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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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»Das gibt es doch gar nicht. Selbst die größten Banken zahlen kaum mehr als drei Prozent auf Geldeinlagen.«
    »Das dachte ich bisher auch«, erwiderte Neundorf, »dass das nicht möglich ist. Ist es aber doch, wie ich heute gelernt habe. Du musst nur genügend Leute entlassen, Produktionen in Billiglohnländer verlagern und auf billigere Materialien umsteigen, dann schaffst du es doch. Und genau das war der Job Miethoffs: Möglichst viele Leute freisetzen – so umschreiben das die Herren Manager, um das hässliche Wort entlassen zu umgehen – und anschließend den kleinen übrig gebliebenen Firmenteil, der jetzt aber riesige Gewinne abwirft, möglichst teuer verkaufen – so teuer, dass der Einstiegspreis wettgemacht und übertroffen wird. Und ob du es glaubst oder nicht: Das funktionierte offensichtlich sehr gut: Die Gewinne, die der Typ seinen Finanzinvestoren präsentieren konnte, bewegten sich regelmäßig im Bereich von mehreren hundert Millionen Euro.«
    »Aber das macht doch keinen Sinn«, sagte er, »da verlieren unzählige Leute ihren Arbeitsplatz, damit einige wenige riesige Gewinne einschieben können.«
    »Du hast es kapiert. Das ist die wertvolle Arbeit dieser Manager.«
    »Profite erzielen, indem ich Tausende von Menschen ihrer Lebensgrundlage beraube?«
    »Kapitalismus pur. Der in den letzten Jahren in den USA am schnellsten wachsende Geschäftszweig. Bis vor Kurzem blieben wir Europäer von diesen Finanzhaien verschont. Jetzt, in Zeiten der Globalisierung, stehen ihnen auch bei uns fast alle Türen offen.«
    Braig schüttelte den Kopf. »Der Kerl war auch hier in unserer Region tätig?«
    »Höchst erfolgreich«, antwortete Neundorf, »allein im letzten Jahr hat er drei verschiedene Firmen auf diese Weise optimiert.« Sie betonte das letzte Wort, pfiff verächtlich durch die Lippen.
    »Dann weißt du wenigstens, warum er überfahren wurde.«
    »Ich kann dir genau belegen, wie oft er es sich verdient hat«, erklärte sie, »ich war fleißig heute Mittag. Insgesamt wurden bei den drei Firmen mehr als viertausend Beschäftigte freigesetzt.«
    »Und du musst jetzt das Opfer finden, das sich nicht geradeso abschlachten ließ.«
    »Du hast es erfasst. Koch stellt gerade eine Sonderkommission zusammen. Wir dürfen den ruchlosen Mord an einer verdienten Führungskraft unseres Landes nicht ungesühnt lassen, tönte er, wir müssen mit aller Energie darauf hin arbeiten, den heimtückischen Mörder seiner gerechten Strafe zuzuführen.«
    »Ihr filzt alle Leute, die im Verlauf der Arbeit dieses Managers entlassen wurden.«
    »Genau das. Und der Mist dabei ist: Wir werden ihn wahrscheinlich finden. Die Techniker haben an Miethoffs Kleidung die Lackspuren eines noch unbekannten Autotyps ermittelt. Es ist nur noch eine Frage von Stunden, dann kennen sie das Modell. Ich kann nur hoffen, dass der Täter den Karren gestohlen und keinerlei verwertbare Spuren darin hinterlassen hat. Dann kann Koch den ganzen Polizeiapparat einsetzen und hat doch keine Chance.« Sie holte tief Luft, sprang von seinem Schreibtisch. »Du hast von Sandra Rehles und Torsten Rail gehört?«
    Braig winkte erschöpft ab. »Ann-Katrin ist völlig fertig. Sie ist in derselben Abteilung wie Sandra. Und Torsten war mit mir in Villingen-Schwenningen. Ich kann es nicht begreifen.«
    »Nein«, sagte sie, »das lässt sich nicht begreifen.« Sie schüttelte ihren Kopf, wünschte ihm viel Erfolg bei seinen Ermittlungen, lief langsam aus seinem Büro.
    Braig griff zum Telefon, gab Ann-Katrins Nummer ein.
    »Wir machen gerade Schluss«, berichtete seine Freundin, »ich kann hier nichts mehr sehen und hören. Was machst du?«
    Er erzählte ihr von seinem Missgeschick mit dem Phantombild, erwähnte den asiatischen Begleiter Marianne Kindlers.
    »Dann wird es wieder sehr spät heute«, meinte sie.
    Er hörte den Unterton in ihrer Stimme, reagierte sofort. »Hast du Lust, noch wegzugehen? Irgendwohin?«
    »Ins Kino oder in ein Lokal. Ich will auf andere Gedanken kommen.«
    Er schaute auf seine Uhr, sah, dass es auf fünf zuging. »Spätestens in einer Stunde bin ich daheim«, sagte er dann, »wir gehen weg. Okay?«
    Ihrer Antwort war deutlich zu entnehmen, wie sehr sie sich freute. »Du willst die Sache mit dem Asiaten heute nicht mehr klären? Ich finde es prima, wenn du kommst. Zu zweit lässt sich so ein Tag hundertmal besser ertragen.«
    Er versprach ihr, rechtzeitig Schluss zu machen, beendete das Gespräch, gab die Nummer des Dezernats ein, das auf

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