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Schwaben-Zorn

Titel: Schwaben-Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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ich nicht geflohen, hätten Sie mich festnehmen lassen. Ausgerechnet jetzt. Das durfte nicht passieren. Unmöglich.«
    »Ich verstehe immer noch nicht. Weshalb?«
    »Von Samstag auf Sonntag, der Nacht vom Achten auf den Neunten hatten wir eine totale Mondfinsternis. Sie wäre von uns aus komplett zu beobachten gewesen. Ich hatte meiner Nachbarin schon wochenlang davon vorgeschwärmt. Sie hat sich im Sommer ein Teleskop gekauft, weil sie sich von meiner Begeisterung so hat anstecken lassen. Ich hatte ihr versprochen, die Mondfinsternis gemeinsam mit ihr zu beobachten.«
    »Ihre Nachbarin?«
    »Ja. In Welzheim. Ich war bei ihr, als Sie meine Wohnung durchsuchten. Ich habe ihr alles erklärt. Sie hat mir vertraut. Ich habe mich die ganze Zeit bei ihr versteckt. Sie hatte sich so gefreut.«
    »Und? War es interessant?«
    »Interessant?«, rief Böhmer. »Sie sind gut. Von Freitag an hat es doch geregnet, die ganze Zeit durch. Nichts war. Gar nichts. Nur Wolken.«
    »Tut mir Leid«, sagte Braig. »Sie waren die ganze Zeit bei ihr in der Wohnung?«
    »Wollen Sie sie jetzt verklagen? Die Frau ist 83.«
    Braig dachte an seine eigene ehemalige Nachbarin Elisabeth Ungemach, die mit 74 wieder nach Hamburg, in ihre alte Heimat zurückgezogen war und die er seitdem dreimal besucht hatte, wusste, wie sehr sie sich freute, wenn er einen Abstecher in die Hansestadt ankündigte. »Warum sollte ich Ihre Nachbarin verklagen? Ich hoffe, dass Sie noch viele gemeinsame Beobachtungen erleben dürfen.« Er trank von seinem Kaffee, sah Böhmer, der sich sichtlich beruhigt hatte, an. »Was fasziniert Sie so an den Sternen?«, fragte er.
    Markus Böhmer brauchte nicht lange zu überlegen. »Haben Sie den Himmel schon einmal beobachtet?«, fragte er. »Nachts, draußen, irgendwo von einer dunklen Umgebung aus?«
    »Als Kind, ja. Später nur noch selten.«
    »Schade. Sie sollten sich die Zeit dafür nehmen. Kommen Sie nach Welzheim. Dort gibt es eine große Sternwarte. Oder zu mir.« Er schaute zum Fenster hinaus, sah den Regen und die dicken Wolken. »Falls das Wetter sich ändert, natürlich.« Er lächelte. »Sie werden lachen, aber ich bin auf der Suche. Jede Nacht.«
    »Nach einem neuen Stern?«, fragte Braig.
    »So ähnlich«, antwortete Böhmer. »Wissen Sie, wie viele Fixsterne wie unsere Sonne es gibt?« Er wies zum Fenster. »Allein in unserer Galaxie unzählige Milliarden. Fast alle dieser Fixsterne haben Planeten, die sie umrunden. Galaxien wie unsere Milchstraße existieren aber ebenfalls unzählige Milliarden. Wissen Sie, was das bedeutet?«
    Böhmer schwieg einen Moment, ließ Braig Zeit, über das Gesagte nachzudenken.
    »Es gibt Milliarden mal Milliarden von Planeten, die ähnlich wie unsere Erde ihre Sonne umkreisen. Da soll unser unbedeutender Planet der einzige sein, auf dem intelligentes Leben existiert?« Er schüttelte den Kopf. »Das kann schon nach mathematischer Wahrscheinlichkeit nicht sein. In Wirklichkeit muss es unzählige Planeten geben, auf denen ähnliche Bedingungen herrschen wie auf unserer Erde, auf denen Leben, intelligentes Leben entstand. Intelligentes Leben, verstehen Sie, nicht diese durch und durch kranken Wesen hier. Nicht Gestalten, die in Massen übereinander herfallen und sich gegenseitig töten. Nein, intelligentes Leben, das diesen Ausdruck verdient.« Markus Böhmer wies zum Fenster, schaute Richtung Himmel. Braig sah, wie seine Augen leuchteten. »Diesen Planeten möchte ich entdecken. Irgendwo im weiten Weltall muss es ihn geben.«
    »Das Paradies«, träumte Braig. »Es muss am anderen Ende des Universums liegen. Weit, weit von uns weg.«

39. Kapitel
    Sie hatte keine Ruhe gegeben, bis er ihr den Namen des Mannes doch noch genannt hatte. Den Namen und seine Anschrift.
    »Er ist eine Nummer zu groß für uns«, hatte er betont, »gegen ihn haben wir keine Chance.«
    »Du sprichst aus Erfahrung?«
    Gronau war stehen geblieben, hatte ihr einen ernsten Blick zugeworfen. Sein Kopfnicken sprach Bände.
    »Ein missverständliches Wort in einem meiner Artikel. Noch am selben Tag hatten ich und die Zeitung drei verschiedene Rechtsanwaltssozietäten am Hals.« Er hatte einen Stuhl zurückgeschoben, sich gesetzt. »Die Auseinandersetzung ging über zwei Jahre hinweg. Dabei hatte ich weder ihn noch einen seiner Freunde erwähnt. Ich war nur in seine Nähe gekommen. Mit einer feinen Andeutung.«
    Samstags war sie zum ersten Mal dort. Sie hatte sich einen Mietwagen genommen, war mehrmals an seinem Anwesen

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