Schwaben-Gier
die Aktivitäten ausländischer Straftäter spezialisiert war, landete bei Jan Ohmstedt.
»Braig hier. Kann ich dich kurz stören?«, fragte er.
»Immer. Ich bin für alles dankbar, was mich von der chinesischen Mafia ablenkt.«
»Chinesische Mafia? Laufen da gerade größere Aktionen?«
»Es scheint so. Erpressung ihrer Landsleute, vor allem Restaurants. Wir haben zwei gute Informanten. Endlich. Hoffentlich erwischen wir ein paar Halunken. Das schreckt ab, weil sie nicht damit rechnen. Dann haben wir vielleicht für ein paar Monate Ruhe.«
»Sind auch Deutsche davon betroffen?«
»Die von den Chinesen erpresst wurden?«, fragte Ohmstedt.
Braig schilderte die Beobachtung des Untertürkheimer Besenwirts, hörte das Dementi des Kollegen.
»Nein, das wäre absolut neu. Die Chinesen-Mafia – eine schwäbische Nudelfabrikantin erpressen? Beim besten Willen – das kann ich mir nicht vorstellen. Handelt es sich wirklich um einen Chinesen?«
»Das konnte der Mann nicht erkennen. Er sah nur, dass der Fremde asiatisch aussah.«
Ohmstedt lachte laut. »Ja, so geht es uns allen. Irgendwie sehen die für uns gleich aus. Das ist kein rassistisches Vorurteil, sondern Erfahrung. Wir schauen uns die Leute einfach nicht genau genug an, sonst könnten wir ihre individuellen Merkmale genauso feststellen wie bei uns. Aber wie auch immer: Kannst du nicht genauere Informationen zu dem Mann einholen? Vielleicht bei den Angehörigen der Frau, die müssten doch wissen, ob es Verbindungen in den asiatischen Raum gibt.«
»Angeblich liefern die Nudeln nach Thailand.«
»Na ja, das reicht kaum für einen Mord. Sprich doch mal mit der Familie, dann sehen wir weiter.«
Braig bedankte sich für die Auskunft Ohmstedts, überlegte, ob er Hermann Kindler sofort anrufen sollte, überlegte es sich dann aber anders. Wenn er schnell und unkompliziert zu Informationen über die Familie der Ermordeten kommen wollte, war es sinnvoller, sich mit Monika Heller in Verbindung zu setzen, auch wenn die Frau angesichts ihres langen Arbeitstages darüber nicht gerade erbaut sein würde. Er wählte ihre Nummer, hatte sie prompt in der Leitung.
»Sie scheinen mich sehr zu mögen«, sagte sie, nachdem er sich vorgestellt und sofort für seinen Anruf entschuldigt hatte.
»Frau Heller, ich weiß selbst, dass ich Sie störe, und ich kann mir wirklich vorstellen, wie abgearbeitet und müde Sie sind«, erklärte er, »aber mir geht es nicht viel besser. Ich habe ein paar Fragen und das ist dringend, Sie wissen, um was es geht.«
»Ja ja«, erwiderte sie, »ich verstehe ja schon. Aber beeilen Sie sich bitte, meine Mutter kann jeden Moment kommen mit den Kindern und dann wird es hier sehr laut.«
Braig nahm sich vor, nicht lange um den heißen Brei zu reden. »Ich habe gerade erfahren, dass Frau Kindler kurz vor ihrem Tod in der Gesellschaft eines Mannes aus Asien war. Ostasien. Sagt Ihnen das etwas?«
»Ostasien? Sie meinen Thailand?«
»Was ist mit Thailand? Frau Kindler kannte Leute von dort?«
»Na klar. Sie kam erst am vergangenen Samstag aus Thailand zurück.«
»Jetzt am Samstag?«, fragte Braig überrascht.
»Ja, sie war eine Woche dort.«
»Was wollte sie, Nudeln verkaufen?«
Monika Heller antwortete nicht sofort. »Nudeln verkaufen, auch. Deshalb war sie schon einmal dort, voriges Jahr. Aber diesmal wollte sie sich auch um Tsunami-Opfer kümmern und sich selbst überzeugen, dass das Geld und die Waren, die sie verschiedenen Leuten zur Verfügung gestellt hatte, sinnvoll verwendet wurden.«
»Sie reden von der Flutkatastrophe vom vergangenen Dezember?«
»Genau. Weil wir verschiedene Touristen-Hotels in Thailand beliefern, sammelte Marianne Geld bei vielen Kunden in Deutschland und schickte es an verschiedene Leute dort. Die Hoteliers vor Ort wussten am besten, wer Hilfe benötigt.«
»Und? Wurde alles ordnungsgemäß verwendet oder stellte sie Unregelmäßigkeiten fest?«
»Nein, davon ist mir nichts bekannt«, wiegelte Monika Heller ab, »sie kam ja auch nicht als Kontrolleurin, sondern um tatkräftig zu helfen. Am Sonntagmittag haben wir uns darüber unterhalten, sie war hier bei uns zum Kaffee trinken. Sie erzählte, wie sie selbst zwei Tage lang mit anpackte, um einige Holzhäuser in einem der betroffenen Dörfer zu bauen. Sie war richtig froh, wenigstens ein kleines Stück mitgeholfen zu haben.«
»Dann gab es also keine Auseinandersetzungen um die Verwendung des Geldes?«
»Nein, dazu gab es keinen Anlass. Die Streitereien haben
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