Schwach vor Sehnsucht
du bist!” brauste ihre Mutter auf. “Joshua hat wahrscheinlich eine stürmische Affäre mit Angela Hailey, und du lehnst dich zurück und leugnest es einfach!”
Joanna erwiderte den wütenden Blick ihrer Mutter ruhig. “Soll ich sagen, dass es stimmt?
Wäre dir das lieber?”
“Wenn es stimmt, ja!”
“Frag Joshua und nicht mich. Heißt es nicht, die Ehefrau erfahre es als Letzte?”
“Ist es dir gleichgültig?”
“Natürlich nicht. Joshua ist mein Mann. Aber er wird mir nicht erzählen, dass er eine Affäre mit Angela hat, selbst dann nicht, wenn ich ihn frage. Was ich nicht tun werde.”
“So sehr vertraust du ihm?”
Nein, es interessierte sie so wenig! “Wir sind verheiratet”, sagte sie ausdruckslos. “Ich habe keinen Grund, zu glauben, dass sich daran etwas ändern wird.” Ihre Stimme wurde schärfer.
“Und wenn doch, erfährst du es als Erste, damit du zur Abwechslung einmal Jackie Simms mit Klatsch versorgen kannst!”
“Sei nicht respektlos, Joanna …”
“Die größte Klatschbase der Stadt glaubt, mein Mann sei mir untreu. Soll ich deswegen schreien und kreischen? Wärst du dann glücklich?”
“Ich denke an dein Glück. Deshalb habe ich es dir erzählt. Viele Männer gehen fremd. Auch dein Vater … Aber das steht auf einem anderen Blatt”, sagte Cora schnell, als Joanna plötzlich interessiert aussah. “Wenn die Ehefrau Bescheid weiß, hat sie die Chance, der Sache ein Ende zu machen.”
Wollte sie das? Kümmerte es sie noch, was Joshua tat? Joanna kannte die Antwort darauf nur zu gut. Ihre Mutter wäre entsetzt, wenn sie wüsste, was sie wirklich für Joshua empfand. “Ich muss los.” Sie nahm die Rechnung. “Ich glaube, ich bin an der Reihe, Wir sehen uns nächste Woche.”
“Joanna…”
“Ja?” Sie stand auf.
“Denk daran, was ich gesagt habe!” Die Haltung ihrer Tochter beunruhigte Cora offensichtlich. “Joshua ist ein erfahrener, weltkluger Mann. Nimm es ihm nicht allzu übel, falls es stimmt. Ich bin sicher, es ist nur eine flüchtige Affäre. Oh, und ich gratuliere zum Buch.”
“Danke, Mutter”, erwiderte Joanna trocken. Der Glückwunsch war nichts weiter als ein nachträglicher Einfall.
Sie nahm ein Taxi zu dem vornehmen Haus in Belgravia, in dem Joshua und sie wohnten. Es wurde von der sehr tüchtigen Mrs. Barnaby geführt, die schon vor seiner Heirat für Joshua gearbeitet hatte. Sie sorgte unaufdringlich und methodisch dafür, dass alles seinen gewohnten Gang ging. Frühstück war immer um acht, das Mittagessen wurde immer um eins serviert, das Abendessen um Punkt halb acht. Alles war Tag und Nacht für Joanna bereit, das Haus war fleckenlos sauber … Und sie hasste es, von den Messingtürgriffen bis zum Kristalllüster im Wohnzimmer. Es war kein Heim, sondern ein Hotel. Ein sehr schönes Hotel, aber deshalb nicht weniger unpersönlich.
Sie nickte kühl dem Dienstmädchen zu, das ihr die Tür öffnete. Auf dem Tisch in der Eingangshalle stand eine Vase mit Nelken, die einen berauschenden Duft verströmten.
Daneben lag die Post. Joanna sah sie flüchtig durch. Das meiste war für Joshua. Ein Brief an sie war dabei. Sie legte die Einladung zum Abendessen eines Kollegen von Joshua zurück auf den Stapel. Joshua würde entscheiden, ob sie hingehen würden oder nicht. Wahrscheinlich würde er zusagen.
“Irgendwelche Anrufe, Mrs. Barnaby?” fragte Joanna die Haushälterin, die in diesem Moment mit einer Kanne Tee in der Hand aus der Küche kam.
“Nur von Mr. Radcliffe”, erwiderte die Frau, deren strenges Wesen sich vom Haarknoten bis zu den praktischen Schuhen in ihrem Aussehen widerspiegelte. “Er wird wie gewöhnlich um sieben hier sein.”
“Danke.” Joanna schenkte sich eine Tasse Tee ein. “Ich nehme sie mit nach oben”, sagte sie und ignorierte Mrs. Barnabys missbilligenden Blick. Die Haushälterin sah es nicht gern, dass Getränke mit nach oben genommen wurden. Joanna war im Lauf der Jahre unempfänglich für diese Blicke geworden.
Ihr Schlafzimmer war ein wunderschönes Boudoir voller weißer und rosafarbener Spitze.
Sogar das Himmelbett hatte weiße Spitzenvorhänge, die sie nachts zuziehen konnte. Schon als Kind hatte sie von so einem Raum geträumt. Obwohl sie von ihren Eltern immer alles bekommen hatte, was für Geld zu haben war, hätten sie ihr diesen Wunsch nicht erfüllt. So eine Einrichtlang hatten sie für lächerlich gehalten. Joshua war bereit gewesen, ihr darin entgegenzukommen, hatte aber darauf bestanden,
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