaunlich festen Griff frei und fiel von seinem Stuhl. Gleichzeitig hörte Max oben in seinem Zimmer etwas krachen. Schwere Schritte kamen die Treppe herunter. Es war noch jemand im Haus.
Max rappelte sich hoch und rannte wie der Blitz auf die Tür zum Garten zu. Es war ein gewaltiger Schreck für ihn, als er feststellte, dass die alte Frau gar keinen Gehstock benötigte. Sie rannte hinter ihm her.
Max flüchtete in den Garten und lief auf seine Holzhütte zu. Er schob den verrosteten Riegel auf, öffnete die Tür und eilte hinein. Gerade als er versuchte, die Tür hinter sich zuzuschlagen, duckte Mrs Millen sich, um sich ebenfalls in die Hütte zu zwängen – aber ihr Arm verkeilte sich in der Tür. Sie versuchte hektisch, ihn zu befreien.
Max stieß mit der ganzen Kraft seiner Schulter gegen die Tür. Mrs Millen kreischte und zog den Arm zurück. Er knallte die Tür zu und schob den Querbalken vor. An die Tür gelehnt, wartete er ab.
»Hi-hi-hi!«, lachte sie höhnisch. »Doch nicht so klug und so vorsichtig! Unser Kleiner war schnell, aber er hat eine falsche Entscheidung getroffen.«
Max hörte, wie sie mit den Nägeln über die Wände der Hütte kratzte, während sie langsam darum herum ging. Ab und zu blieb sie stehen und klopfte an die schmalen Fenster. Max schluckte seine Furcht herunter und versuchte nachzudenken. Er konnte um Hilfe schreien, aber das Haus befand sich am Ende einer ruhigen
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