Schwach vor Sehnsucht
erkannte sie, dass sie direkt auf ihn zufuhr. Sie konnte nur noch die Augen schließen und hoffen, dass sich keiner von ihnen die Knochen brach.
Die Wucht des Zusammenstoßes raubte Joanna den Atem. Ein bisschen benommen lag sie neben Joshua im Schnee.
Er setzte sich mühsam auf, nahm die Skibrille ab und blickte auf Joanna hinunter. “Sind Sie verletzt, Miss Proctor?” fragte er rau.
Sie öffnete die Augen. “Ich …” Noch immer außer Atem, hatte sie Mühe zu sprechen, aber sie fühlte sich allein schon deshalb besser, weil Joshua ihren Namen nicht vergessen hatte.
Jetzt beugte er sich besorgt über sie. “Sind Sie verletzt?”
War sie verletzt? Sie bewegte vorsichtig Arme und Beine und spürte keinen Schmerz. Wenn sie jetzt sagte, dass ihr nichts passiert sei, würde Joshua wahrscheinlich einfach aufstehen und davongehen. Das wollte sie nicht riskieren. Sie verzog das Gesicht. “Mein Handgelenk tut weh.”
“Welches?”
“Dieses.” Sie hob den rechten Arm.
“Sie haben es sich nicht gebrochen, sonst könnten Sie es nicht so gut bewegen.”
Fehler Nummer eins! “Es tut aber ziemlich weh, Joshua.” Sie sah, wie sich seine Miene verfinsterte, weil sie ihn beim Vornamen nannte. Tja, es fiel ihr nicht im Traum ein, “Mr.
Radcliffe” zu sagen!
“Wahrscheinlich nur eine Verstauchung.”
“Nur?” wiederholte Joanna empört.
Joshua lächelte. “Die Schmerzen sind sicher nicht angenehm, aber ich hatte mindestens ein gebrochenes Bein befürchtet, und im Vergleich dazu ist ein verstauchtes Handgelenk glimpflich.”
“Na, das freut mich!” Joanna setzte sich auf, ohne die rechte Hand zu benutzen. Jetzt, da sie damit angefangen hatte, würde sie die Sache durchziehen.
“Ich hoffe, Sie verzeihen mir. Mein Kommentar muss Ihnen wohl gefühllos vorkommen. Ich bin einfach so froh, dass ich keine gebrochenen Knochen zurücklasse, wenn ich nach Hause fahre.”
Nur gebrochene Herzen! dachte Joanna verträumt. Sie war hingerissen von ihm. Es würde ihr nichts ausmachen, wenn sie sich das Bein gebrochen hätte, nicht, wenn er sie im Krankenhaus besuchen würde. Aber sie war nicht verletzt. Sogar das mit dem Handgelenk war vorgeschoben, damit er ihr nicht einfach davonlief.
“Lassen Sie mich das machen”, sagte Joshua, als sich Joanna damit abmühte, ihre Skier abzuschnallen.
Er streifte mit der Hand flüchtig ihre, und Joanna empfand die Berührung fast wie einen Stromschlag.
Anscheinend bemerkte er ihre Reaktion nicht. “So.” Er stand auf. “Jetzt sehen wir mal, ob Sie aufstehen können. Und dann verschwinden wir besser von hier. Wir sind im Weg”, erklärte er trocken, während ihnen ein weiterer Skifahrer in letzter Sekunde auswich.
Joshua legte ihr einen Arm um die Taille, und Joanna richtete sich unsicher auf. Ihr zitterten die Knie, und sie hatte Herzklopfen. Dass Joshua sie an sich drückte, half überhaupt nicht.
“Ich bringe Sie zurück zu den Hütten”, sagte er auf dem Parkplatz. Irgendwie hatte er es geschafft, die Skier und Stöcke von ihnen beiden unter einem Arm zu tragen. Jetzt lehnte er sie an ein goldfarbenes Auto und schloss die Be ifahrertür auf. “Ich habe mir einen Leihwagen genommen.” Er half Joanna beim Einsteigen, dann befestigte er die Skier auf dem Dachgepäckträger und legte die Stöcke und Stiefel in den Kofferraum.
Joanna hatte den Wagen in der Ferienanlage bemerkt, jedoch nicht geahnt, dass es seiner war.
“Meine Eltern haben einen Kombi gemietet”, erzählte sie ihm, als er einstieg.
“Also mit Ihren Eltern. Ich habe mich schon gefragt, mit wem Sie wohl hier sind.”
“Wirklich?” fragte sie atemlos.
Joshua nickte. “Laufen sie nicht Ski?”
“Doch, aber nicht oft. Anfang der Woche habe ich Sie hier nicht gesehen.” Sie blickte ihn fragend an.
“Weil ich nicht hier war”, erwiderte er spöttisch.
“Oh?” Hatte er die Zeit zusammen mit einer Frau verbracht?
Er seufzte über ihre Hartnäckigkeit. “Ich bin für einige Tage nach Sunshine gefahren.”
Das war das andere Skigebiet bei Banff. Erleichterung durchflutete Joanna. “Schön?”
“Sehr. Aber überlaufener als Norquay.”
Bei der Ankunft im Hüttendorf half Joshua ihr aus dem Auto, und Joanna wies ihn nic ht darauf hin, dass mit ihren Beinen alles in Ordnung sei. Sie genoss es viel zu sehr, von ihm berührt zu werden!
Als er sie mit in seine Hütte nahm, ließ ihr Selbstvertrauen sie jedoch im Stich. Sie hatte in London viele Verabredungen, aber mit Jungen ihres Alters,
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