Schwaben-Freunde: Kommissar Braigs 16. Fall (Schwaben-Krimi) (German Edition)
und Ideale, hatte fremde Menschen und Länder kennen gelernt, das Studium der Anglistik und Romanistik erfolgreich absolviert, dann ihren Traumberuf ergriffen …
Sie wollte nicht schon wieder daran erinnert werden, riss sich aus ihren Gedanken. Konzentriere dich auf dein Vorhaben, hörte sie ihre innere Stimme, lass die Vergangenheit ruhen. Es ist nicht zu ändern, lass es endlich sein. Schau in die Zukunft, nimm einen neuen Anlauf.
Sie hörte die künstliche Stimme ihres Navigationsgerätes, stellte fest, dass sie Aalen erreicht hatte. Die Beschilderung forderte ihre ganze Aufmerksamkeit. Sie versuchte sich zu orientieren, ordnete sich neu ein. Zehn Minuten später hatte sie den steilen Anstieg der Ostalb erklommen. Sie schaute nach draußen, glaubte, in eine andere Welt eingetaucht zu sein. Die gesamte Szenerie um sie herum hatte sich grundlegend geändert. Der undurchdringliche Dunst war verschwunden, hatte weiter, klarer Sicht Platz gemacht. Kein flimmerndes, fast unwirkliches Licht mehr, sondern kräftige Farben, wohin sie auch sah. Intensiv blauer Himmel über üppig grünen Wiesen und Wäldern. Siedlungen und Straßen, überhaupt jeder Hinweis auf moderne menschliche Zivilisation schienen dagegen nur noch spärlich vorhanden.
Claudia Steib öffnete das Fenster einen Finger breit, spürte augenblicklich die frische Luft, die ins Innere strömte. Es hatte deutlich abgekühlt. Auf der Hochfläche der Alb herrschten im Sommer angenehmere Temperaturen als unten im Vorland. Im Winter dagegen fühlten viele sich hier oben wie im tiefsten Sibirien.
Sie atmete durch, hörte die Computerstimme ihres Navis: »Sie haben Ihr Ziel in fünfhundert Metern erreicht.«
Erstaunt blickte sie sich um, sah, dass sie sich einer Handvoll Häuser näherte. Kleine, in großzügigem Abstand voneinander errichtete Gebäude mit roten Ziegeldächern, von breiten, weit ins Land reichenden Weiden und Feldern gesäumt. Sie bremste das Auto ab, fuhr langsam auf das winzige Siedlungsensemble zu. Zwei mächtige, mit dichtem Laub bewachsene Bäume beidseits der Straße schirmten die Häuser vor allzu neugierigen Blicken ab. Hühner und Gänse tummelten sich im Gras, eine kleine, grau getigerte Katze schlief eingerollt auf einem von der Sonne erwärmten Strohballen. Keinen Meter weiter fläzte sich ein mittelgroßer Hund im Staub des Straßenrandes, wohlig alle viere von sich streckend.
Sie passierte die Bäume, suchte das Gelände nach einer günstigen Parkmöglichkeit ab. Gleich hinter dem ersten, von einer sauberen, weißen Fassade und einem roten Ziegeldach geprägten zweistöckigen Haus glaubte sie, einen geeigneten Platz gefunden zu haben. Claudia Steib stellte ihren Wagen ab, nahm den Schlüssel aus alter Gewohnheit an sich. Unwillkürlich musste sie über ihre instinktive Vorsicht lachen. »Vorsicht, Diebstahl!«, sagte sie laut zu sich selbst.
Sie öffnete die Tür, stieg aus dem Auto. Der kräftige, mit einer etwas abgetragenen Jeans bekleidete Mann trat in dem Moment aus dem Schatten des Stalls in die grelle Sonne, als sie sich zur Seite drehte. Sie blieb stehen, betrachtete ihn und das kleine, beigefarbene Bündel, das er in seinen muskulösen Armen vor sich hertrug. Vorsichtig, wie ein treu sorgender Vater sein kleines Kind. Sie musste nicht näher auf ihn zugehen, um zu begreifen, um was es sich handelte. »Mäh, mäh.« Die zaghaften Rufe des Tieres waren nicht zu überhören. Ein Bild wie aus einem vergangenen Jahrhundert.
Ich glaube, ich bin richtig, überlegte sie, so in etwa habe ich das erwartet.
Sie löste sich von ihrem Wagen, lief auf den Mann zu.
6. Kapitel
November
Frühschicht. So eine Frechheit! Jeder anständige Mensch hatte das Recht auf angemessene Nachtruhe. Jedes Tier verharrte in seiner Höhle, solange draußen die Nachtgeister spukten. Bei Dunkelheit verließ niemand freiwillig seinen Bau. Nur er sollte den Blödmann spielen. Ausgerechnet er.
»Ausgebranntes Auto«, hatten sie ihn aus dem Schlaf gerissen, eine Stunde vor Dienstbeginn.
»Na, und? Was geht mich das an? Brennende Autos gibt’s jeden Tag!«
»Sieht so aus, als hätt’s oin erwischt.«
»
Oin?
Was soll das denn sein?«
»Ein Mensch. Ein lebendiger Mensch.«
»Ein lebendiger Mensch? Na, wenn der Karren ordentlich gebrannt hat, wird der Typ nicht mehr so lebendig sein«, hatte er geantwortet.
»So isch es. Deshalb rufet mir au a. Oder glaubet Sie, mir wendet uns freiwillig ans Landeskriminalamt, wenn
Sie
Dienscht hent?«
Dass und
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