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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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mehrfach mit dem allzu einfach schwarz-weiß gestrickten Weltbild dieses Mannes aneinander geraten. Wenn Koch in der Sache mitmischte, standen unangenehme Tage bevor.
    Braig nahm die S-Bahn bis Bad Cannstatt, folgte dann der Decker- und der Wörishofenerstraße zum LKA. Er hatte sich diesen Fußmarsch in den letzten Monaten endgültig angewöhnt, nachdem ihn sein Hausarzt bei einer Untersuchung anlässlich einer kräftigen Wintergrippe eindringlich aufgefordert hatte, endlich für mehr Bewegung zu sorgen. Jetzt, Anfang Mai, zu Beginn der warmen Jahreszeit, fiel ihm das zunehmend leichter.
    Er betrat das Amt, grüßte den Kollegen am Eingang, spurtete zum Aufzug, dessen Tür gerade offen stand. Als er sein Büro erreicht hatte, hörte er Neundorfs Stimme.
    »Du bist schon da?«
    Er drehte sich um, sah sie aus ihrem Zimmer treten.
    »Wie war euer Urlaub?« Sie gab ihm die Hand, umarmte ihn.
    »Ein einziger Traum«, sagte er. »Die Zeit verflog viel zu schnell.«
    »Du siehst gut erholt aus. Und braun gebrannt. Ihr hattet also schönes Wetter?«
    »Sonne pur«, antwortete Braig. »Und laue Frühlingsluft. Die ganze Stadt blühte. Wir wären am liebsten geblieben.«
    »Das kann ich verstehen.« Neundorf nickte mit dem Kopf. »Mir fiel es jedes Mal schwer, Abschied zu nehmen, wenn ich in Venedig war. Beim letzten Besuch ertappte ich mich bei dem Gedanken, mich nach einer Wohnung umzusehen. Für immer. Irgendwo am Rand, etwas abseits. Die Ruhe und der Friede. Keine Hektik, kein Lärm und trotzdem alle Vorteile der Großstadt. Wie geht es Ann-Katrin?«
    »Sie wollte nicht mehr weg. Venedig kam gerade rechtzeitig. Ich glaube, der Aufenthalt dort war besser als jede Therapie. Vielleicht schafft sie es jetzt endgültig.«
    »Gesundheitlich? Geht’s?«
    »Ja, gut. Ich denke, sie hat die Verletzungen endgültig überwunden.«
    »Das freut mich für euch. Ihr hättet verlängern sollen. Ohne Rücksicht auf den Laden hier.«
    Braig bemerkte ihre angespannte Körperhaltung, ahnte, dass sie anstrengende Tage hinter sich hatte. »Es gab viel zu tun?«, fragte er.
    »Ich wurde zum Mitglied der Sonderkommission ernannt, die Koch einberufen hat.« Sie verzog ihr Gesicht, winkte verächtlich ab. »Du in Abwesenheit ebenfalls. Ich habe dir auf Band gesprochen. Du hast es gehört?«
    Er nickte, bedankte sich.
    »Der Kerl hat vollends den Verstand verloren«, fuhr sie fort. »Er trommelt Gott und die Welt zusammen. Dreißig Leute bis jetzt. Nur weil er unsere Heiligtümer bedroht sieht.«
    »Die Erpressung.«
    »Big Brother und der Flughafen. Koch beabsichtigt allen Ernstes, die Kommission auf fünfzig Personen zu erweitern. Er fordert Leute aus allen Teilen des Ländles an. Mannheim, Karlsruhe, Freiburg, Konstanz, Tübingen, Ulm, Heilbronn. Dabei geht jetzt schon alles drunter und drüber. Das reinste Tohuwabohu. Keiner weiß, was er tun soll.«
    »Worum geht es bei der Erpressung?«
    »Zweimal Fünfzigmillionen.«
    Braig starrte seine Kollegin überrascht an, pfiff durch die Zähne. »Dann stimmt es tatsächlich? Einhundertmillionen Euro?« Er erinnerte sich, die Summe unterwegs in der Schlagzeile eines Boulevardblattes gelesen, sie aber für maßlos übertrieben gehalten zu haben.
    Neundorf nickte. »Koch und Konsorten vermuten international agierende Terrororganisationen hinter den Drohungen. Forderungen solcher Größenordnungen könnten nur aus diesen Kreisen stammen. Er hat aber keinerlei Beweise.«
    »Einhundertmillionen Euro.« Braig zeigte sich noch immer beeindruckt. »Das ist aber wirklich außergewöhnlich dreist. Weshalb gerade Big Brother und Flughafen?«
    »Die Höhe der Forderungen vermutlich. Wer sonst kann das bezahlen? So viel Kleingeld hat nicht jeder parat. Aber für diese Unternehmen sind selbst Fünfzigmillionen nur Peanuts. Das verdient der Konzern in weniger als einer Woche. Und beim Flughafen gibt es eine Menge aufstrebender Gesellschaften, die groß absahnen. Die machen das mit links.«
    »Sind die bereit zu zahlen?«
    Neundorf zuckte mit der Schulter. »Frag mich was Leichteres. Ich weiß es nicht. Koch ist auf jeden Fall dagegen. Er hat es ihnen sozusagen verboten. Präzedenzfall und so.«
    »Das ist verständlich«, überlegte Braig, »wer solchen Forderungen erst einmal nachgibt, löst eine Lawine von Nachahmern aus.«
    »Die Erpresser drohen mit gezielten Maßnahmen. Wenn es wirklich Terroristen sind, müssen wir mit allem rechnen.«
    »Sie fordern nur Geld? Sonst nichts?«
    Neundorf nickte mit dem Kopf.

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