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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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halb so wild.
    Am Morgen nach dem Frühstück, fuhr Frau von Sydow fort, gings zum Baumschlag, die Herren möchten diesmal doch bitte einen wählen, der ins Zimmer passe, sie lege Wert darauf, den noch von ihrem Großvater höchstselbst bepinselten Engel auf der Spitze zu platzieren.
    Sydow bezweifelte, ob dieser Engel der allgemeinen Hebung der Ästhetik dienlich sein würde. Er war vom Uropa höchstselbst bepinselt und auch von eigener Hand gedrechselt und grinste feist, es war ein Engel wie ein versoffener Schwerenöter. Er überlegte kurz, oder Karlsson vom Dach. Ihn schauderte, Karlsson hatte er noch nie gemocht, er war ein Arschloch. Er hatte eigentlich gefunden, Weihnachten habe durch Karlssons Abwesenheit unbedingt gewonnen. Er würde morgen also auf jeden Fall dabei sein beim Baumschlag, er würde sagen: Nein nein, der ist nicht zu groß, das ist haargenau, was meine Oma sich vorgestellt hat, passt perfekt, jede Wette!
    Mein Enkel Frederik, sagte Frau Sydow, er klinkte sich hastig wieder in die Informationsveranstaltung ein, mein Enkel Frederik bäckt morgen Weihnachtsplätzchen.
    Sydow streckte beide Hände zur Siegerpose in die Luft.
    Wer sich seiner AG anschließen möchte, findet sich bitte um acht Uhr in der Küche ein.
    Um acht?, sagte Sydow entgeistert.
    Um acht, sagte seine Oma. Die Vorbereitungen für das Abendessen beginnen um 15 Uhr, die AG Weihnachtsplätzchen räumt bitte bis dahin die Küche. Die AG Weihnachtsplätzchen aufräumt bitte bis dahin die Küche. Des Weiteren –
    Du kannst nicht, unterbrach sie Sydow, wenn ich meine Weihnachtsplätzchen- AG durchführe, gleichzeitig eine Konkurrenzveranstaltung wie Baumschlag ansetzen, das läuft unter Mobbing. Im Übrigen will ich auch den Baum schlagen, ich werde dort gebraucht, sie schleppen dir sonst todsicher einen an, der doppelt so hoch ist wie die Decke. Oder, dachte er, wenn er die fleißig zechenden Onkel betrachtete, sie wissen nicht mehr, wie eine Tanne aussieht und wir feiern dieses Jahr unter einer Ulme, kann gut sein.
    Also gut, räumte seine Oma ein, die Plätzchen- AG trifft sich um acht und aufräumt bis 14 Uhr die Küche, dann gehts zum Baumschlag, Treffpunkt Viertel nach zwei in der Halle.
    Des Weiteren: Der Menüplan hängt zur Einsicht aus, die Küchen- und Putzpläne ebenso, man trage sich bitte ein.
    Sydow driftete wieder davon, seine Oma war ein Drache. Eine feine Frau? Von wegen, dachte er grimmig, morgen um acht, kommt alle zur Plätzchen- AG , jaja. In Scharen werden sie strömen, alle werden sich zur gleichen Zeit durch die Tür quetschen wollen, um ja nicht zu spät zu kommen. Zu ihrer Demütigung malte er sich seine Oma aus, in einen ausgesucht hässlichen Lodenmantel gehüllt und mit einem Gewehr in der Hand, in dieser typisch geduckten Haltung der Jäger, auf der Pirsch, mit Onkel Jodok.
    Zwischenzeitlich ging es weiter, die Benützung der flurgelegenen Badezimmer erfolge nach Zimmersprengel. Wessen Badezimmer sich an den eigenen Schlafraum angrenze, möge es mit einem Badezimmerlosen teilen.
    Die Klobrillen, sagte Frau Sydow gerade streng, bleiben unten. Die Badeöfen sind nach Genehmigung eines Wannenbades neu zu beheizen, wer darauf vergisst, muss eine Stunde Holz hacken, die Liste hängt aus. Bescherung morgen wie immer nach dem Essen um 22 Uhr. Mein Enkel, seine Freunde Simon Glaser und David Stanjic sorgen in diesem Jahr für unsere musikalische Begleitung, sie steht unter dem Motto Musik der Erde, wir dürfen gespannt sein.
    Glaser winkte in die Runde, Sydow vergrub den Kopf in den Händen und Stanjic lächelte glücklich, er hatte nichts mitgekriegt, er war glücklich. Er würde vergessen, nach dem Wannenbad den Badeofen neu zu bestücken, er würde die Klobrille hochklappen beim Pinkeln, er würde keinen Plan einsehen und sich in keinen Plan eintragen und ins Zimmer mit Loch gehen und durchs Loch fallen, er würde alles musizieren, was Glaser sagte, Glaser würde sagen, spiel, und er würde spielen, er würde höchstselbst eine viel zu große Ulme schlagen und in den Salon stopfen. Er war glücklich. Er lächelte in die Runde.
    Zudem hat Simon Glaser sich bereit erklärt, sagte Frau von Sydow, dieses Jahr die Hühner zu schlachten, in seiner AG werden noch Assistenten gesucht.
    Sydow hob mit einem Ruck den Kopf, was tust du?
    Hühner schlachten, am 25. gibts Paprikahuhn, Hausrezept.
    Du kannst keine Hühner schlachten!
    Kann ich wohl, ich habe geübt.
    Mit was denn geübt bitte!
    Mit Hühnern, mit was denn

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