Schwaben-Gier
damit nichts zu tun.«
»Welche Streitereien?« Braig wurde hellhörig.
»Na ja, wegen der Pädophilen. Herr Kindler hat Ihnen nichts erzählt?«
»Nein. Was hat Frau Kindler mit Pädophilen zu tun?«
»Marianne hat überhaupt nichts mit denen zu tun. Aber einer der Hoteliers, ein Deutscher, der von uns mit Nudeln beliefert wird, vermittelt Kinder und junge Frauen an Touristen. Sie kam zufällig dahinter, weil ein interessierter Kunde glaubte, sie sei vom Hotel und beschaffe ihm junge Mädchen. Marianne stellte den Besitzer erbost zur Rede und drohte, ihn anzuzeigen. Der Typ wurde anscheinend total ausfällig.«
»Wie heißen der Mann und das Hotel?«
»Keine Ahnung. Das müssen Sie Hermann Kindler fragen.«
»Hat sie ihn angezeigt?«
»Sie wollte es in Deutschland tun.«
»Und? Hat sie es getan? Seit einem Jahr gibt es ein Gesetz, nach dem Menschenhandel, auch wenn er im Ausland begangen wurde, drastisch geahndet werden kann.«
»Ich weiß es nicht. Sie kam erst am Samstag zurück. Am Sonntag erzählte sie mir von der Sache. Glauben Sie, ich habe nichts Besseres zu tun, als mich um einen Hotelbesitzer in Thailand zu kümmern, der mit Pädophilen Geschäfte macht, nach dem, was mit Marianne passiert ist?«
Braig war nicht bereit, einfach klein beizugeben. »Und wenn ihr Tod mit dieser Sache zu tun hat?«, fragte er. »Halten Sie es dann auch noch für sinnvoll, die Angelegenheit zu vergessen?«
»Ihr Tod – mit dieser Sache?« Ihre Stimme klang schrill. »Sie wollen mir doch nicht erzählen …«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Braig, »aber Frau Kindler wurde kurz vor ihrem Tod von einem Asiaten begleitet. Ich habe es Ihnen doch erzählt. Haben Sie das schon vergessen?«
»Mein Gott«, keuchte Monika Heller, »Sie glauben, der Hotelier hat einen thailändischen Killer beauftragt, Marianne zu töten, bevor sie Anzeige gegen ihn erstatten konnte?«
»Und wenn es so war? Können Sie das wirklich ausschließen?«
9. Kapitel
Hermann Kindler kannte weder den Namen des Hotels noch den seines Besitzers. »Nadierlich hent mir gschwätzt über die Sach«, beteuerte er, »was glaubet Sie, wie ufgregt d’ Marianne wege dem war! Die hat den ja sozusage in flagranti erwischt – zwoi Mädle, dreizeh, vierzeh Jahr alt, hat sie gschätzt, ond zwoi bayrische Gschäftsleut aus München vorne, im Eingangsbereich von dem Hotel. Die hent noch drum gstritte, wer welches Mädle kriegt – wie uf em Markt, hat d’ Marianne gmoint. Aber wie der Betrieb heißt – gucket Sie in ihre Unterlage, i han koi Ahnung.«
Braig hatte den Fabrikanten am Abend telefonisch nicht mehr erreicht. Nur über das unmittelbare Umfeld der Ermordeten war die Identität des Hoteliers zu ermitteln, schätzte er. Weil ihm keine andere Möglichkeit blieb, hatte er die Unterlagen aus Marianne Kindlers Büro, die sie am Vortag mitgenommen und seitdem mehrfach überprüft hatten, erneut durchgesehen – vergeblich. Von Hotels in Thailand oder deren Besitzern keine Spur. Kurz vor achtzehn Uhr hatte er erschrocken festgestellt, wie spät es war, die Papiere weggeräumt und sich nach einem kurzen Telefonat mit Ohmstedt, in dem er dem Kollegen den aktuellen Stand seines Wissens mitteilte und ihn darum bat, verdächtige Personen, die in irgendeinem Zusammenhang mit Menschenhandel in Thailand standen, überprüfen zu lassen, mit schlechtem Gewissen auf den Weg gemacht.
Der Abend war dennoch harmonisch verlaufen. Sie hatten mit Theresa telefoniert, sich dann auf den Weg zum Schlossplatz gemacht, waren unterwegs in der Marienstraße im Ketterer eingekehrt.
»Du hast überhaupt keine Hinweise auf die Identität dieses geheimnisvollen Asiaten?«, hatte Ann-Katrin gefragt, krampfhaft darum bemüht, das Gespräch nicht auf Sandra Rehles und Torsten Rail abgleiten zu lassen.
»Bis jetzt nicht. Ich kann nur hoffen, dass sie ihrem Mann mehr über den Streit mit dem Hotelier erzählt hat. Wenn wir dessen Namen wissen, kommen wir vielleicht auch an die Leute, die sich in seinem Umfeld bewegen. Morgen früh fahre ich zu Hermann Kindler, um ausführlich mit ihm zu sprechen. Hoffentlich hat seine Frau schriftliche Aufzeichnungen über dieses Hotel hinterlassen. Immerhin wollte sie den Kerl anzeigen, da muss doch etwas zu finden sein.«
Am nächsten Morgen hatte er dann keine Zeit versäumt, war nach einer kurzen telefonischen Anmeldung direkt nach Oettingen gefahren. Marianne Kindlers Notizen über ihren Thailand-Aufenthalt zu finden, war schwieriger, als er es
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