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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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als Frau Kindler …«
    »Nein, er kam gemeinsam mit ihr!«, entrüstete sich Schwarz. »Die unterhielten sich doch die ganze Zeit! Und dann sind sie auch wieder gegangen. Gemeinsam!«
    Braig war völlig aus dem Konzept geraten. Ein Chinese oder Japaner in Gesellschaft von Marianne Kindler, wenige Stunden, bevor die Frau ermordet wurde. Er überlegte krampfhaft hin und her, was das zu bedeuten hatte, hörte die Bemerkung seines Gesprächspartners.
    »Aber die sprachen deutsch!«
    »Wer?«
    »Frau Kindler und der Fremde.«
    »Mit Akzent?«
    Schwarz klang aufgeregt. »Also, da müssen Sie mich was Leichteres fragen. Aber einen Akzent, ja, den hatte er.«
    »Könnten Sie den Mann beschreiben? Sein Alter, das Gesicht, die Figur?«
    »Oh je! Die sehen doch alle gleich aus, oder nicht? Für uns Europäer jedenfalls, meine ich.«
    »Aber Ihre Frau sah den Mann ebenfalls und auch Ihr Sohn. Wenn ich Ihnen einen Zeichner schicke und Sie versuchen gemeinsam, ihn zu beschreiben … Glauben Sie, das wäre möglich?«
    Die Antwort des Mannes kam sofort. »Unmöglich. Ich kann den nicht beschreiben. Und meine Frau und mein Sohn? Nein, sicher auch nicht. Ich kann sie fragen, wenn sie kommen, aber den beschreiben, nein, das geht nicht.«
    »Ihre Frau und Ihr Sohn sind nicht zuhause?«
    »Nein, wir haben den Besen heute geschlossen. Die sind einkaufen. Das wird spät.«
    »Aber Sie reden mit ihnen, ob sie es sich zutrauen, versprochen?« Er wollte das Gespräch schon beenden, als ihm noch etwas einfiel. »Eine Frage habe ich noch und ich bitte Sie, sich die Sache gut zu überlegen: Verhielt sich Frau Kindler am Montag normal wie immer oder war sie irgendwie anders, aufgeregt zum Beispiel?«
    Schwarz ließ ein lautes Husten hören, zog seine Nase hoch. »Was soll ich da sagen«, meinte er, »wir hatten den Besen voll mit Leuten, waren mitten in der Arbeit, und dann kam Frau Kindler. Nicht, dass ich ihr das vorwerfe, es war ja so ausgemacht. Aber darauf achten, ob sie sich normal verhielt oder anders als sonst? Tut mir Leid, aber das war nicht möglich.«
    »Aber Sie hatten nicht den Eindruck, dass der Fremde Frau Kindler schon während ihrer Anwesenheit bei Ihnen bedrohte?«
    »Um Gottes Willen, glauben Sie, der Kerl ist ihr Mörder?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Braig. Er sah Neundorf in sein Büro treten, beendete das Gespräch, weil der Mann vor lauter Aufregung kaum mehr sprechen konnte, bat ihn noch einmal, sich mit seiner Familie zwecks der Identifikation des vermeintlichen Chinesen zu unterreden.
    Neundorf setzte sich auf seinen Schreibtisch, fuhr sich übers Gesicht. Sie wirkte müde und abgekämpft.
    »Ein Gastwirt«, sagte sie.
    »Gerhard Schwarz. Ein Weinbauer mit einer Besenwirtschaft.« Er zeigte nach draußen, wo es langsam dämmerte. »Hier in Untertürkheim.«
    »Gerhard Schwarz. Oh, da war ich schon.« Sie erhob sich wieder, blickte nach draußen. »Zwei- oder dreimal sogar. Ein gemütlicher Besen. Und sehr gut. Tolle Küche, echt hausgemacht und hervorragende Weine.«
    »Ich wollte, ich hätte auch mal Zeit für so etwas«, antwortete er. Er sah ihre fragende Miene, berichtete von seinen Ermittlungen.
    »Mies gelaufen«, sagte sie, »ja?«
    Er nickte, erkundigte sich nach ihrer Arbeit.
    »Der Banker, der in Fellbach überfahren wurde«, sagte sie, »oder besser, der Manager. Der ist kein richtiger Banker. Von allem etwas, scheint mir. Ich war fast den ganzen Tag damit beschäftigt, mich kundig zu machen, worin dessen Arbeit besteht. Glaubst du, dass ich das immer noch nicht begriffen habe? Ich weiß nicht, wie ich es formulieren soll, aber ich habe immer mehr den Eindruck, dass bei solchen Typen von Arbeit überhaupt nicht die Rede sein kann. Miethoffs Job, so heißt der Mann, war es, gut funktionierende Firmen aufzukaufen. Dafür standen ihm die Gelder steinreicher Finanzinvestoren sowie Kredite von Banken zur Verfügung. Hatte er die Firma in seinem Besitz, folgte seine zweite Aufgabe: Die bestand aber nicht etwa darin, dem Unternehmen möglichst viele lukrative Aufträge zu vermitteln, damit neue Arbeitsplätze entstehen – nein, sein Job war es, die Firma in verschiedene Teile aufzulösen, dann die Bereiche, die weniger als zwölf bis fünfzehn Prozent Gewinn pro Jahr abwarfen, stillzulegen und deren Beschäftigte zu entlassen und sich dann auf die Teile zu konzentrieren, mit denen Gewinne über fünfzehn Prozent machbar waren.«
    »Gewinne über fünfzehn Prozent pro Jahr«, vergewisserte sich Braig.

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