Schwanengesang – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

ihn erhängt auffindet, während sein Herz noch schlägt. Er muss sich zwei, drei Minuten zuvor erhängt haben, und niemand kann in dieser Zeit bei ihm gewesen sein.
    Wenn es kein Selbstmord war, dann war es das Werk eines äußerst raffiniert vorgehenden Mörders, der einen solchen perfekt vorgetäuscht hat. Mehr noch, dann handelt es sich um einen, wie es wörtlich heißt, »unmöglichen Mord«, ein terminus technicus, dem in englischsprachigen Krimi-Lexika eigene Einträge gelten und dem ganze Anthologien gewidmet sind. Das will die Polizei nicht, und Rache für das Opfer will erst recht niemand – »die Suche nach seinem Mörder scheint geradezu eine Taktlosigkeit zu sein«, stellt Gervase Fen fest.
    Doch Fen bleibt gegen Polizei und Ensemble unbeirrt bei seiner Suche – um der Wahrheit willen und weil er sich die Nazi-Doktrin vom ›lebensunwerten Leben‹ nicht zu Eigen machen will. Ein doppelter Mordversuch in der Buchmitte – ein oder zwei Täter? – und ein weiterer »unmöglicher« Mord und ein weiterer Mordversuch und ein Pistolenschuss im letzten Akt der »Meistersinger« geben ihm Recht. Wird auch die Premiere dadurch ein wenig beeinträchtigt – sein Finale bleibt ihm, mit dem klassischen Schlussvortrag des Detektivs vor allen Beteiligten und einer anschließenden Schlussdemonstration, die die »unmöglichen Morde« als möglich erweist.
    Und er spielt fair dabei, der letzte Ritter aus dem Goldenen Zeitalter: Am Ende des 9. Kapitels zählt der Detektiv alle Verdächtigen mit ihren Motiven auf und zu Beginn des 22. Kapitels, als er die Lösung findet, nennt er noch einmal seine ›Clues‹ – wie sagte DeAndrea noch: »Das einzig wirklich Unbefriedigende an Edmund Crispins Werk auf dem Felde des Krimis ist, dass es so schmal ist.« Aber seien Sie beruhigt – fünf Romane warten noch auf Sie.
    Volker Neuhaus