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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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belästigen«, sagte
Häberle mit sonorer Stimme und blickte in das fahle Gesicht dieser Frau, deren Alter
er auf knapp 70 schätzte. »Es muss eine schreckliche Nacht für Sie gewesen sein«,
fuhr der Kommissar fort, während Linkohr abseits an der Fensterbrüstung lehnte.
    »Wir wissen …«, zeigte sich Häberle einfühlsam und räusperte sich, »… wir
wissen, dass Sie die Polizei gerufen haben. Vermutlich haben Sie Ihren Mann gesucht.«
    Die Frau zitterte. Ihre rot unterlaufenen Augen
wurden feucht. »Es ist so furchtbar«, kämpfte sie gegen die Tränen, »ich hab doch
gar nichts gehört. Ich hab Fernsehen geguckt.«
    »Und irgendwann sind Sie raus – vor das Haus?«,
hakte Häberle vorsichtig nach.
    Sie nickte. Eine Träne rann über die linke
Wange. »Ich hab geglaubt, ein Motorengeräusch gehört zu haben.« Frau Heimerle schloss
zwei, drei Sekunden die Augen. »Ich hab mir große Sorgen gemacht, denn er wollte
längst daheim sein. Und normalerweise hat er immer angerufen, wenn er sich verspätet.«
    »Dürfen wir erfahren, wo Ihr Mann gestern Abend
war?« Häberle kam einen Schritt näher an die linke Seite des Bettes heran.
    »Er war bei einem seiner besten Freunde – bei
Funkes, drüben in Aichelberg.«
    Häberle ließ sich die Überraschung nicht anmerken.
Und auch Linkohr hielt sich zurück.
    Der Chef-Ermittler nickte, als habe er dies
bereits gewusst. »Gab es einen besonderen Anlass für diesen Besuch?«
    Frau Heimerle atmete tief ein und starrte zur
Decke. »Ich glaub schon, ja. Sie wollten was Wichtiges besprechen. Es hatte mit
Sport zu tun und dürfe nicht an die Öffentlichkeit, hat er gesagt.« Sie schloss
die Augen und schluchzte. Die beiden Kriminalisten schwiegen.
    »Es muss mit dem Montag zusammenhängen«, stieß
sie, von Weinkrämpfen geschüttelt, hervor, »da waren sie draußen beim Sportclub
und haben einen Freund von früher getroffen.«
    »Lanski?«, fragte Häberle leise, »hat dieser
Freund Lanski geheißen?«
    »Ich weiß es nicht.« Ihre Stimme zitterte.
Häberle warf seinem Kollegen einen Blick zu und deutete mit einer Kopfbewegung zur
Tür.
     
    Liebenstein hatte das Radio im Zimmer des Göppinger Hotels ›Hohenstaufen‹
lauter gestellt, als in den Neunuhr-Nachrichten eines regionalen Senders von den
Ereignissen der Nacht berichtet wurde. Anschließend, noch bevor er zum Frühstück
gegangen war, hatte er Harald Gangolf angerufen und ihn von dem Gehörten informiert.
Sein Chef in Berlin nahm dies kommentar- und emotionslos zur Kenntnis. »Bleiben
Sie dran«, war alles, was er sagte, »und vergessen Sie nicht, was ich Ihnen kürzlich
mit auf den Weg gegeben habe: Sie brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben. Gut
ist, was der Sache dient.« Er machte eine kurze Pause. »Gehn Sie mal zu der Kleinen.«
Dann legte er auf.
    Liebenstein wusste, was zu tun war. Er musste
rauskriegen, wo Nullenbruch war und warum dieser verdammte Aktenkoffer von Lanski
nicht auftauchte. Außerdem würde an diesem Donnerstagnachmittag der Abgeordnete
Klaus Riegert in seinem heimischen Wahlkreis eintreffen. Der Politiker konnte ja
noch nicht ahnen, dass seine beiden Gesprächspartner, deretwegen er früher ins Weekend
geflogen war, keinen Termin mehr wahrnehmen konnten. Die Frage würde jetzt sein,
was sie ihm bereits verraten hatten – und wie Riegert als gelernter Kriminalist auf das gewaltsame Ableben
seiner Informanten reagierte. Liebenstein beschloss, ihn möglichst bald aufzusuchen.
Er setzte sich an den kleinen Tisch des Hotelzimmers und blätterte im örtlichen
Telefonbuch. Die Konservativen mussten doch eine Geschäftsstelle haben. Hatten sie
auch. Liebenstein meldete sich mit falschem Namen und gab vor, an den Abgeordneten
eine ganz persönliche Frage zu haben. Eine freundliche Frauenstimme verwies ihn
an Riegerts Wahlkreisbüro, das sich in Geislingen befand. Er notierte sich die Nummer
und rief sofort an. Auch dort war wider Erwarten sofort eine menschliche Stimme
zu hören. Eine Frau Schiller beschied Liebenstein, dass der Abgeordnete am späteren
Nachmittag erwartet werde, zumal er einen dringenden Termin habe. Liebenstein wollte
sie auf diesem Glauben lassen, bat aber darum, dass Riegert wenigstens kurz zurückrufen
möge, sobald er eintreffe.
    Liebenstein ging zum Frühstück in das stilvoll
eingerichtete Lokal hinab. Er war für ein Stadthotel, in dem werktags meist nur
Geschäftsleute wohnten, ziemlich spät dran. Aber der Stress der letzten Tage machte
sich bemerkbar. Er fühlte

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