Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
Vom Netzwerk:
mich das hellhörig. Vor allem, wenn in den Akten immer wieder der Name Klinsmann
rumspukt.«
    Endlich war es raus, dachte Häberle. Damit
hatte er längst gerechnet. Schiss ohne Ende. Sobald ein Fall auch nur andeutungsweise
prominente Kreise tangierte, flatterte Bruhn das Hemd. Und ganzen Hundertschaften
ebenso – bis hinauf ins Innenministerium.
    »Ich verspreche Ihnen, sobald wir Erkenntnisse
haben, dass ein Prominenter in Gefahr ist, werden wir die üblichen Maßnahmen ergreifen.«
Häberle lehnte sich zurück.
    »Ihnen muss bewusst sein …«, entgegnete Bruhn, ohne bisher auch nur
den winzigsten Anflug eines Lächelns gezeigt zu haben, »nächste Woche beginnt der
Confederations-Cup, diese Mini-WM. Da können wir nichts gebrauchen, was den Fußball-Standort
Deutschland gefährdet. Nichts. Verstehen Sie?«
    Es klang wie eine Drohung.
     
    Der Abgeordnete Klaus Riegert hatte es bereits am Stuttgarter Flughafen
erfahren. Während er im kühlen Nieselregen zu einem der Parkhäuser ging, ließ er
sich per Handy von seiner Büroleiterin über Termine und Ereignisse im Wahlkreis
informieren. Frau Schiller hatte inzwischen vom Tod der beiden Sportfunktionäre
gehört. Sie war zwar nicht darüber unterrichtet gewesen, wen Riegert an diesem Donnerstagabend
treffen wollte, doch als er jetzt die Namen nannte, war sie schockiert. Auch der
Politiker fühlte sich wie vom Blitz getroffen. Er blieb auf dem Gehweg gegenüber
dem Parkhaus stehen, in dem er seinen Wagen abgestellt hatte.
    »Das ist entsetzlich«, wiederholte er und war
nicht mehr in der Lage, das Geschehen um sich herum wahrzunehmen. Frau Schiller
zögerte einige Sekunden, ehe sie wieder geschäftlich wurde und pflichtgemäß den
Anrufer erwähnte, der um ein Gespräch gebeten hatte. Der Politiker atmete tief durch.
»Was er will, hat er nicht hinterlassen?«
    »Nein, hat nur gesagt, dass es sehr wichtig
sei«, sagte die Frauenstimme, die beinahe im Motorengeräusch eines vorbeifahrenden
Omnibusses untergegangen wäre.
    »Dann rufen Sie ihn bitte an. Er kann um 20
Uhr ins Büro kommen«, entschied Riegert und seufzte in sich hinein. Diese vorgezogenen
Neuwahlen, wenn sie denn kamen, ermunterten jetzt alle möglichen Querulanten und
Dummschwätzer, sich an den örtlichen Abgeordneten zu wenden. Dies erforderte höchstes
Fingerspitzengefühl, um niemanden zu verärgern. Die Wochen vor einer Bundestagswahl
galten als die Wichtigsten. Und diesmal ganz besonders. Schließlich, das war Riegert
längst klar geworden, begann sich eine Stimmung breit zu machen, die sowohl den
Rot-Grünen, als auch den Konservativen gefährlich werde konnte. Diese Arbeitsmarktreform
und dieses ›Hartz IV‹, das auch rechtschaffenen Bürgern, die nach 30-jährigem Schuften
schuldlos ihren Job verloren, schon nach kurzer Zeit nur noch minimalste Unterstützung
zugestand und sie nötigte, mühsam Erspartes abzuschmelzen oder gar das Eigenheim
aufzugeben, das hatten sie in Berlin nämlich alle gemeinsam ausgebrütet. Koalition
und Opposition. Riegert spürte längst voll Unbehagen, wie gerade dieser Punkt die
Basis langsam zum Kochen brachte – doch der konservative Politiker zeigte sich zur
Enttäuschung vieler seiner bisherigen Wähler als treuer Parteisoldat, der diese
Reform mit Zähnen und Klauen verteidigte. Er hoffte inständig, dass es sich bei
dem Anrufer um keinen militanten Gewerkschafter handelte, der bloß wegen dieser
›Hartz IV‹-Geschichte gleich zu dieser neuen Linkspartei übergelaufen war.
    Riegert beendete das Gespräch, überquerte die
Straße und schob am Automaten seine Parkkarte in den Schlitz. Er erschrak jedes
Mal aufs Neue über die Höhe der Gebühren, als die Zahl auf der digitalen Anzeige
erschien. Dabei war er diesmal nur vier Tage weg gewesen. Er fütterte den Automaten
mit Scheinen, strich das Wechselgeld ein und strebte dann seinem Fahrzeug zu.
    Seine Gedanken kreisten nur um die beiden Männer,
die ihm etwas Geheimnisvolles hatten anvertrauen wollen. Wenn ihr Tod tatsächlich
in einem Zusammenhang damit stand, dann war äußerste Vorsicht geboten. Während Riegert
seinen Audi A 6 beim Näher kommen ferngesteuert entriegelte, dachte er über das
weitere Vorgehen nach. Als er auf der Autobahn war, vorbei an der Baustelle für
die gigantische Messe, bemerkte er, dass er sich gar nicht mehr entsinnen konnte,
wie er das Parkhaus verlassen hatte. Er war so tief in Gedanken versunken, weil
er sich krampfhaft an das Telefongespräch mit einem dieser beiden

Weitere Kostenlose Bücher